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Politik

Wie geht es weiter im Sudan?

12. April 2019

Nach dem Putsch will der Militärrat das Land "so lange wie nötig" regieren und Ex-Präsident Al-Baschir im Sudan den Prozess machen. Demonstranten und Vertreter der internationalen Gemeinschaft fordern rasche Wahlen.

Demonstration Sudan Karthoum
Bild: Reuters

Nach dem Sturz des Langzeit-Präsidenten Omar al-Baschir im Sudan stellt sich die Frage, wie schnell und leichtfertig sich das Militär wieder von der Macht trennen will. Am Donnerstag vergingen gerade einmal zehn Stunden zwischen dem Militärputsch und der Ansage des bisherigen Verteidigungsministers und Vizepräsidenten Awad Ibn Auf, er wolle mit seinem Militär-Übergangsrat zwei Jahre an der Macht bleiben.

Am Tag danach versuchte das Militär, Befürchtungen einer dauerhaften Militärdiktatur zu zerstreuen. "Wir haben überhaupt keine Ambitionen, an der Macht festzuhalten", sagte hingegen Omar Sain al-Abdin, der das politische Gremium der Militärregierung leitet. Die Streitkräfte würden lediglich für Sicherheit und Stabilität sorgen. "Ich schwöre, wir werden die Forderungen der Menschen unterstützen", sagte er. Sain al-Abdin sagte bei einer Pressekonferenz, das Militär wolle "das Land nach vorne bringen" und "als Werkzeug des Wandels" agieren. Das Militär werde nur so lange an der Macht bleiben wie nötig.

Opposition zweifelt Aussagen des Militärs an

Khalid Omer, Generalsekretär der oppositionellen sudanesischen Kongresspartei, hält diese Aussagen für bedeutungslos. Der Deutschen Welle sagte er, von Seiten der Regierungskritiker habe es vor dem Putsch das Angebot gegeben, über das weitere Vorgehen mit dem Militär zu verhandeln. Aber keiner der Generäle habe reagiert. Statt dessen sei es zum Staatsstreich gekommen. "Wer einen echten Dialog führen will, setzt nicht die Verfassung aus und ordnet einen Ausnahmezustand an und löst alle verfassungsmäßigen Institutionen auf", gibt Omer zu bedenken.

Proteste trotz Ausgangssperre

Vielen Demonstranten, die über Monate hinweg auf einen friedlichen Regimewechsel hingearbeitet hatten, fordern statt der militärischen eine zivile Übergangsregierung. "Das Blut unserer Brüder darf nicht vergeblich geflossen sein", sagte ein Demonstrant in der Hauptstadt Khartum. In den Augen von Sara Abdelgalil von der sudanesischen Berufsgenossenschaft ist der Militärrat eine Fortsetzung des Regimes. "Die Mitglieder sind Teil des Nationalen Nachrichtendienstes oder des Militärgeheimdienstes und die meisten dieser Mitglieder haben entweder an Verbrechen, Kriegsverbrechen oder Folter und Verletzungen teilgenommen", sagte sie im Interview der Deutschen Welle.

Tausende setzten sich über die nächtliche Ausgangssperre hinweg und versammelten sich vor dem Hauptquartier der Armee in Khartum. Laut Augenzeugenberichten riefen sie Slogans wie "Frieden, Gerechtigkeit, Freiheit".

Die Protestbewegung war seit Ende vergangenen Jahres aktiv - erst gegen Kürzungen von Brot- und Benzinsubventionen, dann zunehmend gegen Präsident Al-Baschir selbst. Seit Samstag hatten Demonstranten jede Nacht vor dem Hauptquartier des Militärs ausgeharrt, um das Militär auf ihre Seite zu bringen. Schon am Vortag der Absetzung al-Baschirs schützte das Militär die Demonstranten gegen dessen Sicherheitskräfte. An einer zivilen Übergangsregierung zeigt es jedoch kein Interesse. Die Ausgangssperre, die der neue Militärrat unmittelbar nach dem Putsch installiert hatte, soll offenbar die neu errungene Macht des Militärs vor den Demonstranten abschirmen und vorerst stabilisieren. Was die neuerliche Ansage, "nur so lange wie nötig" an der Macht bleiben zu wollen, bedeutet, war zuletzt unklar.

Demonstranten in Khartum feierten am Donnerstag die Entmachtung al-BaschirsBild: picture-alliance/dpa/A. Kheir

EU fordert "glaubwürdigen" Prozess

Den Forderungen der sudanesischen Demonstranten nach einem schnellen demokratischen Machtwechsel hin zu einer zivilen Regierung schlossen sich auch ausländische Vertreter an. Nur ein "glaubwürdiger" politischer Prozess könne den Erwartungen der sudanesischen Bevölkerung gerecht werden, sagte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini. Dazu müsse die Macht schnell an eine zivile Übergangsregierung übergeben werden. Auch die Afrikanische Union sagte, eine Machtübernahme des Militärs sei nicht die "angemessene" Reaktion auf die Proteste.

Die Vereinigten Staaten forderten den Militärrat dazu auf, Zivilisten an der Regierung teilhaben zu lassen. "Das sudanesische Volk sollte bestimmen, wer es künftig anführt", sagte ein Sprecher des US-Außenministeriums. Die diplomatischen Gespräche zwischen Washington und Khartum zur Frage, ob der Sudan aus einer Liste von Staaten, die Terror unterstützen, getilgt wird, wurden suspendiert.

UN-Generalsekretär Antonio Guterres drang darauf, "dass die demokratischen Bestrebungen der sudanesischen Bevölkerung durch einen angemessenen und umfassenden Übergangsprozess verwirklicht werden". Nach Angaben seines Sprechers rufe er alle Beteiligten zu "Ruhe und äußerster Zurückhaltung" auf. Das UN-Menschenrechtsbüro in Genf warnte vor einer möglichen Eskalation der Gewalt. Die Lage im Sudan soll an diesem Freitag auch im UN-Sicherheitsrat thematisiert werden.

Militärrat will Al-Baschir nicht ausliefern

Der entmachtete Präsident Omar al-Baschir bleibt derweil im Gewahrsam der Militärs. Wegen mutmaßlicher Verbrechen gegen die Menschlichkeit bis hin zum Genozid wird Al-Baschir bereits seit 2007 vom Internationalen Strafgerichtshof (ICC) in Den Haag per internationalem Haftbefehl gesucht. Hauptsächlich geht es in den Anschuldigungen um Massaker in der Bürgerkriegsregion Darfur im westlichen Sudan. Forderungen, ihn zu überstellen, erteilte Sain al-Abdin am Freitag eine Absage: "Wir als Militärregierung werden den Präsidenten während unserer Herrschaft nicht ins Ausland ausliefern. Wir stellen ihn möglicherweise vor Gericht, aber übergeben ihn nicht."

Unter anderem hatte sich die Menschenrechtsorganisation Amnesty International bereits kurz nach dem Putsch für eine Überstellung Al-Baschirs an den ICC stark gemacht. Dieser müsse endlich für "einige der abscheulichsten Menschenrechtsverstöße unserer Zeit" zur Rechenschaft gezogen werden, teilte AI-Generalsekretär Kumi Naidoo mit.

Bis zu seiner Entmachtung war er das weltweit einzige amtierende Staatsoberhaupt auf der Liste des Gerichtshofs. Er hatte in den vergangenen Jahren sein Land kaum verlassen. Aufsehen erregte seine Beinahe-Festnahme nach einem Treffen der Afrikanischen Union in Südafrika 2015, der er nur zuvorkam, indem er sich über eine Ausreisesperre hinwegsetzte. Der neue de-facto-Staatschef Ibn Au gehörte Al-Baschirs engstem Machtzirkel an.

ehl/kle (dpa, afp, rtr)

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