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PolitikEuropa

Wie geht es im rechten Lager des EU-Parlaments weiter?

10. Juli 2024

In Brüssel sortieren sich die Parteien des rechten Spektrums nach den EU-Wahlen neu. Dabei kommt es zu alten und neuen Allianzen. Auch die AfD hat eine neue Fraktion gegründet.

Meloni und Orban lachen und umarmen sich
Die italienische Premierministerin Giorgia Meloni und ihr ungarischer Amtskollege Viktor Orban gemeinsam beim EU-Gipfel im März 2024. Bild: Geert Vanden Wijngaert/AP/picture alliance

Die rechtspopulistische und in Teilen rechtsextreme AfD hat am Mittwoch eine neue Fraktion im Europaparlament gegründet. Neben 14 Abgeordneten der AfD kommen laut dpa elf Abgeordnete aus Polen, Tschechien, der Slowakei, Ungarn, Bulgarien, Litauen und Frankreich dazu. Ein Abgeordneter gehört der rechtsextremen französischen Reconquête an. 

Damit erfüllt die AfD die Mindestvoraussetzung für eine Fraktionsbildung von mindestens 23 Abgeordneten aus sieben Mitgliedstaaten. Die neue Fraktion heißt "Europa Souveränener Nationen“ und ist ganz rechts außen im EU-Parlament angesiedelt. Der Status als Fraktion bringt unter anderem mehr Redezeit im EU-Parlament, Sitze in den Ausschüssen, sowie mehr Mittel für Personal und Büros.

Vor der EU-Wahl hatte die rechte Fraktion "Identität und Demokratie" - damals die zweite große Rechtsaußen-Gruppe - die vom Verfassungsschutz in Teilen als rechtsextrem eingestufte Alternative für Deutschland (AfD) ausgeschlossen. Anlass waren relativierende Äußerungen zur Waffen-SS von Spitzenkandidat Maximilian Krah. 

Brandmauer gegen "Patrioten für Europa" 

Seit den Europawahlen Anfang Juni hatten Rechtsaußen-Parteien vieler Länder deutlich hinzugewonnen. Doch noch war unklar, wer sich mit wem zusammenschließen würde. Ein weiterer Aufschlag kam nun Anfang der Woche: Die Fraktion "Patrioten für Europa" um den ungarischen Regierungschef Viktor Orban und Frankreichs Rechtspopulisten um Marine Le Pen war am Montag offiziell gegründet worden. Die Gruppe dürfte drittstärkste Kraft im neu gewählten Europaparlament werden - nach der christdemokratischen Europäischen Volkspartei und den Sozialdemokraten.

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13:04

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Sozialdemokraten und Grüne im EU-Parlament haben bereits eine Brandmauer gegen die neue Rechtsaußen-Fraktion "Patrioten für Europa" gefordert. Diese müsse "isoliert dastehen", sagte SPD-Vizeparlamentspräsidentin Katarina Barley den Zeitungen des "Redaktionsnetzwerks Deutschland". 

RN tritt neuer rechter Gruppe "Patrioten für Europa" bei

Einen Tag nach der Wahl in Frankreich wurde bekannt, dass die rechtsnationale Partei Rassemblement National der neu gegründeten rechten Fraktion "Patrioten für Europa" beitritt. Jordan Bardella - bis zum Wochenende noch als möglicher nächster Premierminister Frankreichs gehandelt - wird den Vorsitz der Gruppe übernehmen. Mit 30 Abgeordneten ist die RN die stärkste Partei innerhalb der Fraktion. Dahinter folgt die nationalkonservative ungarische Fidesz mit elf Abgeordneten, wie etwa der ungarische Regierungssprecher Zoltan Kovacs auf X bekannt gab.

Die Gründung der neuen Fraktion "Patrioten für Europa" geht auch auf die Initiative von Orban zurück. Ende Juni, einen Tag bevor sein Land die rotierende EU-Ratspräsidentschaft übernahm, kündigte er gemeinsam mit dem tschechischen Ex-Premier Andrej Babis, zugleich Vorsitzender der liberal-populistischen ANO-Partei und mit Herbert Kickl, Chef der rechten Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ), die Gründung einer neuen Fraktion im EU-Parlament an.

Orban gilt als russlandfreundlich und hat in der Vergangenheit EU-Hilfen für die Ukraine blockiert. Derzeit werden 6,5 Milliarden Euro an Militärhilfen für die Ukraine zurück gehalten. Viel Kritik von der EU und anderen Mitgliedsstaaten erntete Orban auch für seinen kürzlichen Besuch in Russland. 

Eine Fraktion mit Salvini und Wilders 

Das von ihnen unterzeichnete sogenannte Patriotische Manifest verspricht Orban zufolge "Frieden, Sicherheit und Entwicklung" anstelle von "Krieg, Migration und Stagnation", für die die "Brüsseler Elite" verantwortlich sei. Das neue Bündnis richtet sich auch gegen die Klimaschutzmaßnahmen im Rahmen des "Green Deals" der Europäischen Union. 

Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban und FPÖ-Chef Herbert Kickl Ende Juni bei der Vorstellung ihres sogenannten Patriotischen ManifestsBild: Tobias Steinmaurer/APA/picturedesk/picture alliance

Der neuen Fraktion, die noch offiziell bestätigt werden muss, gehören insgesamt 84 Abgeordnete aus insgesamt 12 Ländern an. Darunter etwa auch die nationalistische Lega Matteo Salvinis, die portuguiesischen Rechtspopulisten der Chega-Partei und die radikal-rechte Partei des Niederländers Geert Wilders. 

Rechtskonservative EKR-Fraktion auf vierten Platz verwiesen

Damit läuft sie der rechtskonservativen Fraktion der "Europäischen Konservativen und Reformer" (EKR) den dritten Rang ab. Hier sitzen die nationalkonservative polnische Oppositionspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) und Italiens Fratelli d'Italia (Brüder Italiens), die ihre Ursprünge in der postfaschistischen Bewegung haben. Die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni ist Vorsitzende der EKR-Partei. Die Anzahl der EKR-Abgeordneten beläuft sich nach Angaben des EU-Parlaments auf 78. 

Europawahl: Rechte Parteien werden stärker

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Die rechtskonservative EKR hat mit ihren Prioritäten bereits ihren Kurs für die nächste Legislaturperiode festgelegt: Die EU solle sich auf ihre Kernaufgaben konzentrieren. Einer "Entwicklung der EU zu einem supranationalem Superstaat" werde man entschieden entgegentreten. Im Bereich der Migration wolle man sich gegen illegale Einreisen einsetzen und sogenannte externe "Ausschiffungsplattformen" schaffen, um Asylanträge außerhalb der EU zu bearbeiten. Gleichzeitig sollen die Ursachen für Migration aktiv bekämpft werden.

Ein bereits beschlossenes Aus des Verbrennungsmotors wolle man revidieren und eine weitere Reduzierung von Treibhausgasen in Frage stellen. Die EKR spricht sich dezidiert für die weitere Unterstützung der Ukraine gegen den russischen Angreifer aus.

Damit zeichnen sich derzeit drei Rechtsaußen-Fraktionen im künftigen Europaparlament ab. Am 16. Juli wird das Parlament zu seiner Gründungs-Sitzung zusammen finden. Bis dahin dürften die Lager feststehen. 

Dieser Artikel stammt ursprünglich vom 3. Juli 2024 und wurde zuletzt am 10. Juli 2024 aktualisiert. 

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