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Politik

Wie Trump sich Migranten zu nutze macht

Michael Knigge cvo
24. Oktober 2018

Tausende Migranten aus Lateinamerika sind derzeit auf dem Weg in die USA. Für Präsident Donald Trump sind sie ein Wahlkampf-Geschenk: Mit dem Migrationsthema will er vor den Zwischenwahlen seine Basis mobilisieren.

USA, Washington: Trump hält eine Kabinettssitzung im Weißen Haus
Bild: Reuters/K. Lamarque

"Denkt an die Zwischenwahlen", erinnerte US-Präsident Donald Trump seine 55 Millionen Anhänger am Dienstag auf Twitter in einer Reihe von Tweets über die sogenannte Migrantenkarawane, die sich über Mexiko den Weg zur US-Grenze bahne.

Tausende lateinamerikanischer Migranten legen derzeit trotz erschwerter Bedingungen Dutzende Meilen pro Tag zurück, in der Hoffnung, die USA zu erreichen. Wenn es jemals einen Zweifel daran gab, dass Trump auf die aufmerksamkeitserregenden Bilder dieser Menschen verzichten würde - die Tweets des Präsidenten der letzten Tage haben sie beseitigt.

Hidalgo, Mexiko: Mittelamerikanische Migranten auf dem Weg in die USABild: picture-alliance/dpa/M. Castillo

Trump beschrieb die Menschen als Karawane, behauptete, dass Kriminelle und "Unbekannte aus dem Nahen Osten" Teil der Gruppe seien - ohne Beweise dafür zu erbringen. Er beschuldigte die Demokraten und US-Gerichte, einer härteren Einwanderungspolitik im Wege zu stehen. El Salvador, Guatemala und Honduras warf er vor, ihre Bürger nicht daran gehindert zu haben, die Reise anzutreten.

Erprobte Strategie

"Der Zeitpunkt vor den Zwischenwahlen könnte kein größeres Geschenk an Präsident Trump und die Partei der Republikaner sein", sagte Cynthia Arnson, Direktorin des Lateinamerika-Programms des Wilson Center in Washington. Indem Trump Einwanderer mit Kriminalität in Verbindung bringe, greife er einfach auf sein erfolgreiches Wahlkampf-Rezept von 2016 zurück. 

"Trump nutzt für seine harten Äußerungen bewusst seinen Twitter-Account, um an seine Basis zu appellieren und diese bestimmte Art von Angst zu schüren", sagt Arnson weiter. "Es gab eine konsistente Botschaft aus dem Weißen Haus, die Migranten mit Gewaltkriminalität gleichsetzt." Dabei sei längst bewiesen, dass dies nicht stimme.

Mit seiner Strategie, die Notlage Tausender verzweifelter Migranten für sich zu nutzen, wird Trump wahrscheinlich keine unentschiedenen Wähler überzeugen. Aber es könnte durchaus gelingen, die Kernbasis seiner Anhänger zu mobilisieren, zur Wahl zu gehen. Sie könnten dann für einen Sieg entscheidend sein.

"Diese Wahl wird durch Wahlbeteiligung gewonnen", sagt Karen Alter, Politikwissenschaftlerin an der Northwestern University. "Trump versucht, Angst zu schüren, um die Aufmerksamkeit auf ein Thema zu lenken, in dem er als stark wahrgenommen wird: seine Bereitschaft, gegen Einwanderung vorzugehen. Er hofft, dass dies die Wahlbeteiligung beeinflusst."

Schlüsselthema für die Republikaner

Eine Anfang des Monats veröffentlichte Umfrage des Pew Research Center zeigt, dass die Strategie, die Wahlbeteiligung durch Fokussierung auf die Einwanderung erhöhen zu wollen, offenbar aufgeht. "Illegale Einwanderung ist für GOP-Wähler das wichtigste nationale Problem. Bei demokratischen Wählern rangiert sie unter 18 anderen Themen an letzter Stelle", stellten die Pew-Forscher fest.

Trumps Drängen, die "Migrantenkarawane" zu einer dringenden nationalen Sicherheitsfrage zu erklären, könne republikanische Stimmen einbringen. Forscher sagen aber auch: Die Strategie sei unaufrichtig und helfe nicht, die Krise zu lösen. 2014 kamen - noch unter dem ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama - die ersten Gruppen unbegleiteter Minderjähriger in die USA. "Das größere Problem ist, dass in Lateinamerika eine Regierung nach der anderen auseinanderbricht", sagt Politikwissenschaftlerin Alter. Daher würden viele Menschen fliehen.

In El Salvador, Honduras und anderen Ländern ist Sicherheitslage so schlimm geworden, dass die Familien das Gefühl haben, dort nicht bleiben zu können. Da die Regierungen nicht in der Lage sind, den Menschen grundlegenden Schutz zu bieten, korrupte Polizeikräfte und ultra-gewalttätige Banden und Drogenkartelle die Macht übernehmen, ist die Wahl für die Bürger einfach.

Die Verzweiflung der Migranten

"Sie gehen aus völliger Verzweiflung", sagt Alter. "Und da sie aus Verzweiflung weggehen, wird nichts, was Präsident Trump in seinem Wutanfall schreit - ob die Drohung Auslandshilfe zu streichen, oder ein Mauerbau - diese verzweifelten Menschen aufhalten, die sich oftmals in Lebensgefahr befinden."

Eine Familie aus Honduras auf dem Weg in die USA in Huixtla, MexikoBild: AFP/Getty Images/J. Ordonez

Darüber hinaus wird die Einstellung der Auslandshilfe für die tief verarmten Nationen El Salvador, Guatemala und Honduras die Probleme des Landes nur verschärfen und möglicherweise noch mehr Menschen dazu bringen, in den USA Zuflucht zu suchen.

"Es gibt nichts, was mittel- und langfristig kontraproduktiver sein könnte. Denn die Migrationskrise kann dauerhaft nur in der Region gelöst werden. Dazu müssen Armut und Gewalt bekämpft werden. Denn das veranlasst die Menschen dazu, zu fliehen. Sie haben das Gefühl, dass sie keine Zukunft und keine Sicherheit innerhalb ihrer eigenen Grenzen haben", sagt Cynthia Arnson vom Wilson Center.

Die eigentlichen Ursachen angehen

Aber das, sagten die Forscher, würde eine Änderung der US-Politik gegenüber einer Region erfordern, die sie viel zu lange zu ihrem eigenen Nachteil und auch zum Nachteil der Region ignoriert hat.

"Wir werden unserem 'Hinterhof' Lateinamerika viel mehr Aufmerksamkeit schenken müssen, als wir es in letzter Zeit getan haben", sagt Alter. "Die gute Nachricht ist, dass wir in Lateinamerika keine fundamentalistischen Terroristen haben und dass es sich hierbei wirklich um interne Krisen handelt, die sie vielleicht auch wirklich angehen können."

Aber anstatt sich auf die schwierige Aufgabe zu konzentrieren wie die eigentlichen Ursachen der Migration in der Region anzugehen, hat Trump den sehr bequemen Weg gewählt, indem er "Chaos-Bomben wirft, um die Medien und die amerikanische Öffentlichkeit abzulenken und so versucht, die Menschen zu motivieren, an den Zwischenwahlen teilzunehmen".

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