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Wie die römischen Götter nach Köln kamen

Manasi Gopalakrishnan
6. September 2023

Als sich die Römer vor über 2000 Jahren am Rhein niederließen und eine germanische Siedlung zur Stadt machten, brachten sie auch ihre Religion mit. Bis heute sind die römischen Götter in Köln präsent.

Eine Figur aus Stein in einem Relief
Überall in Köln stößt man auf die Spuren antiker römischer GötterBild: Manasi Gopalakrishnan /DW

Köln ist vor allem für zwei Dinge weltbekannt. Für den fast 800 Jahre alten Kölner Dom und den Karneval. Die Stadt lockt jährlich hunderttausende Touristen an den Rhein. Und die erleben nicht nur eine weltoffene Stadt, deren 2000-jährige Geschichte durch viele Kulturen geprägt wurde - sie können sich auch auf die Spuren der alten Römer begeben.

Diese haben der Stadt eines ihrer vielen Gesichter gegeben - und letztendlich auch ihren Namen, Colonia Claudia Ara Agrippinensium - benannt nach Agrippina, der Gattin des damals regierenden römischen Kaisers Claudius. Die am Rhein geborene Agrippina erhob die ursprünglich germanische Ubiersiedlung "Oppidum Ubiorum" per Dekret ihres Gatten 50 n.Chr. zur Stadt.

Eine liberale Staatsreligion

Köln gehörte fast 500 Jahre lang zum Römischen Reich - bis Mitte des 5. Jahrhunderts die Franken kamen und die Stadt einnahmen. In einer so langen Zeit ist es nur natürlich, dass nebst der römischen Kultur und Architektur auch römische Götter das Leben in der Stadt dominierten.

Jedoch mit einem großen Maß an Liberalität, wie der Archäologe Alfred Schäfer im DW-Gespräch erzählt. Schäfer ist Mitarbeiter im Kölner Römisch-Germanischen Museum, das Schätze beherbergt, die die römischen Wurzeln in Köln dokumentieren.

"Es gab natürlich bestimmte Dinge, die der römische Staat, in dem Fall vertreten durch den Kaiser, gerne gesehen hat", so Schäfer. "Doch die Regeln, die der Staat vorgab, waren minimal." Allerdings, führt er aus, forderten die Römer von den Bewohnern ihrer Kolonien und Städte die Verehrung des höchsten römischen Gottes Jupiter ein - quasi als Staatskult.

Glücksgöttin Fortuna - ein Kölner Fußballverein hat sich nach ihr benanntBild: Manasi Gopalakrishnan /DW

Die römische Heilige Dreifaltigkeit

Jupiter bildete zusammen mit seiner Gattin Juno, der Schutzpatronin Roms, und Minerva, der Göttin der Weisheit und Kriegskunst, die heilige Dreifaltigkeit. Den dreien wurden zahlreiche Tempel und Altäre gewidmet.

Auch in Köln. Dort wurde ein Tempel auf dem Gelände der heutigen katholischen Basilika Sankt Maria im Kapitol errichtet, dessen Überreste nach dem Zweiten Weltkrieg gefunden wurden. Es wird angenommen, dass die Mauern des Tempels den Grundriss der heutigen Kirche bestimmt haben.

Laut Schäfer wurden auch nördlich dieser Kirche Tempelreste gefunden, aber es ist unklar, welche Götter dort verehrt wurden. Da die Ruinen aber auf eine prachtvolle Architektur hinweisen und die Tempelanlage eine Durchmesser von 27 Metern hatte, ist anzunehmen, dass sie das Zentrum eines sogenannten Herrscherkults war.

"Auch der römische Kaiser erhielt göttliche Ehren und wurde gerne mit Jupiter, dem höchsten Staatsgott, verglichen und genau so verehrt. Daraus ergab sich dieser sogenannte Herrscherkult," so Schäfer. Dieser habe nicht nur auf städtischer Ebene stattgefunden, sondern auch im gesamten Umland. "Gesandtschaften aus der Provinz kamen zu den Götterfesten, und dazu gehörte auch der Geburtstag des Kaisers."

Solche kleinen Gott-Figuren fand man in WohnhäusernBild: Manasi Gopalakrishnan /DW

Götter in Menschengestalt

"Diese religiösen Feste waren auch Feste für die Sinne. Man feierte, lauschte der Musik, aß und trank gut. Geruchssinn, Geschmackssinn, Gehör und Augen wurden angesprochen", so Schäfer, der in seinem Buch "Götter, Gaben, Heiligtümer: Römische Religion in Köln" beschreibt, wie Religion im antiken Köln gelebt wurde.

"Die Römer hatten letztlich ein ganz offenes System, was die Religion betrifft. Die ist natürlich über Jahrhunderte gewachsen, aber basiert auf der Vorstellung, dass sich Götter in menschlicher Gestalt darstellen können."

Mal waren die Götter zuständig für Gesundheit, mal für Reichtum oder Beziehungen. Jeder hatte die freie Wahl, zu welcher Gottheit er beten wollte. Wenn jemand zum Beispiel krank wurde, richtete er sich an den für Heilung zuständigen Gott und bedankte sich nach dem Abklingen der Krankheit - etwa mit einer Statue.

Diese Nachbildung einer Jupitersäule steht in Köln Bild: akg-images/Bildarchiv Steffens/picture alliance

Typisch für das Rheinland waren laut Schäfer steinerne Säulen oder Pfeiler, die dem Gott Jupiter gewidmet waren. Diese Säulen waren so geformt, dass sie die Blätter eines Baumes, vielleicht einer Eiche, darstellten und an der Spitze eine Jupiterstatue trugen.

Sie standen zum Beispiel an Straßen oder Kreuzungen. Im ländlichen Gebiet konnten sie noch eine weitere Funktion haben. "Auf den Römerstraßen konnten diese Säulen auch auf einen Bauernhof hinweisen. Vielleicht bedeutete es, dass Reisende etwas zu essen oder einen Platz zum Ausruhen finden konnten", erklärt Schäfer.

Götter-Austausch

Andere Götter wie Fortuna, die Glücksgöttin, Virtus, der Gott der Tapferkeit, und Neptun, der Gott des Meeres, wurden in öffentlichen und privaten Schreinen verehrt. Und so, wie die lokalen germanischen Stämme die Bräuche ihrer Kolonialmacht übernahmen, eigneten sich die römischen Siedler ihrerseits einige lokale Bräuche und Götter an.

So gab es im Rheinland den sogenannten Matronenkult, der drei keltisch-germanischen Göttinnen huldigte. Den Römern war dies nicht ganz unbekannt, erinnerten die drei Frauen doch stark an die römischen Parzen - drei Schicksalsgöttinnen. Die Matronen wurden sowohl von den Einheimischen als auch den römischen Siedlern als Familien- und Fruchtbarkeitsgöttinnen verehrt. Ihnen zu Ehren wurden zahlreiche Statuen errichtet.

Importierte Gottheiten aus Ägypten und dem Orient

Damit nicht genug. "Ausländische" Gottheiten wie die ägyptische Isis oder der orientalische Mithras wurden im gesamten Römischen Reich - also auch im Rheinland - verehrt. Der Archäologe Alfred Schäfer weist auf antike Überreste einer römischen Flotte hin, die nur drei Kilometer von Köln entfernt liegen. Dort könnte, so vermutet er, ein Schiffer aus Ägypten an Bord gewesen sein, der von den Römern aufgrund seiner nautischen Kenntnisse angestellt wurde und den Isiskult mitbrachte. Viele Schreine der Isis und ihres männlichen Gegenstücks Serapis befinden sich an Häfen, sagt Schäfer.

Darstellung des MithrasBild: Manasi Gopalakrishnan /DW

Es gab auch mehrere Kulte um Mithras, den Gott der Freundschaft, des Gesetzes und der Verträge. Mithras findet Erwähnung im heiligen Buch der Zarathustrier aus dem iranischen Kulturraum, in den alten hinduistischen Veden und in einem Vertragstext aus Hattuscha, Hauptstadt deshethitischen Großreichs, das sich bis ins 12. Jahrhundert v. Chr. über Nordsyrien und Anatolien in der Türkei ausgebreitet hatte.

Im Jahr 2008 entdeckten Wissenschaftler zwei Mithras-Tempel in Köln. Wahrscheinlich eine Hinterlassenschaft von Römern, die sich an den östlichsten Grenzen des antiken Römischen Reiches aufgehalten hatten.

Die Einflüsse der römischen und anderer antiker Religionen in Köln sind noch lange nicht ausgeforscht. Doch wer sich in Köln auf die Spuren antiker Gottheiten begeben möchte, der wird fündig: Zahlreiche Zeugen aus Stein sind über zwei Jahrtausende bewahrt worden. 

Adaption aus dem Englischen: Silke Wünsch

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