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PolitikNahost

Wie erkennt man Fake News im Nahost-Krieg?

27. Oktober 2023

Der Konflikt zwischen Israel und der Terrororganisation Hamas ist von Desinformation im Internet geprägt. Das DW-Faktencheck-Team gibt Tipps, wie man Fake News identifizieren und überprüfen kann.

231016 Fact-Check Israel
Ausschnitte aus Videos, die angeblich den aktuellen Krieg Israels gegen die Hamas zeigen - aber tatsächlich aus anderen Kontexten stammen

Sind Dutzende von Hamas-Kämpfern mit dem Gleitschirm in Israel gelandet, wie ein TikTok-Video zu zeigen vorgab? Und hat der Fußballspieler Cristiano Ronaldo nach einem Spiel wirklich eine palästinensische Flagge hochgehalten, wie ein anderes Video offenbar zeigte?

Dies sind nur zwei von vielen Videos, die seit Beginn des Konflikts zwischen Israel und der Hamas* in den sozialen Medien verbreitet wurden. Und wie das DW-Faktencheck-Team in dieser Analyse klargestellt hat, sind beide Beispiele Fälschungen.

Sie sind auch Teil einer großen Herausforderung: Verfälschte Tatsachen verbreiten sich, während eine große Zahl von Nutzern online nach vertrauenswürdigen Informationen sucht, die ihnen helfen, den Konflikt im Nahen Osten zu verstehen.

"Das Ausmaß an Desinformation, Fehlinformation, Propaganda und Verwirrung ist so groß wie nie zuvor in einem Konflikt", sagte Andy Carvin, der leitende Redakteur des Digital Forensic Research Lab des Atlantic Council, kürzlich gegenüber der DW.

Wie also können Nutzer in Zeiten erhöhter politischer und militärischer Spannungen erkennen und überprüfen, was wahr ist und was nicht? Hier sind einige Hinweise des DW-Faktencheck-Teams.

Dieser Artikel ist Teil einer Serie über digitale Kompetenzen. Weitere Artikel sind: 

Und hier können Sie lesen, wie die DW Fake News überprüft.

Fälschungen können Empörung generieren

Besonders in Kriegszeiten können Informationen umstritten, schockierend und beunruhigend sein. So kursiert beispielsweise ein Video im Internet, das die DW als Fälschung identifiziert hat und das angeblich zeigt, wie israelische Soldaten zwei kleine palästinensische Mädchen entführen. 

Ein solches Video kann Wut, Traurigkeit und andere Gefühle auslösen. Es kann auch dazu führen, dass man die eine oder andere Seite des Konflikts unterstützt. Fake News wie diese sind gerade dann am wirksamsten, wenn starke Emotionen im Spiel sind.

Dieses Video (auf dem Bild ein Ausschnitt) zeigt keine Hamas-Kämpfer mit Gleitschirmen, sondern ägyptische FallschirmspringerBild: 🇦🇫_kabuli_🇦🇫/TikTok

Der Kognitionspsychologe Stephan Lewandowsky sagte vor einigen Monaten der DW, dass "Menschen besonders stark auf solche Informationen anspringen, die negative Gefühle wie etwa Empörung auslösen".

Die Beantwortung der folgenden Fragen kann helfen, ein gesundes Maß an Vorsicht zu entwickeln, bevor man sich auf Informationen einlässt:

  • Wie fühlen Sie sich bei diesem Video/Text?
  • Ist dies ein Thema, das Emotionen auslöst, weil es einige Ihrer Ansichten bestärkt?
  • Wer könnte ein Interesse daran haben, diese Geschichte zu verbreiten und warum?
  • Gibt es Hinweise, die auf eine dubiose Herkunft hindeuten könnten?
  • Was sagt Ihnen Ihr Bauchgefühl zu diesem Thema?

Immer die Quelle überprüfen

Viele Nutzer finden Nachrichten, auch in Kriegszeiten, nicht mehr direkt über eine bestimmte Nachrichten-Website oder -App, sondern über Social-Media-Plattformen, Online-Suchmaschinen oder Aggregatoren. Dies hat in einigen Fällen die Bindung der Nutzer an Nachrichtenmarken geschwächt, die normalerweise zuverlässige Informationen veröffentlichen. Außerdem ist es dadurch schwieriger geworden, in den sozialen Medien festzustellen, woher bestimmte Informationen stammen.

Screenshot eines Social-Media-Posts: Der nur verschwommen sichtbare Fußballspieler ist nicht Cristiano RonaldoBild: @M_Arif61/X

Die Kenntnis der Quelle hilft bei der Feststellung, ob ein Video, ein Bild oder ein Artikel zuverlässig ist. Selbst wenn die Informationen wahr sind, hilft die Angabe der Quelle auch dabei, die Agenda des Anbieters und eine mögliche Voreingenommenheit zu erkennen.

Wenn das Konto mit einer Person verknüpft ist, prüfen Sie, was diese Person sonst noch veröffentlicht hat und wo. Schauen Sie auf anderen Plattformen nach und suchen Sie dort nach der Person, wenn sie angibt, für ein Medienunternehmen zu arbeiten. Versuchen Sie auch herauszufinden, was die Person sonst noch veröffentlicht hat, um festzustellen, ob sie sachkundig oder Experte auf dem Gebiet ist.

Wenn das Konto auf eine Website verweist, überprüfen Sie den Abschnitt "Über uns" oder suchen Sie nach einem Impressum, das Ihnen nähere Informationen darüber gibt, welche Art von Informationen sie weitergibt, wie sie finanziert wird und ob es möglicherweise eine staatliche oder kommerzielle Beteiligung gibt.

Angeblich hat Ägypten Panzer in den Gazastreifen entsendet. Belege dafür hat das DW-Faktencheck-Team nicht gefunden. Bild: YouTube/@DCM Global

Und im Falle von Bildern oder Videos, die möglicherweise manipuliert wurden oder von anderen Ereignissen stammen, kann Ihnen eine Bilderrückwärtssuche helfen, den Ursprung zu finden.

Um eine Bilderrückwärtssuche durchzuführen, kann man ein Bild oder einen Screenshot bei einer Suchmaschine wie Google Images oder Tin Eye hochladen.

Auch der Inhalt einer Aussage kann verifiziert werden

Anfang dieses Monats wurde in einem Video behauptet, Ägypten sei in den Krieg eingetreten und habe Hunderte von Panzer in den Gazastreifen geschickt. Ein Faktencheck der DW ergab jedoch, dass das Video keine Beweise für diese Behauptungen enthielt.

Ein genauer Blick auf das Video ergab Widersprüche und Ungereimtheiten. Es kann hilfreich sein, die Informationen an anderer Stelle zu suchen - und vor allem zu prüfen, ob zuverlässige Nachrichtenorganisationen oder Primärquellen ebenfalls über solche Behauptungen berichtet haben.

Über eine direkte Beteiligung Ägyptens an dem Konflikt wäre sehr ausführlich berichtet worden. In diesem Fall ergab eine Online-Recherche jedoch, dass kein etabliertes Medienunternehmen über Pläne Ägyptens, sich an dem Konflikt zu beteiligen, berichtet hatte.

Darüber hinaus kann man auch auf Webseiten von Faktencheckteams nachschauen, zum Beispiel Correctivoder Hoaxsearch - oder ob Faktencheckabteilungen von bekannten und unabhängigen Nachrichtenorganisationen darüber berichtet haben.

Wenn der Verdacht besteht, dass es sich bei einer Meldung um eine Fälschung handelt, haben einige dieser Websites wahrscheinlich bereits dazu geschrieben.

* Die Hamas ist eine militant-islamistische Organisation und wurde 2006 zur stärksten Kraft im palästinensischen Parlament gewählt. Seit 2007 regiert sie ohne weitere demokratische Mandate den Gazastreifen. Viele, insbesondere westliche Staaten stufen die Hamas als Terrororganisation ein.

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