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PolitikEuropa

Wie kann die EU Spionage abwehren?

Ella Joyner
27. April 2024

Eine Reihe von Skandalen um Spionage und Einfluss aus Russland und China halten die EU auf Trab. Die Institutionen bemühen sich, die Probleme vor den Europawahlen im Juni in den Griff zu bekommen.

Eine Sitzung des EU-Parlaments
Debatte im EU-Parlament - bisher ist die Arbeit der Geheimdienste in der EU eine nationale Angelegenheit Bild: OLIVIER HOSLET/EPA

In den vergangenen anderthalb Jahren gab es eine Reihe von Skandalen um Einfluss aus dem Ausland, in die EU-Parlamentarier verwickelt waren. Immer neue Enthüllungen mutmaßlicher Spionage werden kaum helfen, kurz vor den Wahlen zum Europäischen Parlament das Vertrauen der Öffentlichkeit zu gewinnen.

Chronologie der Enthüllungen

Ab Dezember 2022 wurden Vorwürfe laut, Parlamentarier und ihre Mitarbeitenden hätten Geld aus Katar, Marokko und Mauretanien angenommen.

Anfang dieses Jahres behauptete das investigative Magazin The Insider, die lettische Abgeordnete Tatjana Zdanoka habe jahrelang mit Vertretern des russischen Geheimdienstes zusammengearbeitet.

Vor einem Monat verhängten tschechische Behörden Sanktionen gegen das Internetportal Voice of Europe. Die Begründung: Es sei Teil einer russischen Operation mit dem Ziel, Einfluss zu nehmen. Im Zusammenhang mit diesen Enthüllungen sagte der belgische Premierminister Alexander De Croo, Russland habe EU-Abgeordnete angesprochen und bezahlt, "um russische Propaganda zu fördern".

Ein Mitarbeiter des AfD-Europaabgeordneten Maximilian Krah wurde festgenommen, weil er für China spioniert haben sollBild: Jean-Francois Badias/AP Photo/dpa/picture alliance

In dieser Woche ordnete die deutsche Staatsanwaltschaft die Festnahme eines deutschen Staatsangehörigen an: Jian G., Assistent des Europaabgeordneten Maximilian Krah von der in Teilen rechtsextremen Partei Alternative für Deutschland (AfD) Laut den Ermittlern arbeitete G. nicht nur für den Politiker, sondern auch für den chinesischen Geheimdienst.

Krah setzt sich häufig für bessere Beziehungen zu Russland und China ein. Medienberichten zufolge hat der Politiker Geld für die Verbreitung prorussischer Botschaften angenommen. Er selbst weist dies vehement zurück. Diesen Mittwoch erklärte Krah, er werde Spitzenkandidat der AfD bei den Europawahlen vom 6. bis 9. Juni bleiben, aber seinen Assistenten Jian G. sofort entlassen. Stunden später gab eine deutsche Staatsanwaltschaft bekannt, Vorermittlungen gegen Krah eingeleitet zu haben.

Schlechte Aussichte für die Demokratie

Die EU-Abgeordneten sind sich bewusst, wie das alles für die Wähler aussieht. "Dieses Parlament muss dringend aufklären, was passiert ist. Und dann Konsequenzen ziehen", sagte die deutsche Politikerin Terry Reintke, eine der beiden Spitzenkandidaten der Grünen, der DW in Straßburg. "Ich glaube, dass diese Untersuchung vor den Europawahlen abgeschlossen werden sollte, weil die europäischen Bürger es verdient haben zu wissen, was auf dem Wahlzettel steht."

Das Portal "Voice of Europe" wurde von Tschechien wegen pro-russischer Einflussnahme sanktioniertBild: Robin Utrecht/picture alliance

Am Donnerstag dann verabschiedete das Europäische Parlament eine Resolution, in der sich die Abgeordneten empört darüber zeigten, dass sich Mitglieder des Parlaments "an einem prorussischen Medienportal, 'Voice of Europe', beteiligen, während Russland seinen rechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine führt".

In dem Text werfen die Abgeordneten Russland vor "systematisch Kontakte zu rechts- und linksextremen Parteien, Persönlichkeiten und Bewegungen" zu pflegen, um letztlich "seinen rechtswidrigen und kriminellen Handlungen einen legitimen Anstrich zu verleihen".

Vor allem Spionage aus Russland

Nicht nur EU-Institutionen sind offenbar von Interesse. In dieser Woche wurden in Deutschland und Großbritannien Personen verhaftet, die verdächtigt werden, für China zu spionieren. Peking hat die Anschuldigungen als unbegründet und politisch motiviert zurückgewiesen.

In der Europäischen Union ist Spionage aus Russland allerdings ein größeres Problem als die Agententätigkeit von China. Das zeigt eine Analyse der staatlichen Schwedischen Agentur für Verteidigungsforschung. In den meisten untersuchten Fällen, bei denen Europäer zwischen 2010 und 2021 der Spionage überführt worden waren, steckte Moskau dahinter

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Nach Russlands Einmarsch in die Ukraine im Februar 2022 wiesen EU-Staaten hunderte russischer Diplomaten aus - 490 in den ersten elf Monaten des Konflikts. Das ergab eine Analyse von Elzbieta Kaca vom Polnischen Institut für Internationale Angelegenheiten (PISM). Die meisten von ihnen wurden verdächtigt, für oder mit Geheimdiensten zu arbeiten.

Laut Kaca ist die russische Überwachung "besonders aktiv in Ländern, in denen sich die Infrastruktur der NATO und die Hauptquartiere internationaler Institutionen befinden".

Vorschläge von Belgien und Tschechien

Nach dieser Logik ist Belgien ein Hauptziel - als Sitz der meisten EU-Institutionen und des Hauptquartiers des Nordatlantischen Verteidigungsbündnisses (NATO). Premierminister Alexander De Croo betonte wiederholt die besondere Verantwortung seines Landes. In einem gemeinsamen Brief forderten er und sein tschechischer Amtskollegen Peter Fiala aber auch die EU unter anderem auf, eine engere Koordinierung und neue Sanktionsinstrumente in Betracht zu ziehen. Die EU solle auch prüfen, ob die kürzlich geschaffene Europäische Staatsanwaltschaft solche Einmischungen strafrechtlich verfolgen könne.

Derzeit hat Belgien den Vorsitz im Rat der Europäischen Union, in dem Mitglieder der Regierungen von EU-Mitgliedsstaaten zusammenkommen. In dieser Funktion hat Belgien am Mittwoch einen Krisenmechanismus in Gang gesetzt, der einen verstärkten Informationsaustausch zwischen den Mitgliedsstaaten fordert.

Arbeiten die Mitgliedstaaten gut zusammen?

Insgesamt hat die Zusammenarbeit der EU-Mitgliedstaaten in den letzten Jahren zugenommen, vor allem bei der Terrorismusbekämpfung. Doch alles was Geheim- oder Nachrichtendienste betrifft, behandeln die EU-Staaten als nationale Angelegenheit.

Hier gibt es Raum für Verbesserungen, stellt Elzbieta Kaca von PISM in ihrer Analyse fest. Die Zusammenarbeit auf EU-Ebene werde behindert, weil es zu wenig gegenseitiges Vertrauen gebe und weil Bedrohungen unterschiedlich wahrgenommen würden. Helfen könnte der außenpolitische Arm der EU, der Europäische Auswärtige Dienst, indem er Berichte über Vorfälle zusammenstellt, schlägt sie vor.

Verpasste Chancen für eine echte Reform?

Das Europäische Parlament sieht sich von den Untersuchungen nationaler Behörden abhängig und verweist auf eine Reihe von Resolutionen und Reformen zu Transparenz, die im Zuge des Katargate-Skandals verabschiedet wurden. Nick Aiossa von der Anti-Korruptions-Organisation Transparency International reicht das nicht. Das Parlament stehe in der Verantwortung, sich mit wirklich ehrgeizigen Reformen zu schützen.

"Sie brauchen eine unabhängige Aufsicht, die sie nicht haben. Sie brauchen eine Überwachung von Nebentätigkeiten. Sie brauchen mehr Offenlegungen darüber, was die Mitglieder nebenbei machen und wer sie bezahlt", sagte Aiossa der DW. "Einer der sichersten Wege, böswilligen Einfluss in einer demokratischen Institution zu bekämpfen, sind starke Integritätsmaßnahmen für die Mitglieder dieser Institution und ihre Mitarbeiter."

Aus dem Englischen adaptiert von Uta Steinwehr

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