Vielen dürfte Santorini ein Begriff sein. Im Sommer strömen scharenweise Urlauber auf die populäre griechische Insel. Doch wie ist es dort in der Nebensaison? DW-Reporterin Sarah Hucal hat die Insel im März besucht.
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"Sarah, ich möchte auf eine dieser Inseln mit den weißen Häusern", sagte mein Vater vor einigen Wochen zu mir, als wir griechische Reiseziele recherchierten. Gemeint war damit natürlich die Insel Santorini, deren malerische Natur und Architektur weltweit bekannt sind. Obwohl ich die weniger bekannten Inseln Griechenlands bevorzuge - immerhin gibt es viele Hundert davon - entschieden wir uns schließlich doch für Santorini. Auch meinen Eltern zuliebe, die gerade aus Michigan zu Besuch waren.
Santorini bietet mehr als Selfie-Motive
Zwar halten viele die Insel für überbewertet und stören sich an den Touristenmassen, die für ihre Instagram-Kanäle filmen und fotografieren, anstatt sich auf die lokale Kultur einzulassen, dennoch ist Santorini eine atemberaubend schöne Insel. Ihre eindrucksvolle Landschaft entstand vor rund 3500 Jahren nach einem Vulkanausbruch. Besonders die kleinen Dörfer wie Emporio und Pyrgos sind charmant. Abenteuerlustige können sich auf eine Klippenwanderung zwischen den beiden Hauptorten Oia und Fira wagen.
Da wir zur Nebensaison angereist waren, fanden wir eine angemessen bezahlbare Unterkunft. Immerhin. In den Sommermonaten steigen die Preise für Hotelübernachtungen in Oia auf 500 Euro und mehr an, was übrigens einem halben Monatsgehalt eines griechischen Angestellten entspricht.
Mit der Partyinsel Mykonos ist Santorini eines der beliebtesten, aber auch teuersten Reiseziele in der Ägäis. Da 18 Prozent des griechischen Bruttoinlandprodukts vom Tourismus abhängen, kommt Santorini eine ganz besondere Bedeutung zu.
Das äußert sich auch in ganz banalen Dingen wie Kaffeepreisen. An unserem ersten Tag auf Santorini hatte ich vergessen, meinen Eltern zu sagen, sie sollen Kaffee in der örtlichen Bäckerei fernab der touristischen Hauptstraße kaufen. Mein Vater kam mit drei Espresso zurück und beklagte sich, dass er insgesamt 17 Euro bezahlt habe. Dabei kostet ein typischer Kaffee zum Mitnehmen in Griechenland normalerweise rund 2 Euro.
Großer Andrang nach Pandemie
Bei unserem Besuch Ende März waren die Vorbereitungen für die kommende Saison bereits in vollem Gange: Überall in Oia verpassten Arbeiter den markanten weißen Gebäuden einen frischen Anstrich, das Hämmern und der Krach von Bohrmaschinen erfüllte die Luft.
Vor der Pandemie zeigte sich die EU besorgt über den touristischen Ansturm auf Santorini. Im Jahr 2019 zählte die Insel zwei Millionen Besucher - nicht zuletzt, weil täglich bis zu 3000 Kreuzfahrtgäste kamen. In den fünf Jahren vor Ausbruch der Corona-Pandemie stiegen die Übernachtungszahlen auf Santorini um 66 Prozent.
Doch in den letzten Jahren hat sich die Sorge um den sogenannten Overtourism gelegt. Vielmehr ist das Gegenteil der Fall: Nach der entbehrungsreichen Pandemiezeit versuchen griechische Tourismusunternehmen nun händeringend, Reisende ins Land zu locken. 2020 besuchten nur 7,4 Millionen Touristen Griechenland. Doch nun scheint sich die Branche zu erholen. Letztes Jahr registrierten griechische Flughäfen 31 Millionen internationale Ankünfte und übertrafen damit sogar die Zahlen von 2019.
Wird 2023 neue Besucherrekorde setzen?
Reiseleiter Kostas Sakavaras jedenfalls fühlt sich "überwältigt" vom Andrang. "Die Saison 2021 war bisher meine beste, mit einem gesunden Ausgleich zwischen Arbeit und Freizeit," verrät er mir. "2022 war anstrengender, und meine Buchungen für 2023 deuten darauf hin, dass es richtig anstrengend für mich wird."
Sakavaras und seine Frau betreiben das Caveland Hostel, welches schon jetzt bis Ende Oktober ausgebucht ist. Sakavaras sieht den Andrang mit gemischten Gefühlen entgegen. "Die Infrastruktur der Insel ist nicht für so große Besucherströme ausgelegt", erzählt er mir. "Die Müllbeseitigung und Verkehrssituation werden jedes Jahr zu einer größeren Herausforderung." Und tatsächlich fiel uns während unseres Besuchs viel Müll auf, der auf der Insel herumlag.
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Ein Hoch auf die Nebensaison
In der Nebensaison hierher zu kommen war eine gute Idee. Unser Mietwagen war erschwinglich und wir standen nicht im Stau. Zudem waren genügend Bars und Restaurants geöffnet.
So viel zu den Vorteilen. Die Nachteile dieser Jahreszeit sind allerdings auch nicht unerheblich. So ist stürmisches Wetter keine Seltenheit und nachts fallen die Temperaturen erheblich.
Trotz der Kälte beobachteten wir in Oia viele junge, leicht gekleidete Frauen, die in farbenfrohen Outfits für Fotos posierten. Diese Urlauberklientel ist wahrscheinlich Santorinis Popularität in den sozialen Medien geschuldet. Vermutlich haben manche von ihnen ein Fotoshooting-Trip gebucht, um sich im besten Licht zu inszenieren. Tatsächlich ist es dieser selbstverliebte Instagram-Tourismus, der die Insel in Verruf gebracht hat.
Trotz großer touristischer Nachfrage sollte niemand vergessen, dass auch Einheimische auf Santorini leben. In Oia finden sich etwa zahlreiche Schilder, die von der Bürgerinitiative "Save Oia" aufgestellt wurden und Besucher daran erinnern, leise zu sein und sich von Privatgrundstücken fernzuhalten.
Was ist die beste Reisezeit?
Wenn es unbedingt nach Santorini gehen soll, empfehlen sich Frühling und Herbst, denn im Sommer ist es brechend voll. Trotz Touristenmassen ist die Insel einen Besuch wert. "Santorini ist nicht ohne Grund berühmt, denn die Schönheit ist wirklich einzigartig", resümierte meine Mutter nach unserer Reise. "Aber ich bin wirklich froh, dass wir in der Nebensaison gekommen sind."
11 Geheimtipps für Griechenland
Der Sommer 2022 lief für Griechenland bestens, das Land zählt zu den Top-Zielen in Europa - und will die Urlaubssaison nun bis zum Jahresende verlängern. Hier sind 11 Tipps für die Nachsaison - abseits des Mainstream.
Bild: Sarah Hucal/DW
Santorini - entspannt in der Nachsaison
In den Sommermonaten waren die bei Touristen beliebten Inseln wie Rhodos, Kreta oder Santorini (Foto) ausgebucht. Jetzt, in der Nachsaison, hat man beste Chancen, die Inseln endlich einmal ohne Menschenmassen zu erleben. Und es gibt noch viel mehr Orte - sowohl Inseln als auch auf dem Festland - wo man jetzt das ursprüngliche Griechenland in vollen Zügen genießen kann.
Es sind nur zwei Bootsstunden von Athen zu Kykladen-Insel. Viele lassen sie links liegen, was für ein Fehler! Denn Adros ist eine Perle unter den Inseln der südlichen Ägäis: wasserreich und sehr grün, zu erwandern auf hunderten Kilometern Wanderwegen. Als Sahnehäubchen obendrauf gibt es charmante Städte wie Basti (Foto) und wundervolle Strände, beispielsweise Zorkas und Vori.
Bild: Rupert Oberhäuser/picture alliance
Naxos - Wandern über den Kykladen
Für die größte Kykladeninsel empfehlen wir, ein Auto zu mieten und Dörfer wie Apiranthos oder Filoti zu besuchen. Unbedingt probieren: lokalen Käse. Naturliebhaber sollten zur Zeus-Höhle wandern, wo der griechische Gott Zeus seine Kindheit verbracht haben soll. Die Wanderung kann mit einem Abstecher auf den Zas-Gipfel verbunden werden, dem höchsten Berg der Kykladen.
Bild: Chun Ju Wu/Zoonar/picture alliance
Seitan Limania Strand - Planschen im Paradies
Selbst Kreta hat noch Stellen, die nicht jeder kennt. Im Westen der Insel, in der Nähe von Chania, liegt diese atemberaubende Bucht. Über steile Klippen führt ein schmaler Pfad hinunter zu dem versteckt gelegenen Strand mit seinem türkisblauen Wasser. Hier gibt es weder Liegen noch Sonnenschirme, nur Natur. Es ist so erfreulich wenig los, dass man höchstens Mal einer Ziege begegnet.
Bild: Nicolas Economou/NurPhoto/picture alliance
Chalki - Karge Insel mit Charme
Chalki, manchmal auch Halki geschrieben, ist eine kleine Insel der Inselgruppe Dodekanes, die für Tagesausflüge von der Insel Rhodos aus beliebt ist. Wir empfehlen ein bis zwei Nächte in der Hafenstadt Nimborio zu verbringen - eine der wenigen bewohnten Siedlungen der Insel. Chalki ist zwar nicht besonders grün, bietet aber kristallklares Wasser, beispielsweise am Pontamos Strand.
Bild: Rainer Hackenberg/picture alliance
Mani - Unvergleichliche Architektur
Das hoch über der Ägäis gelegene Steindorf Vathia ist ein beeindruckendes Beispiel für die einzigartige Architektur auf der Halbinsel Mani, einem Zipfel im südlichen Teil des griechischen Festlands, dem Peloponnes. Besuchen Sie die Küstendörfer Kardamyli und Stoupa oder erkunden Sie die Höhlen von Diros, die Sie nach einer 25-minütigen Bootsfahrt und einer kurzen Wanderung erreichen.
Bild: K. Wothe/picture alliance/imageBROKER
Paxos - Poseidons Ort der Erholung
Paxos ist die kleinste der sieben Ionischen Inseln und ein Liebesnest, zumindest der Sage nach. Geschaffen von Poseidon für sich und seine geliebte Aphrodite. Paxos ist zehn Kilometer lang und zwei Kilometer breit, also wirklich winzig. Viele Badebuchten, dazu die kleine Hafenstadt Gaios mit ihren Cafes und Bars - Entspannung pur. Ein Erlebnis: der Sonnenuntergang am Strand von Erimitis.
Bild: Harris Dro/picture alliance/Loop Images
Das antike Theater von Epidauros - Akustik mit Aussicht
Das antike Kalksteintheater in der Nähe der Stadt Epidauros stammt aus dem 4. Jahrhundert v. Chr. und liegt auf dem Berg Kynortion. Zu seiner Zeit galt es als Beispiel für akustische und ästhetische Perfektion und bot Platz für etwa 14.000 Zuschauer. Auch heute noch werden dort antike Dramen aufgeführt. So findet beispielsweise jeden Sommer das Epidauros-Festival statt.
Bild: F. Scholz/picture alliance/imageBROKER
Spetses - Abgeschiedene Strände
Bekannt sind die Saronischen Inseln wegen Hydra. Künstler entdeckten die Insel in den Sechzigerjahren als Refugium für sich, Singer-Songwriter Leonard Cohen hatte hier ein Haus. Weniger bekannt ist die Nachbarinsel Spetses, sie ist exklusiv und elegant - ein beliebtes Tagesausflugsziel für stadtmüde Athener. Toll: Es gibt fast keine Autos, auf Spetses fährt man mit dem Rad oder der Pferdekutsche.
Dieser Ort in der Region Lakonien auf dem Peloponnes ist nicht nur für sein azurblaues Wasser bekannt. Die Geschichte der mittelalterlichen Stadt geht auf das 6. Jahrhundert zurück, als sich die Bewohner auf einem Felsen niederließen, der 375 n. Chr. durch ein Erdbeben vom Festland abgespalten worden war. Die Burgstadt wurde unsichtbar vom Festland aus gebaut, um sich gegen Feinde zu schützen.
Bild: Paul Williams/FunkyStock/picture alliance/imageBROKER
Die Dörfer von Pilio - Wohnen im Wald
Pilio ist eine gebirgige Halbinsel mit einer Vielzahl von charmanten Dörfern inmitten von Wäldern. Viele, wie Makrinitsa (Bild), bieten einen tollen Blick auf die Ägäis. Die traditionelle Steinarchitektur und die verschlungenen Pfade durch die Wälder verleihen den Dörfern ein märchenhaftes Flair. Neben schönen Stränden gibt es gute Wanderwege, die viele der Dörfer miteinander verbinden.
Bild: Nicolas Economou/NurPhoto/picture alliance
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Dieser Artikel wurde von Benjamin Restle aus dem Englischen übersetzt.