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Politik

Das Problem der Truppe liegt rechts

6. Mai 2017

Auch in einer deutsch-französischen Kaserne in Donaueschingen wurden nun Wehrmachts-Andenken gefunden. Die Ermittlungen der Ministerin wühlen Dreck auf. Das gefällt nicht jedem.

Donaueschingen Kaserne Jägerbataillon 292
Bild: picture-alliance/dpa/P. Seeger

In der Kaserne der deutsch-französischen Brigade im baden-württembergischen Donaueschingen (Artikelbild) haben Ermittler nach Informationen des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" einen mit Wehrmachts-Devotionalien dekorierten Besprechungsraum und eine Vitrine mit Stahlhelmen aus der Nazizeit entdeckt. Bilder der Inspektion wurden demnach umgehend dem Bundesverteidigungsministerium vorgelegt.

Die Funde in Donaueschingen erhöhen den Druck auf Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU). Es ist der zweite Fall innerhalb der deutsch-französischen Brigade. Insgesamt unterhält die gemeinsame Truppe neben Donaueschingen und Illkirch noch drei weitere Standorte in Metz (Frankreich), Stetten und Müllheim (beide Deutschland).

Zuvor waren bereits im elsässischen Illkirch, wo der inzwischen festgenommene rechtsextreme Offizier Franco A. stationiert war, zahlreiche Wehrmachts-Devotionalien in einem Freizeitraum entdeckt worden. Die Ministerin hatte bei einem Besuch in Illkirch betont: "Die Wehrmacht ist in keiner Form traditionsstiftend für die Bundeswehr."

"Weitere Enthüllungen"

In der Kaserne Illkirch sollen zudem Bundeswehrsoldaten im November 2012 ein vier Meter großes Hakenkreuz auf den Boden gestreut haben, wie die "Bild"-Zeitung berichtete. Dieser Vorfall sei damals jedoch nicht unter den Teppich gekehrt, sondern den direkten Vorgesetzten und dem Bundesverteidigungsministerium gemeldet worden.

Von der Leyen geht von weiteren Enthüllungen aus. So sagte sie am Freitagabend in den ARD-"Tagesthemen", es werde noch ermittelt, ob in der Bundeswehr rechtsextreme Netzwerke existierten. Sie gehe davon aus, "dass das, was wir bisher wissen, nicht alles ist, sondern, dass sich dort noch mehr zeigen wird".

Unter Druck: Bundesverteidigungsministerin Ursula von der LeyenBild: Reuters/V. Kessler

Justizminister Heiko Maas (SPD) fordert als Konsequenz aus dem Fall mit aller Schärfe gegen Rechtsextremismus in der Bundeswehr vorzugehen. Maas sagte der "Rheinischen Post", die Bundeswehr habe eine ganz besondere Verantwortung. Wer die Wehrmacht glorifiziere, habe in der Bundeswehr nichts zu suchen. Im Interesse der Bundeswehr müsse das im Keim erstickt und konsequent geahndet werden, so der SPD-Politiker.

Nun hat sich auch CSU-Chef Horst Seehofer in der Affäre zu Wort gemeldet. Seehofer nimmt die Bundeswehr ausdrücklich gegen Pauschalkritik in Schutz und attackiert damit indirekt Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen. "Wir sprechen unserer Bundeswehr der Bundesrepublik Deutschland unser Vertrauen aus. Wir stellen die Bundeswehr nicht an den Pranger", sagte Seehofer auf einem Sonderparteitag zur Aufstellung der Bundestagskandidaten in Germering bei München.

"Da gibt es ein paar Verrückte, die muss man rechtzeitig aus dem Verkehr ziehen", sagte auch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann, der die CSU als Spitzenkandidat in den Bundestagswahlkampf führt. Schwarze Schafe gebe es in der Bundeswehr wie überall. "Aber die ganz, ganz große Mehrheit macht einen ganz super Dienst."

Von der Leyen hatte sich zuvor für ihre umstrittene Pauschalkritik an der Truppe entschuldigt. Die CDU-Politikerin steht unter Druck, weil sie der Armee nach der Festnahme des Oberleutnants allgemein ein Haltungsproblem und Führungsschwäche bescheinigt hatte. Grüne und SPD haben für kommende Woche eine Sondersitzung des Verteidigungsausschusses beantragt, bei der sie die Ministerin befragen wollen.

Sorge beim Zentralrat der Juden

Der Zentralrat der Juden in Deutschland befürchtet ein weit größeres Ausmaß von Rechtsextremismus in den Reihen der Bundeswehr. Franco A. sei möglicherweise kein Einzelfall, sondern "die Spitze eines Eisberges", sagte Zentralratspräsident Josef Schuster der "Rheinischen Post". Er verwies auf eine Umfrage des Verteidigungsministeriums von 2007, wonach sich schon damals vier Prozent der befragten Soldaten vorstellen konnten, rechtsextreme Parteien zu wählen.

Der Ende April festgenommene Franco A. hatte sich monatelang als syrischer Flüchtling ausgegeben und plante möglicherweise einen Anschlag. Der Bundeswehr lagen schon seit 2014 Hinweise auf eine rechtsextreme Gesinnung des Oberleutnants vor, ohne dass Konsequenzen folgten.

cgn/rb (afp, dpa, rtr, epd)

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