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Politik

Wie Europa sich gegen die zweite Corona-Welle stemmt

14. Oktober 2020

Nicht nur in Deutschland werden die Maßnahmen verschärft, um die Zahl der Neuinfektionen zu senken. Auch in vielen anderen Ländern müssen sich die Menschen wieder mehr einschränken. Ein Überblick.

Menschen mt Masken
In der italienischen Region Kampanien gilt auf Straßen und Plätzen MaskenpflichtBild: Salvatore Laporta/IPA/picture-alliance

Zum ersten Mal seit April melden die deutschen Gesundheitsämter wieder mehr als 6000 Neuinfektionen mit dem Coronavirus. Sowohl Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) als auch die Regierungschefs der Länder wollen erreichen, dass dieser Wert wieder deutlich niedriger ausfällt. Mit welchen Mitteln das gemeinsame Ziel erreicht werden soll - darüber herrscht allerdings keine einheitliche Meinung. Ein kurzer Überblick über die aktuellen Maßnahmen unserer europäischen Nachbarn.

In den Niederlanden gilt ab Mittwochabend ein eingeschränkter Lockdown. Bars, Cafés und Restaurants müssen schließen, Speisen und Getränke dürfen nur noch zum Mitnehmen angeboten werden. Für den Zeitraum von 20.00 Uhr bis 07.00 Uhr gilt zudem ein Verkaufs- und Konsumverbot für Alkohol und Cannabis. Außerdem dürfen die Niederländer nur noch drei Besucher pro Tag bei sich zu Hause empfangen. In öffentlichen Räumen gilt eine Maskenpflicht. Nach Angaben des Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten weisen die Niederlande derzeit die dritthöchste Rate an Neuinfektionen pro 100.000 Menschen in Europa auf.

In Tschechien ist die Zahl der Neuinfektionen noch höher als in den Niederlanden. Zuletzt lag sie bei 389 pro 100.000 Einwohner. Ab Mittwoch müssen deshalb Bars und Restaurants komplett geschlossen bleiben. Zudem gilt ein Alkoholverbot im öffentlichen Raum. Private Treffen werden auf maximal sechs Teilnehmer beschränkt, der Unterricht in den Grundschulen findet - ebenso wie bereits in den weiterführenden Schulen und Universitäten - nur noch digital statt.

Szene aus einer Bar in Prag - vorerst nicht mehr möglichBild: Gabriel Kuchta/Getty Images

In Kroatien, wo vier Millionen Menschen leben, verzeichneten die Gesundheitsbehörden mit 748 nachgewiesenen Neuinfektionen innerhalb 24 Stunden einen Höchststand. In öffentlichen Gebäuden müssen schon seit Anfang der Woche Mund-Nasen-Bedeckungen getragen werden. Bars und Restaurants müssen um Mitternacht schließen, die Zahl der Gäste ist begrenzt. Zudem müssen öffentliche Versammlungen mit mehr als 50 Teilnehmern mindestens fünf Tage im Voraus angemeldet werden.

In Belgien ist die Lage noch dramatischer. Die Regierung kämpft seit Mitte September gegen einen massiven Anstieg der Corona-Neuinfektionen, der sich auch in gestiegenen Krankenhauseinweisungen und der Zahl der Todesopfer niederschlägt. Ab Mittwoch müssen die Krankenhäuser deshalb mehr Betten auf Intensivstationen für COVID-19-Patienten bereitstellen. Ein Viertel der rund 2000 Intensivbetten bleibt für schwere Corona-Fälle reserviert. Experten befürchten, dass die Zahl der schwer erkrankten Patienten auf Intensivstationen im Laufe des Novembers die Marke von 1000 erreichen wird. Der Negativrekord stammt vom 8. April. Damals mussten 1285 Patienten im Zuge einer COVID-19-Erkrankung auf Intensivstationen behandelt werden.

Auch in Spanien fühlen sich viele Menschen wieder an die Situation im Frühjahr erinnert. Damals hatte es vor allem die Metropolregion Madrid getroffen. Seit Freitag gilt dort ein zweiwöchiger Ausnahmezustand. Die Bewohner dürfen mit wenigen Ausnahmen ihre Wohnorte nicht mehr verlassen. Auch in der bei Touristen beliebten Region Katalonien gibt es neue Einschränkungen. Hier bleiben ab Donnerstag alle Bars und Restaurants für zwei Wochen geschlossen. In der nordspanischen Region Navarra müssen seit Dienstag Bars und Restaurants ab 22.00 Uhr schließen.

Portugal hat wegen steigender Infektionszahlen den landesweiten Katastrophenfall ausgerufen. Die Anordnung gelte zunächst für 15 Tage und ermögliche es der Regierung, bei Bedarf Einschränkungen der Bewegungsfreiheit und andere einschneidende Maßnahmen zu durchzusetzen, sagte Regierungschef António Costa nach einem Treffen mit seinem Kabinett. So sollen sich in der Öffentlichkeit nur noch maximal fünf Menschen versammeln dürfen, bei privaten Feiern solle die Höchstzahl der Teilnehmer auf 50 reduziert werden, außerhalb der eigenen Wohnung sollten Masken obligatorisch und bei der Arbeit und in Schulen solle die Corona-Warn-APP "Stay Away" Vorschrift werden.

Auch Frankreichs Präsident Macron plant Verschärfungen der Corona-MaßnahmenBild: Yoan Valat/dpa/picture-alliance

Obwohl Frankreich rund 16 Millionen weniger Einwohner als Deutschland hat, liegt die Zahl der Neuinfektionen seit rund zwei Monaten über dem deutschen Vergleichswert. Am Wochenende wurde ein Tages-Höchststand von fast 27.000 registrierten Fällen erreicht. Die französische Regierung hat nun erneut den Gesundheitsnotstand ausgerufen - er soll ab Samstag gelten. Er bietet einen rechtlichen Rahmen für Beschränkungen, zu denen auch Ausgangssperren gehören können. Entsprechend verkündete Präsident Emmanuel Macron nächtliche Ausgangssperren von 21.00 Uhr bis 06.00 Uhr für Paris und acht weitere französische Städte. 

Über 36.000 Corona-Tote hatte Italien bis zum heutigen Tag zu beklagen. Viele Bewohner des Landes sind durch die dramatische Situation im Frühjahr immer noch stark traumatisiert. Auch in Italien steigt die Zahl der Neuinfektionen wieder. Am schwersten betroffen sind derzeit die Regionen Latium, Kampanien und Lombardei. Seit Dienstag und für zunächst 30 Tage sind Partys und Feiern in größerem Kreis deshalb grundsätzlich verboten. Treffen im privaten Rahmen sollen auf sechs Gäste beschränkt werden. Bars und Restaurants dürfen ihre Kunden ab 21.00 Uhr nur noch bedienen, wenn sie an einem Tisch sitzen. Ministerpräsident Giuseppe Conte drohte bereits mit weiteren Beschränkungen, falls sich die Lage weiter verschärfen sollte.

djo/fab (afp, dpa)

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