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Kontrollen für den Kapitalverkehr

Kersten Knipp29. Juni 2015

In Griechenland soll der Kapitalverkehr kontrolliert werden. So begrenzen die Banken den Geldfluss. Zypern hat damit gute Erfahrungen gemacht. Kann das auch hier ein Weg aus der Krise sein?

Griechenland: Geldbote rennt mit Geldkoffer in der Hand (Foto: REUTERS/Marko Djurica)
Bild: Reuters/M. Djurica

Kaum hatte der griechische Premier Alexis Tsipras seinen Landsleuten am frühen Samstag um ein Uhr morgens erklärt, er wolle eine Volksabstimmung zu dem geplanten Abkommen mit den Geldgebern abhalten lassen, bildeten sich erste Schlangen vor den Geldautomaten - mitten in der Nacht. Am Vormittag wurden die Schlangen dann immer länger.

Viele Griechen würden ihr Geld nun lieber in bar zu Hause halten als auf der Bank. Denn käme es zu einem Grexit, also dem Austritt des Landes aus der Eurozone, erhielte das Land eine neue Währung. Die dann noch auf den griechischen Banken befindlichen Euros dürften zu einem für ihre Besitzer sehr ungünstigen Wechselkurs in die neue Währung umgetauscht werden. Das unter dem Kopfkissen versteckte oder bei ausländischen Banken deponierte Geld ließe sich dagegen zu viel günstigeren Raten umtauschen.

Hilfe durch die Europäische Zentralbank

Griechenland: lange Schlangen vor den GeldautomatenBild: Reuters/A. Avramidis

Der dauernde Abfluss von Einlagen belastete die Banken erheblich. Damit sie weiterhin liquide blieben, griff ihnen die Europäische Zentralbank unter die Arme. Über die sogenannte "Emergency Liquidity Assistance" (ELA) gewährte sie nationalen Kreditinstituten eine Liquiditätshilfe gegen Sicherheiten wie etwa garantierte Schuldverschreibungen oder Staatspapiere. Die sollen eigentlich nur für eine befristete Zeit laufen und begrenzte Summen zur Verfügung stellen. Doch für Griechenland hatte der EZB-Rat die Obergrenze für Ela-Hilfen für Griechenland wiederholt auf zuletzt rund 90 Milliarden Euro angehoben.

Weil diese Summe nicht noch einmal erhöht wird und die griechischen Banken nach Möglichkeit trotzdem liquide bleiben sollen, werden nun so genannte Kapitalverkehrskontrollen eingeführt. Die begrenzen die Geldsummen, die die Kunden - in diesem Fall die griechischen – von der Bank abheben oder überweisen dürfen.

Grundsätzlich gilt der freie Kapitalfluss als eine der vier Grundfreiheiten der Europäischen Union. Eingeschränkt werden soll er nur im Notfall – "bei ernsten Schwierigkeiten in der Wirtschafts- und Geldpolitik", wie es im Gesetz zum Gemeinsamen EU-Binnenmarkt heißt. Auch dann soll er nur für begrenzte Zeit gelten – jedenfalls theoretisch. Die zeitliche Begrenzung soll nicht nur die Freiheiten der Bürger für nur möglichst kurze Zeit beschneiden. Sie soll auch garantieren, dass Unternehmen möglichst rasch wieder an das nötige Kapital kommen.

Pokern bis zum Äußersten: Alexis Tsipras in BrüsselBild: Reuters/P. Hanna

Erfahrungen in Zypern

Praktisch sieht es anders aus. Die jüngsten Erfahrungen mit Kapitalverkehrskontrollen haben die Zyprer gemacht. Auch in Zypern drohten Anfang 2013 Banken pleite zu gehen. Daraufhin wurden Abhebungen an Geldautomaten pro Person auf 300 Euro täglich begrenzt. Reisten die Zyprer ins Ausland, durften sie nicht mehr als 1000 Euro pro Person mitnehmen. Wollten sie ihre im Ausland studierenden Kinder unterstützen, ging das nur bis zu einer Grenze von 5000 Euro pro Quartal. Zahlungen mit EC- und Kredikarten wurden auf ebenfalls 5000 Euro beschränkt. Überweisungen ins Ausland von über 5000 Euro bedurften einer besonderen Genehmigung. Unternehmen mussten jede einzelne Überweisung dokumentieren.

Die Kontrollen wurden schrittweise über einen längeren Zeitraum wieder zurückgenommen. Endgültig wurden sie erst im April dieses Jahres wieder aufgehoben.

Außer den direkten gibt es auch indirekte Formen der Kapitalverkehrskontrolle. So können etwa auf Überweisungen Steuern erhoben worden.

Zwei Jahre eingeschränkter Kapitalverkehr: Banken in ZypernBild: REUTERS

Die Kapitalverkehrskontrollen in Griechenland dürften sich an den in Zypern eingeführten Maßnahmen orientieren. Anders als in Zypern, dessen Volkswirtschaft sich nach dem Krach von 2008 weitestgehend wieder erholt hat, dürfte in Griechenland die Diskussion um den Beibehalt des Euros noch für längere Zeit debattiert werden. Denn solange das Land auf Kredite oder Transfers angewiesen ist, ist der Euro eine Währung auf Zeit.
Nach dem Sturm ist vor dem Sturm.

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