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Politik

Zutaten einer diplomatischen Krise

Oleksandr Holubov mo
16. Mai 2019

Der ukrainische Generalstaatsanwalt und ein Abgeordneter werfen einander Einmischung in die US-Innenpolitik vor. Eine Gefahr für den neu gewählten Präsidenten der Ukraine und den Trump-Herausforderer Joe Biden.

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Bild: picture-alliance/dpa/C. Kaster

Das plötzlich angekündigte und genauso plötzlich abgesagte Treffen von Rudolph Giuliani mit dem neu gewählten ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj hat für Aufregung gesorgt. Grund für die Absage seines Besuchs in Kiew, so der ehemalige Bürgermeister von New York und private Rechtsanwalt von US-Präsident Donald Trump, sei, dass es in Selenskyjs Umfeld "Feinde des Präsidenten der Vereinigten Staaten" gebe. Giuliani nannte dabei den Journalisten und Politiker Serhij Leschtschenko, der den neu gewählten Präsidenten Selenskyj unterstützt.

Auf Bidens Spuren

Rudolph Giuliani sagt Ukraine-Besuch abBild: picture-alliance/AP Photo/A. Harnik

Die amerikanische Zeitung "New York Times" schreibt, Giuliani habe in Kiew zu Ermittlungen gegen den Sohn des ehemaligen US-Vizepräsident Joe Biden anstacheln wollen. Es gehe dabei um den Gasförderer "Burisma" des ukrainischen Ex-Umweltministers Mykola Slotschewskyj. Joe Bidens Sohn Hunter Biden war Mitglied des Verwaltungsrates der Firma.

Joe Biden selbst hatte Ende April ankündigt, bei den Wahlen im Jahr 2020 für das Präsidentenamt kandidieren zu wollen. Er gilt als einer der Favoriten der Vorwahlen, bei denen bestimmt werden soll, wer von den US-Demokraten gegen Trump antreten wird. Dieser hat bereits Ermittlungen gegen Hunter Biden wegen seines Engagements bei der ukrainischen Gasfirma gefordert.

Trump wirft Biden unter anderem vor, die ukrainische Führung unter Druck gesetzt und so den Rücktritt des Generalstaatsanwalts Wiktor Schokin erreicht zu haben, der gegen die Firma "Burisma" ermittelt hatte. Dass es Druck gab, bestritt nicht einmal Biden selbst. Anfang 2018 gab er in einem Gespräch mit "Voice of America" zu, Schokins Rücktritt sei Bedingung für Kreditgarantien an die Ukraine in Höhe von einer Milliarde Dollar gewesen.

Barack Obama mit Joe Biden und Hunter BidenBild: Getty Images

Nach Schokins Rücktritt und der Ernennung von Jurij Luzenko zum Generalstaatsanwalt wurden die Verfahren gegen "Burisma" eingestellt. Luzenko sagte in einem Interview für die "New York Times", Mykola Slotschewskyjs Firma "Burisma" habe nicht gezahlte Steuern beglichen und Geldstrafen bezahlt. Das habe weitere strafrechtliche Maßnahmen verhindert. Die ukrainische Anti-Korruptions-Staatsanwaltschaft stellte zudem das Verfahren gegen den ehemaligen Umweltminister ein, der eigenen Firmen Lizenzen erteilt hatte.

Interesse an Ermittlungen

Giuliani macht keinen Hehl daraus, an weiteren Ermittlungen gegen Slotschewskyj interessiert zu sein. Gerade deswegen wollte er sich mit dem neu gewählten Präsidenten Selenskyj treffen. Trumps Anwalt betonte, Informationen aus den Ermittlungen könnten sich für seinen Mandanten und die US-Regierung noch als nützlich erweisen.

Generalstaatsanwalt Jurij Luzenko kritisiert US-BotschaftBild: picture alliance/NurPhoto/D. Shamkin

Zuvor hatte Generalstaatsanwalt Luzenko in US-Medien erklärt, die amerikanische Botschaft in Kiew habe von ihm verlangt, gegen bestimmte Personen nicht zu ermitteln. Das US-Außenministerium wies dies als erfunden zurück. Doch am 7. Mai hieß es plötzlich, Botschafterin Marie Jovanovich werde nach Hause zurückbeordert. Washington zufolge war dies angeblich längst geplant.

Mykola Beleskow vom ukrainischen Institut für Weltpolitik sagte der DW, er schließe nicht aus, dass die Trump-Administration mit Jovanovic unzufrieden sei und daher die Botschafterin vorzeitig abberufe. "Das sieht nicht nach einer planmäßigen Rotation aus, die an einen Wechsel des Präsidenten in einem Land gebunden ist", so der Experte.

Trumps "Feind"

Laut "New York Times" wollte Giuliani in Kiew noch einer weiteren Sache nachgehen. Dabei geht es um Material, das bei den Untersuchungen des US-Sonderermittlers Robert Muller bezüglich Russlands Einmischung in die amerikanischen Wahlen verwendet wurde. Das Material aus einem schwarzen Auftragsbuch der "Partei der Regionen" hatte der ukrainische Parlamentsabgeordnete Serhij Leschtschenko zugespielt, den Giuliani in einem Interview für "Fox News" als "Feind von Trump" bezeichnete. Leschtschenkos Informationen belegten, wie Trumps einstiger Wahlkampfleiter Paul Manafort vom ehemaligen, nach Russland geflüchteten ukrainischen Präsidenten Wiktor Janukowitsch für Lobbydienste in Washington bezahlt wurde. Die Informationen trugen zur Verurteilung des Politikberaters in den USA bei.

Der Journalist Serhij LeschtschenkoBild: DW/M.Bushuev

Leschtschenko selbst beteuert in seinem Blog bei der Internetzeitung "Ukrajinska Prawda", kein Feind des US-Präsidenten zu sein. Er habe lediglich Korruption aufdecken wollen. Giuliani sei vom ukrainischen Generalstaatsanwalt Luzenko in die Irre geführt worden. Damit die Amerikaner ihn vor einer Entlassung bewahren, habe Luzenko die Geschichte erfunden, wonach der ehemalige US-Vizepräsident Biden angeblich im Interesse seines Sohnes die ukrainischen Behörden dazu gedrängt habe, die Ermittlungen gegen die Firma "Burіsma" einzustellen.

Nach Ansicht des Politikexperten Mykola Belekow ist es besser, dass Giuliani seinen Besuch in Kiew abgesagt hat, als wenn er gekommen wäre. "Das Schlimmste, was dem neuen ukrainischen Präsidenten passieren könnte, wäre, sich in die innenpolitischen Streitereien der amerikanischen Politiker hineinziehen zu lassen", so der Experte. Denn das würde den Konsens, der zwischen beiden politischen Lagern in den USA bezüglich der Ukraine bestehe, gefährden.

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