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Wie kann Ghana von teurem Kakao profitieren?

Isaac Kaledzi | Andreas Becker | Silja Fröhlich
12. Mai 2024

Der Weltmarktpreis für Kakao hat ein Rekordhoch erreicht, doch kaum etwas von den Einnahmen landet bei Ghanas Bauern. Was muss sich ändern?

Zwei Kakaobauern in Ghana vor ihrer Ernte
Ghanas Kakaobauern geben sich nicht mit den niedrigen Löhnen für ihren Kakao zufriedenBild: cristina Aldehuela/AFP/Getty Images

Kingsley Owusu ist in seinem Bezirk Afigya Kwabre in der ghanaischen Ashanti-Region bekannt. Zusammen mit anderen Landwirten baut er seit über 30 Jahren Ghanas wichtigstes Exportgut an: Kakao. Viele Jahre lang konnte er dank der Erträge seine Kinder ernähren, doch jetzt macht sich der 60-jährige Owusu Sorgen um seinen eigenen Lebensunterhalt.

"Meine Produktion ist aufgrund des Klimawandels und wegen Krankheiten zurückgegangen. Auch die illegalen Bergbauaktivitäten tragen dazu bei", erzählt Owusu der DW. Er verdiene kaum genug, um über die Runden zu kommen. Früher produzierte Owusu etwa zehn Säcke Kakao pro Saison, jetzt hat er Mühe, drei Säcke zu füllen.

Wer bestimmt den Kakaopreis?

Kakao ist eine milliardenschwere Industrie. Jährlich produzieren afrikanische Bauern Dreiviertel der weltweit geernteten 4,70 Millionen Tonnen Kakao. Ghana und die Elfenbeinküste allein produzieren fast 60 Prozent davon. Doch das spiegelt sich nicht in den Geldbörsen der Bauern wieder: Sie erhalten nur etwa fünf Prozent des Verkaufspreises einer Tafel Schokolade.

In den letzten Jahren ist die Produktionsmenge von Kakao in Ghana stark zurückgegangen. Die Gründe: überalterte Kakaobäume, schlecht bewirtschaftete Plantagen und extreme Trockenheit.Bild: DW/Gerlind Vollmer

"Gemessen am Weltmarktpreis sollten wir mehr erhalten", sagt Kakaobauer Owusu zur DW und weist darauf hin, dass der Kakaopreis auf dem Weltmarkt aktuell bei 10.000 Dollar pro Tonne stehe. Der Kakaopreis wird vor allem an den Warenterminbörsen bestimmt, die sich nach Angebot und Nachfrage richten. Der Verkauf von Kakaobohnen basiert jedoch auf den Standards der einzelnen Länder, wobei die Kakaohandelssysteme in Afrika oft sehr unterschiedlich strukturiert sind.

In der Elfenbeinküste zum Beispiel, dem führenden Erzeuger, können Bauern ihre Bohnen an Genossenschaften verkaufen, denen sie angehören, oder direkt mit privaten Einkaufsgesellschaften handeln. In Ghana hingegen, dem weltweit zweitgrößten Kakao-Exporteur, können Bauern nicht mit externen Käufern handeln, sondern dürfen nur an die staatliche ghanaische Kakaobehörde COCOBOD verkaufen, die das Produkt dann auf dem Weltmarkt weiterverkauft.

Ghanas Bauern haben kein Mitspracherecht beim Preis

Und genau die soll nun helfen. COCOBOD kündigte in einer Erklärung an, dass die Zahlungen an Kakaobauern deutlich erhöht werden, "um das Einkommen der Kakaobauern zu verbessern". Anstatt des bisherigen Preises von 20.928 ghanaischen Cedis (1460 Euro / 1557 US-Dollar) pro Tonne wurde eine Erhöhung um fast 60 Prozent zugesagt: 33.120 Cedis pro Tonne. Das entspricht 2070 Cedis pro Sack Kakao mit einem Bruttogewicht von 64 Kilogramm.

Dieser Schritt reicht vielen der ghanaischen Bauern jedoch nicht. Auch Moses Djan Asiedu, Vorstandssekretär der West African Cocoa Farmers Organization, schließt sich den Bedenken an. "COCOBOD ist ein Preismacher, und der festgesetzte Preis entzieht sich der Kontrolle der Bauern. Wir denken, dass die Einrichtung, die den Preis festlegt, nicht fair ist", sagte er der DW.

Daher sei es wichtig, Kakaobauern eine Stimme und eine Plattform zu geben. Die Lösung: Kooperativen und Lobbyarbeit. "Wenn wir uns zusammentun und mit einer Stimme sagen, dass dies nicht erlaubt werden kann, kann das die Preisfrage verändern", so Asideu.

Terminverkäufe für mehr Sicherheit im Kakaogeschäft?

Der Sprecher des COCOBOD, Fiifi Boafo, erläuterte der DW, dass ein Anstieg der Kakaopreise auf dem Weltmarkt "den Landwirten die Möglichkeit bietet, ihr Einkommen zu verbessern", und fügte hinzu, dass sie mit den Landwirten "Terminverkäufe" abschließen.

Die ghanaische Politik der Weitergabe von Kakaoverkaufspreisen bedeutet jedoch, dass die Erzeuger von den Preisen abhängig sind, denen die Regierung zustimmt, ohne ein unabhängiges Mitspracherecht zu haben. Laut COCOBOD soll diese Politik sowohl der Regierung als auch den kakaoproduzierenden Bauern eine kollektive Kontrolle über die Mechanismen von Angebot und Nachfrage auf dem Rohstoffmarkt ermöglichen. Dies soll zukünftige Kakaolieferungen sichern, etwaige Preisschwankungen ausgleichen und gleichzeitig den Markt stabilisieren.

Wie man in Ghana Kakaobauer wird

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Bauern-Fürsprecher Asiedu kritisiert diese Regelung: Sie mache kakaoproduzierende Länder wie Ghana hilflos, wenn es darum geht, faire Preise für alle zu sichern. Asiedu sieht in der staatlichen Einmischung die Ursache für die Benachteiligung der Produzenten: "Die Regierung betrachtet nur die Kosten, die mit der Verarbeitung des Kakaos verbunden sind, bevor sie den Bauern einen Preis anbietet", sagte er der DW.

Schmuggel auf den freien Markt

COCOBOD-Vertreter Boafo räumt ein, dass diese Politik des Vorwärtsverkaufs von Ghanas Kakao die Gewinnmöglichkeiten der Bauern einschränkt, wenn wie aktuell die Preise auf dem Weltmarkt gestiegen sind. Er ist jedoch der Meinung, dass die ghanaische Regelung auch ihre Vorteile hat und die Landwirte in der Vergangenheit geschützt hat, indem sie verlässliche Preise für ihre Ernten festlegte.

Viele ivorische und ghanaische Landwirte schmuggeln ihre Bohnen in Länder wie Kamerun, Togo oder Burkina Faso, in denen sie mehr Geld einbringen, da sie dort privat verhandeln können. Die Regierung hatte sich erhofft, durch die Preisanpassungen Landwirte zu ermutigen und den Schmuggel zu verhindern. Ghana hat im vergangenen Jahr 150.000 Tonnen Kakaobohnen durch Schmuggel verloren, wie COCOBOD-Geschäftsführer Joseph Boahen Aidoo mitteilte. COCOBOD arbeitet daher mit der Polizei zusammen, um den Schmuggel von Kakao in die Nachbarländer einzudämmen.

Prämien für gute Kakaoqualität - ein Lösungsansatz?

In Ghana schrumpfe der Kakao-Sektor, beklagt Bauernvertreter Asiedu. Viele Bauern geben entweder ihren Betrieb auf oder gehen in den Ruhestand, ohne dass jemand den Hof weiterführt. "Etwa 70 Prozent der Bauern sind überaltert. Ihnen fehlt die Kraft, ihre Farmen zu erhalten, vor allem, weil sie nicht genug Geld für ihre Arbeit bekommen", erklärte Asiedu.

Um diesen Trend zu stoppen, erklärten sowohl die Elfenbeinküste als auch Ghana im Jahr 2019, dass Kakaokäufer eine zusätzliche Prämie von 400 US-Dollar pro Tonne gekaufter Kakaobohnen zahlen müssen, um den sich verändernden Kakaoarbeitsmarkt zu kompensieren - das sogenannte Living Income Differential.

Eine neue Studie der humanitären Organisation Oxfam legt jedoch nahe, dass dieser Ansatz gescheitert ist: Zum einen aufgrund der steigenden Rohstoffpreise, zum anderen, weil die Händler auch eine ausgehandelte Prämie für Kakao zahlen, die auf Qualitäten wie Geschmack, Fettgehalt oder Bohnengröße basiert - das so genannte "Länderdifferential". Viele Kakaokäufer reduzierten die Länderzuschläge für die Elfenbeinküste und Ghana, nachdem diese die 400-Dollar-Prämie zur Unterstützung der Bauern eingeführt hatten.

Die Kakaobohnen gehen aus

Unterdessen bahnt sich eine weitere große Krise für den Kakao an: An afrikanischen Kakaopflanzen wachsen weniger Bohnen. Zwischen 2021 und 2022 produzierte Ghana rund 750.000 Tonnen Kakaobohnen - doch die ghanaische Kakaoproduktion für die Saison 2023/2024 wird voraussichtlich um fast 40 Prozent fallen. Dies sei der Auslöser dafür, dass die Preise auf dem Weltmarkt 10.000 Dollar pro Tonne überschritten haben, so Boafo.

Auch Faktoren wie der Klimawandel bedrohen den Kakao-Sektor, so Asiedu. "Wir haben ungewöhnliche Regenfälle und Dürren, und manchmal kann man das nicht vorhersagen. Landwirte müssen eine ganze Reihe von Probleme, wie Krankheiten, in den Griff bekommen", sagt er der DW. "Manchmal wird auch der Zugang zu Pestiziden zur Krankheitsbekämpfung zum Problem".

Boafo fügt hinzu, dass zum Schutz des Sektors und zur Bekämpfung der globalen Erwärmung intelligente Anbaumethoden angewandt werden müssten: "Der Klimawandel ist ein großes Problem. Es ist wichtig, dass wir in der Lage sind, mit den Auswirkungen des Klimawandels umzugehen."

Ghana: Nachhaltigkeit im Kakaoanbau

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Dafür sicherte sich COCOBOD im Februar bei der Weltbank ein Darlehen von 200 Millionen US-Dollar für die Sanierung von Plantagen, um von Krankheit befallene Kakaobäume zu entfernen und zu ersetzen und Pflanzen bis zur Fruchtbildung aufziehen, bevor sie an die Bauern zurückgegeben werden.

Die Verantwortung der Kakao-Käufer

Um jedoch das Grundproblem des fairen Preises zu lösen, bedarf es einer Zusammenarbeit zwischen Produktionsländern und den Käufern des Rohkakaos, die den größten Einfluss auf die Preise haben, die den Bauern gezahlt werden. In diesem mittlere Bereich der Lieferkette müsse sich etwas ändern, so das Kakaobarometer 2022, eine Studie, die hauptsächlich aus Entwicklungsgeldern unter anderem Deutschlands finanziert wurde.

"Die Kakaobauern sind bereit, wir nehmen die Herausforderung an, etwas gegen die derzeitige Situation zu tun, weil unsere Lebensgrundlage bedroht ist", so Asiedu. "Aber wir haben nicht das Zeug dazu, alle Probleme zu lösen, und wir brauchen die Unterstützung anderer Akteure: Verarbeiter, Chocolatiers, Transporteure."

Große Schokoladenunternehmen wie etwa Cemoi und Nestlé haben sich bereits verpflichtet, Bauern mehr Geld für nachhaltige Praktiken zu zahlen. Doch das Kakaobarometer argumentiert, dass diese Art von Programmen vage und ineffektiv sind: "In der Praxis zahlt kein einziges großes Schokoladen- oder Kakaounternehmen höhere Preise ab Hof."

Tony's Chocolonely, ein Schokoladenunternehmen, das von niederländischen Journalisten gegründet wurde, hat längerfristige Verträge mit Bauern geschlossen, die auf angemessenen Preisen basieren. Diese Preise hängen vom Referenzpreis für ein existenzsicherndes Einkommen ab, einem Zuschlag, der den Landwirten gezahlt wird, um ein existenzsicherndes Einkommen zu erzielen, das mit den Lebenshaltungskosten steigt. Dieser Zuschlag ist im Rahmen von Fairtrade freiwillig.

Doch eine freiwillige Zahlung fairer Preise ist keine langfristige Option. Es ist Zeit, dass "Schokoladengiganten ihren Worten Taten folgen lassen", so Amitabh Behar, Interimsgeschäftsführer von Oxfam International Behar. Denn erst wenn auch die Bauern vom Geschäft leben können, ist es ein süßer Deal für jeden im Kakao-Geschäft.

 

Adaptiert aus dem Englischen von Silja Fröhlich

Andreas Becker Wirtschaftsredakteur mit Blick auf Welthandel, Geldpolitik, Globalisierung und Verteilungsfragen.
Silja Fröhlich Redakteurin, Reporterin und Moderatorin