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Trump telefoniert mit Putin: Reaktionen aus der Ukraine

19. März 2025

In der Ukraine werden Donald Trumps jüngste Abmachungen mit Wladimir Putin mit Skepsis betrachtet. Tatsächlich gehen die Luftangriffe unvermindert weiter. Welche Ergebnisse hat das Telefonat tatsächlich gebracht?

Portrait des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj bei einer Pressekonferenz
Wolodymyr Selenskyj möchte von Donald Trump mehr Einzelheiten erfahrenBild: Paula Bronstein/Getty Images

Noch während US-Präsident Donald Trump mit seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin telefonierte und auch nach dem Gespräch heulte in der Ukraine der Luftalarm. Russland feuerte erneut Raketen und Drohnen auf ukrainisches Territorium ab.

"Den Ukrainern ist klar, was passiert. In der Ukraine gibt es Luftalarm. Soweit ich weiß haben die Russen während des Gesprächs mit Präsident Trump die Zusage gegeben, Angriffe auf den Energiesektor oder solche mit Langstreckenwaffen, einschließlich der Shahed-Drohnen, einzustellen. Aber jetzt ist wieder Luftalarm, bisher funktioniert das also nicht", sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Dienstagabend. Damit zeigten die Russen, dass sie zu einer Beendigung des Krieges nicht bereit seien.

"Der Drohnenangriff auf die ukrainische Hauptstadt unmittelbar nach Trumps Telefonat mit Putin ist die Antwort auf die Frage, ob Russland Frieden will: Nein, will es nicht. Das wird nicht aufhören. Putin will nur eines - die Kapitulation der Ukraine", schrieb der ukrainische Journalist Serhij Rudenko auf Facebook.

Wem nützt jetzt ein Angriffsstopp auf Energieanlagen?

Selenskyj sagte mit Blick auf die angebliche Zusage Putins, Angriffe auf den Energiesektor zu stoppen, die Ukraine unterstütze solche Vorschläge. Doch der ukrainische Präsident möchte von Trump mehr erfahren. "Wenn wir vom amerikanischen Präsidenten und von der amerikanischen Seite Einzelheiten erhalten, werden wir eine Antwort geben", so Selenskyj. Er fügte hinzu, sollten die russischen Angriffe auf die ukrainische Energieversorgung anhalten, werde die Ukraine darauf antworten.

Wladimir Putin und Donald Trump haben am 18. März miteinander telefoniertBild: Russian Presidential Press and Information Office/Handout/Anadolu Agency/picture alliance | Pete Marovich/CNP/AdMedia/picture alliance

Mykola Knjaschyzkyj ist Abgeordneter der oppositionellen Partei "Europäische Solidarität" im ukrainischen Parlament. Aus seiner Sicht haben sich Trump und Putin in ihrem anderthalbstündigen Telefonat lediglich darauf geeinigt, die Angriffe auf die Energieinfrastruktur einzustellen, weil diese nicht nur der Ukraine sondern auch Russland schaden würden.

"Russland hat schon lange vorgeschlagen, die Angriffe auf Energieanlagen zu begrenzen. Die Ukraine lehnte dies ab, da ukrainische Drohnen russische Ölraffinerien zerstört und damit Russlands Möglichkeiten verringert haben, seinen Staatshaushalt zu füllen", erläutert Knjaschyzkyj auf Facebook. Er ist überzeugt, dass Moskau ernsthaften Verhandlungen erst dann zustimmen wird, wenn Kyjiw ausreichend bewaffnet und geschützt sein wird sowie verlässliche Sicherheitsgarantien erhält.

Für Russland habe es bis zum nächsten Winter keinen Sinn, die ukrainische Energieversorgung zu beschießen, meint der ukrainische Soldat Petro Schuklinow. "Sie werden einfach Raketen bis zum Winter horten, so wie sie es bisher immer getan haben", schreibt er auf Facebook. Daher habe Russland einem Angriffsstopp zugestimmt, dies aber als einen Schritt in Richtung Frieden verkauft. Gleichzeitig wolle Moskau jedoch weiteren Beschuss seitens der Ukraine verhindern. "Angriffe auf die russische Treibstoffindustrie sind immer sinnvoll, denn die Ukraine zerstört sie systematisch und verursacht den Russen dadurch jeden Monat Verluste in Milliardenhöhe."

Wolodymyr Fesenko findet hingegen, es sei im Interesse beider Seiten, den Beschuss von Energieanlagen zu stoppen. "Angesichts des Ausmaßes der Angriffe sowie der Risiken für den Energiesektor und der Häfen ist ein Stopp für die Ukraine wichtig. Und ebenso für Russland, weil russische Raffinerien und andere Anlagen sowie Kraftwerke betroffen sind", sagt der Direktor des ukrainischen Zentrums für politische Forschung "Penta". Er betont gegenüber der DW, dass es sich noch nicht um eine Einigung, sondern nur um einen Vorschlag handele, den Beschuss des Energiesektors zu stoppen. "Ein Waffenstillstand muss mit beiden Seiten verhandelt werden. Politische Vereinbarungen, auch telefonisch zwischen Putin und Trump, reichen dafür nicht aus. Es muss technische und rechtliche Vereinbarungen zwischen der Ukraine und Russland geben", unterstreicht der Politologe.

Was will Putin und was hat Trump erreicht?

Das Telefonat, das sowohl vom Weißen Haus als vom Kreml als einen bedeutenden Schritt in Richtung Frieden dargestellt wird, stelle keinen wirklichen Verhandlungsprozess dar, betonen alle von der DW befragten Experten. "Es wird offensichtlich keinen umfassenden Waffenstillstand geben. Putin agiert völlig vorhersehbar, er spielt auf Zeit und stellt neue Forderungen auf. Mit dieser Verzögerungsstrategie lehnt er Trump nicht direkt ab, sondern stimmt ihm mit einem 'Aber' zu. Es ist eine Situation, in der ein Verhandlungsprozess eher imitiert wird", so der ukrainische Politologe Oleh Saakjan von der gesellschaftlichen Organisation "Nationale Plattform für Resilienz und Zusammenhalt" im DW-Gespräch.

Zerstörungen nahe Kyjiw nach einem russischen Drohnenangriff am 19. März 2025Bild: Alina Smutko/REUTERS

"Das wichtigste Signal von Putin an Trump ist, dass er sich verhandlungsbereit zeigt", erklärt Wolodymyr Fesenko. Gleichzeitig mache Putin deutlich, nicht zu den amerikanischen Bedingungen verhandeln zu wollen. "Das ist eine gewisse Enttäuschung für Trump", glaubt der Experte und vermutet, der US-Präsident habe deshalb seine Pressekonferenz nach dem Gespräch mit Putin abgesagt. Dennoch sieht Fesenko einen gewissen Fortschritt, weil am 23. März in Dschidda in Saudi-Arabien weitere Verhandlungen zwischen einer russischen und einer amerikanischen Delegation stattfinden sollen.

Iwan Us vom ukrainischen "Nationalen Institut für strategische Studien" sieht das eigentliche Ergebnis des Telefonats zwischen Trump und Putin im Gefangenenaustausch. Demnach habe Putin versichert, Russland und die Ukraine würden jeweils 175 Gefangene freilassen. Außerdem würden 23 schwer verwundete ukrainische Soldaten an Kyjiw übergeben. Russland spricht von einer Geste des guten Willens. "Allerdings gab es auch schon früher Gefangenenaustausche - ohne Trumps Zutun", stellt Us fest. Er glaubt, zwischen Trump und Putin sei mehr zur Sprache gekommen, als die Öffentlichkeit wisse. "Aber in dieser Situation ist das Fehlen eines konkreten Ergebnisses für die Ukraine eher ein Plus als ein Minus", meint der Experte. Die Ukraine müsse Zeit gewinnen, weil die russische Wirtschaft schon jetzt nicht mehr in bester Verfassung sei. Us schließt nicht aus, dass es früher oder später in Russland zu Protesten kommt.

Wie der ehemalige Präsident der Ukraine und Chef der Oppositionspartei "Europäische Solidarität" Petro Poroschenko meint, braucht Trump einen "Plan B" für den Fall, dass sich Putin weigert, den Krieg zu beenden oder weiterhin Zeit schindet. Poroschenko schrieb auf Facebook, zu solch einem  "Plan B" gehörten mehr Waffen für die Ukraine, härtere Sanktionen gegen Russland, die Wiederherstellung der transatlantischen Geschlossenheit, finanzielle Unterstützung und die Möglichkeit für die Ukraine, der NATO beizutreten.

Adaption aus dem Ukrainischen: Markian Ostaptschuk

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