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Politik

Wie kam es zum Streit im Hambacher Forst?

Friedel Taube
28. August 2018

Der Streit um den Hambacher Forst entzweit die Kohlekommission. Jetzt will ein Energiebetreiber mit der Säge Fakten schaffen. Wie kam es dazu? Ein Rückblick.

Razzia in  Aktivisten-Camp im Hambacher Forst
Bild: picture-alliance/dpa/H. Kaiser

Eigentlich sollte sie für Verständigung sorgen - und für eine einvernehmliche Lösung der Frage, wie Deutschland am besten den Ausstieg aus der Braunkohle schafft. Jetzt aber gab es bereits bei der dritten Sitzung der Kohlekommission Streit. Thema ist wie so oft die umstrittene Rodung des Hambacher Forstes, einem 1200 Jahre alten Wald zwischen Köln und Aachen. Seit Jahren kämpfen Aktivisten dagegen, dass der Energiekonzern RWE den Wald Stück für Stück rodet, um an Braunkohle zu gelangen. Im Oktober will RWE die Rodung fortsetzen. Einige Mitglieder der Kohlekommission fordern die Bundesregierung auf, ein Moratorium zu verhängen: Im Hambacher Forst sollen zumindest so lange die Sägen stillstehen, wie die Kohlekommission noch tagt.

Chronik: Wie kam es zum Streit?

Um den Streit zu verstehen, muss man ins Jahr 1978 zurückreisen. Damals kaufte die Rheinbraun AG das Gelände, entschädigte die Vorbesitzer und begann Stück für Stück mit der Rodung. 2003 ging das Unternehmen im RWE-Konzern auf, der bis heute das Recht auf Rodung und die Notwendigkeit der Maßnahmen vor Ort betont. Laut Angaben von RWE kann der Konzern allein durch den Tagebau in Hambach 15 Prozent des jährlichen Energiebedarfs in Nordrhein-Westfalen decken. Es gehe zudem um insgesamt rund 30.000 Jobs im Rheinischen Revier, so RWE. Deshalb sei die sukzessive Rodung unumgänglich.

Aktivisten harren in solchen Baumhäusern ausBild: DW/A.-S. Bändlin

Das Argument von Seiten des Konzerns ist im Kern immer das gleiche - allerdings hat sich die Situation in dem ursprünglich rund 12.000 Hektar großen Waldstück seit 2012 deutlich zugespitzt. Damals hatten sich erstmals Gegner der Rodung im Hambacher Forst dauerhaft einquartiert. Nach einer ersten Räumung Ende 2012 kam es aber 2013 erneut zu Protesten. Auf Baumhäusern harren seitdem Aktivisten aus. Immer wieder kommt es dabei auch zu Gewalt - zuletzt wurden am vergangenen Samstag drei Polizisten durch Steine und Böller verletzt. Die Aktivisten verwenden Barrikaden, selbst Handgranaten aus dem Zweiten Weltkrieg wurden gefunden. 2016 erklärte das Oberverwaltungsgericht in Münster das Lager der Protestler im Hambacher Forst für illegal, 2017 entschied das Verwaltungsgericht Köln, dass die Abholzungen rechtmäßig seien.

Symbol des Widerstands

Und trotzdem wichen viele nicht von der Stelle. Mit den Jahren ist das kleine Waldstück für Umweltschützer zu einem Symbol des Widerstandes geworden, so wie früher die Proteste gegen das Atomkraftwerk Brokdorf oder gegen die Castortransporte ins Wendland. 

Schützenswert ist der Hambacher Forst allemal, da sind sich Experten einig: Flora und Fauna sind vielseitig. Das Waldgebiet ist Heimat der bedrohten seltenen Tiere Bechsteinfledermaus, Springfrosch, Haselmaus und Specht. Der Wald beherbergt außerdem jahrhundertealte Bäume wie Winterlinden und Hainbuchen.    

Konflikt spaltet Kohlekommission

Jetzt droht an dem Streit um die alten Bäume die erst im Juni eingesetzte Kohlekommission zu zerplatzen. 28 Mitglieder hat die Kommission - unter anderem aus Politik, Wirtschaft und Umweltverbänden. Verschiedenste Interessen sollten an einen Tisch gebracht werden. Jetzt sorgt genau diese Heterogenität für Probleme. Am Dienstag kündigten der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Greenpeace, der Deutsche Naturschutzring, die Initiative "Buirer für Buir" und der Vorstandsvorsitzende des Landesverbandes Erneuerbare Energien und Grünen-Politiker Rainer Priggen an, die Kommission eventuell verlassen zu wollen, sollte schon ab Oktober gerodet werden.

Rodungsarbeiten im Hambacher ForstBild: picture alliance/dpa/H. Kaiser

Die Grünen-Chefin Annalena Baerbock hatte die Rodungspläne scharf kritisiert. "Während in Berlin über den Kohleausstieg verhandelt wird, will RWE im Hambacher Wald mit der Kettensäge Fakten schaffen. Das zerstört jedes Vertrauen", sagte sie. 

Die Abholzungsgegner haben jetzt also prominente Unterstützer in Berlin - eine Lösung des gewaltsamen Kleinkriegs zwischen alternativer Szene, Polizei und RWE im Wald ist indes weniger denn je in Sicht.

 

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