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Politik

Wie Hannah und David über Frau Park denken

Esther Felden
21. Dezember 2016

Korruptionsaffäre, Massenproteste gegen die südkoreanische Präsidentin, am Ende ein Amtsenthebungsverfahren – für David und Hannah ist all das ganz nah. Auch wenn sie eigentlich weit weg sind: in Bonn.

Hannah Jahnke in Südkorea
Bild: privat

Mehr als 8500 Kilometer Luftlinie sind Bonn und Seoul voneinander entfernt. Oder auch nur einen Mausklick, eine Facebook-Nachricht, einen Skype-Chat weit weg. Immer wieder haben Hannah Jahnke und David Radermacher in den vergangenen Monaten nachgelesen, was südkoreanische Online-Medien über die jüngsten Entwicklungen dort schreiben. Und sie haben mit ehemaligen Kommilitonen in Südkorea gesprochen. Die beiden sind angehende Asienwissenschaftler, studieren im ersten Master-Semester an der Uni Bonn. Und haben bereits ein Austauschjahr an einer koreanischen Hochschule absolviert.

Choi Soon-Sil wird mittlerweile vor Gericht der Prozess gemachtBild: picture-alliance/AP Photo

Seit Oktober verfolgen sie die Zuspitzung der politischen Lage in dem ostasiatischen Land genau: Die Korruptionsaffäre um eine enge Vertraute von Präsidentin Park Geun-Hye, die die Staatschefin vermutlich sogar das Amt kosten wird: Am 9. Dezember  stimmte das Parlament mit Zweidrittelmehrheit für ein Amtsenthebungsverfahren – der bisherige Höhepunkt der Entwicklungen. Jetzt muss noch das Verfassungsgericht zustimmen, dann kann es Neuwahlen geben.

Park wird vorgeworfen, ihrer Freundin Choi Soon-Sil erlaubt zu haben, sich ohne Amt massiv in Regierungsgeschäfte einzumischen. Außerdem soll Choi Millionenspenden für zwei private Stiftungen eingetrieben haben – mit Billigung der Präsidentin. Park ihrerseits bestreitet die Verstrickung in kriminelle Handlungen.

Die Massen auf den Straßen – ein gängiges Bild in Südkorea

Wie brisant die Vorwürfe gegen Park waren, sei ihm schnell klar gewesen, sagt David Radermacher. Aber mit der Dynamik, die die Affäre im Laufe weniger Wochen entwickelte, habe er nicht gerechnet. Woche für Woche gingen seit Ende Oktober hunderttausende Menschen immer samstags in Seoul auf die Straße, um ihrem Ärger Luft zu machen und den Rücktritt ihrer Staatschefin zu fordern. "Korea ist schon auch ein heißblütiges Land. Die Leute protestieren gern und oft. Insofern war es klar, dass es, nachdem diese ganzen Vorwürfe ans Licht gekommen waren, auch Kontra von der Bevölkerung geben würde. Aber das explosionsartige Ausmaß der Proteste, das hat mich schon überrascht", sagt David. Insgesamt, so meint er, sei das eine positive Entwicklung an, "dass die Menschen sich so aktiv für ihre Demokratie einsetzen".

David Radermacher während seines Austauschjahres in SüdkoreaBild: Privat

Auch am Samstag (10.12.) nach der Abstimmung im Parlament fand eine Großdemonstration statt – obwohl die Präsidentin zu diesem Zeitpunkt bereits vorläufig entmachtet war und die Amtsgeschäfte seitdem von Ministerpräsident Hwang Kyo Ahn kommissarisch geleitet werden. "Ein guter Freund von mir ist auch dorthin gegangen", berichtet Hannah Jahnke. "Ich habe mich gar nicht getraut zu fragen: Wofür protestiert ihr denn noch? Die Amtsenthebung war ja eigentlich schon beschlossen. Da fehlte mir in dem Moment einfach das Verständnis." Aber auch Kritik an der Art des Protests gegen die Präsidentin habe sie erlebt. "Selbst koreanische Freunde, die sich über Park echauffiert haben, sagen, dass das Ganze mittlerweile ein unprofessionelles Maß angenommen hat. Weil aller Hass auf sie projiziert wird." Sie wolle Park nicht in Schutz nehmen, sagt Hannah. "Ich finde es richtig, den Politikern auf die Finger zu schauen. Und Südkorea ist durchaus ein Land, in dem es viel Korruption gibt. Aber man sollte sachlich bleiben."

Ende Oktober begannen in Seoul die Massendemonstrationen gegen Präsidentin ParkBild: Getty Images/AFP/J. Yeon-Je

Totale Ernüchterung, grenzenloses Misstrauen

Insgesamt herrschen gerade unter der jüngeren Generation in Südkorea viel Wut und Enttäuschung, haben Hannah und David in ihrem eigenen Umfeld beobachtet. "Viele sagen einfach nur noch: Politik ist furchtbar. Den Politikern in unserem Land können wir nicht vertrauen", erzählt Hannah. "Diese bodenlose Skepsis hat mich schon auch schockiert." David stimmt zu. " Vertrauen der jungen Leute in die politischen Eliten gab es praktisch nicht." In seiner Zeit als Austauschstudent habe er die Gelegenheit gehabt, einiges aus nächster Nähe zu beobachten. "Seit diese Präsidentin an der Macht ist, ist die Stimmung in der jüngeren Generation nicht besonders gut." Wäre es nach ihnen gegangen, dann wäre Park gar nicht an die Macht gekommen, glaubt er. "Sie wurde gewählt, weil sie die Tochter von Park Chung-Hee ist, der das kriegsgebeutelte Land unter diktatorischer Leitung wirtschaftlich wieder an die Spitze getrieben hat. Korea ist eine alternde Gesellschaft, und viele haben sich eben an die Zeiten damals erinnert. Gegen diese Masse an älteren Wählern konnten die Jüngeren gar nicht ankommen."

Ein Jahr hat Hannah Jahnke in Südkorea studiertBild: privat

David Radermacher hat persönlich keine besonders hohe Meinung von Park Geun-Hye, das spricht er offen aus. Für ihn hatte sie "von Anfang an nicht die Fähigkeit, ein Land zu leiten".  Hannah Jahnke ist etwas zurückhaltender mit ihrem Urteil. "Ich möchte mir nicht anmaßen, die politischen Fähigkeiten der Frau zu bewerten. Allerdings habe ich in den letzten Wochen und Monaten natürlich auch gezweifelt."

Was sollte der Nachfolger anders machen?

David räumt ein, man dürfe bei allen Vorwürfen im Zusammenhang mit der Affäre um die Präsidentin und ihre Vertraute Choi das schwere politische Erbe Park Geun-Hyes nicht außer Acht lassen. "Die Frau hat in jungen Jahren beide Elternteile verloren." Parks Mutter wurde 1974 bei einem Attentat getötet, da war sie gerade 22 Jahre alt. Fünf Jahre später wurde der Vater von seinem eigenen Geheimdienstchef ermordet. "Sie war nach dem gewaltsamen Tod ihrer Eltern wohl einfach nicht in der Lage, ganz auf eigenen Beinen zu stehen. Also hat sie sich gefragt: Wer sind meine Freunde, wer unterstützt mich jetzt?" In dieser Situation hätte dann eben der einflussreiche Guru und Vater von Choi Soon-Sil geholfen, ihr Leben zu organisieren. "Ich denke, das hatte einfach ganz großen Einfluss auf sie."

Regulär würde die Amtszeit von Park Geun-Hye im Februar 2018 endenBild: Picture-Alliance/dpa/E. Jones

Wer Park Geun-Hye im Amt beerben wird, ist derzeit noch nicht absehbar. Es wird mehrere Monate dauern, bis es auf diese Frage eine Antwort gibt. Was er demjenigen mit auf den Weg geben würde? David Radermacher zögert nicht lange. "Der neue Präsident sollte mehr auf die Meinung der Menschen hören und seine Entscheidungen volksnäher treffen."

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