Eine umweltfreundlichere Welt - wie machen wir es anders?
1. Oktober 2020Die ökologische Katastrophe ist wohl die größte Herausforderung, vor der die Menschheit jemals stand. Doch die Kluft ist groß: zwischen den Maßnahmen, die eigentlich dringend ergriffen werden müssten und den bruchstückhaften Lösungen, die von Wirtschaft und Politik kommen. Mit denen wollen sie zwar die Emissionen senken, aber den Status Quo ändern, das will niemand.
Die Covid-19-Pandemie in diesem Jahr hat jedoch gezeigt, dass ein radikaler Wandel nicht nur dringend notwendig, sondern auch möglich sein könnte. Doch wie würde unser Leben in einer nachhaltigen Welt aussehen? Und wie kommen wir da hin? In dieser Reihe schauen wir uns einige radikale Ideen an. Können Sie tatsächlich praktikable Lösungsansätze sein?
Amitav Ghosh ist ein bedeutender indischer Schriftsteller, der in seinen Werken die Klimakrise immer wieder thematisiert. Für ihn gehört sie zu den letzten Zerstörungen des Kolonialismus. Er meint, dass die Dinge, die jetzt dringend angepackt werden müssten, vor allem eine Bedrohung für die jenigen sind, die in der heutigen Weltordnung an der Macht sind. Für sie wäre das Ende des Kapitalismus genauso schlimm wie das Ende der Welt.
Doch wie würde das Ende des Kapitalismus, wie wir ihn kennen, aussehen?
Heutzutage ist vor allem unendliches Wachstum das Ziel allen Wirtschaftens. Aber ist auch nachhaltiges Wachstum möglich?
Einige Ökonomen sind der Meinung, dass wir selbst mit erneuerbaren Energien und immer effizienteren Strukturen auf einem Planeten mit endlichen Ressourcen nicht unendlich wachsen können. Ist es also an der Zeit, sich von der Mainstream-Ökonomie zu verabschieden? Sollten wir unsere Wirtschaft kontrolliert schrumpfen lassen?
Vor allem die wohlhabendsten Gesellschaften der Welt müssten den Gürtel enger schnallen. Was an materiellem Wohlstand verloren geht, könnten wir an Freizeit gewinnen. Erschöpfte, gestresste Arbeiter und Angestellte sind weniger geneigt, umweltfreundlich einzukaufen, zu essen und zu reisen. Könnte weniger Arbeit also helfen, sich von diesem zwanghaften Konsum zu verabschieden? Würde das nicht zugleich Freiräume schaffen für einen weniger kohlenstofflastigen Lebensstil?
Gerade für die Industrienationen der Nordhalbkugel würde das einen enormen Wertewandel bedeuten. Können wir uns vom globalen Süden inspirieren lassen?
In Indien leben und arbeiten Umweltaktivisten nach der Philosophie Swaraj. Eco-Swaraj ist zu einer Marke der radikal-grünen Basisdemokratie Indiens geworden. Es geht um den nachhaltigen Umgang mit den natürlichen Ressourcen und Mitbestimmung in der Gemeinschaft. Diese Selbstverwaltungsphilosophie hat uralte Wurzeln auf dem Subkontinent. Befürworter der "Öko-Swaraj" sagen, sie ermögliche nachhaltiges Wirtschaften und vermeide Fehler, die der globale Norden in der Vergangenheit gemacht habe.
Der nigerianische Philosoph Bayo Akomolafe stellt die Annahmen westlichen Wirtschaftens grundsätzlich infrage. Seiner Meinung nach liegt der Ursprung allen Übels in der Aufklärung; als die Menschen begannen, die Natur und sich selbst voneinander getrennt zu betrachten. Das habe die zügellose Ausbeutung der Ressourcen, so wie sie heute stattfindet, erst ermöglicht. In seiner Arbeit stützt er sich auf die Lehren der Yoruba, einer afrikanischen Kultur seiner Heimat. Mensch und Natur leben hier im Einklang miteinander.
Aber wie lässt sich der respektvolle Umgang mit der Natur in Regularien und Gesetze kleiden? Eine weltweite Bewegung setzt sich zum Beispiel dafür ein, der Natur eigene Grundrechte einzuräumen. Indigene Völker tun das bereits. Ein mögliches Vorbild?
Diese Ideen sind Denkanstöße in einer Zeit, in der die Menschheit mit großen Veränderungen konfrontiert ist. Taugen die Ideen zur Umsetzung? Oder werden die Stimmen recht behalten, die argumentieren, der Mensch sei von Natur aus zerstörerisch? Und unsere einzige Hoffnung sei eine Rückkehr zum Leben der Jäger und Sammler unserer Vorfahren.
Alle Videos der Serie produziert von Amanda Couson-Drasner