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KlimaGlobal

Wie passen wir unsere Infrastruktur an extreme Hitze an?

Stuart Braun
6. Juni 2025

Autobahnen, Schienennetze und Brücken, die unsere Versorgung sichern und die Wirtschaft am Laufen halten, wurden nicht für steigende Temperaturen gebaut. Was hilft, damit trotz Klimawandel alles weiter funktioniert?

Deformierter Straßenbelag auf dem Highway 190 im Death Valley in Kalifornien während einer Hitzewelle in den USA im Juni 2024
Mit steigenden Temperaturen deformiert sich der Straßenbelag, wie hier auf dem Highway 190 im Death Valley in Kalifornien während einer Hitzewelle in den USA im Juni 2024Bild: Tayfun Coskun/Andalou/picture alliance

Mittlerweile sieht man die Erderhitzung auch unseren Straßen, Schienen und Brücken an. Die aufeinanderfolgenden globalen Hitzerekorde der vergangenen zehn Jahre stellen die Widerstandsfähigkeit unserer Verkehrsinfrastruktur auf die Probe – und damit auch unsere Mobilität, den Warenhandel und unsere Versorgungssicherheit.

Von Autobahnen an der Küste bis hin zu Eisenbahnstrecken im Hochgebirge – nach Angaben der Boston Consulting Group (BCG) bedrohen Klimarisiken die Verkehrsinfrastruktur überall auf der Welt in besonders starker Weise.

Extreme Hitze verringert die Bodenhaftung auf Straßen und Landebahnen von Flughäfen, verformt und verbeult Eisenbahnschienen, dehnt die Fugen aus, die Brücken zusammenhalten. Die Infrastruktur altert rascher und der Wartungsbedarf steigt – übrigens auch bei Privatfahrzeugen.

Arbeiter kühlen die durch Hitze verformte Third Avenue Bridge zwischen Bronx und Manhattan mit WasserBild: Selcuk Acar/Anadolu/picture alliance

Ein bekanntes Beispiel für das Versagen der Infrastruktur ist eine Brücke in New York, die den Stadtteil Manhattan mit der Bronx verbindet. Sie wurde während einer Hitzewelle Mitte 2024 geöffnet, um Schiffe durchzulassen, und blieb dann in dieser Position stecken, weil sich das Metall der Brückenkonstruktion unter der extremen Hitze ausdehnte. Die Folge: Der New Yorker Berufsverkehr kam für viele Stunden zum Stillstand. 

Und die globale Durchschnittstemperatur steigt weiter, die Überhitzung unseres Planeten nimmt zu.Wie also machen wir unsere Infrastruktur klimasicher?

Hier Ideen und Lösungsmöglichkeiten für drei besonders bedrohte Bereiche.

Wie veränderter Asphalt die Straßen vor dem Schmelzen bewahrt

Wenn die Temperaturen sehr hoch bleiben, neigen normale Asphaltstraßen dazu, Spurrillen zu bilden. Und das Bitumen, also das Bindemittel das sie zusammenhält, kann reißen und ausbluten. Asphaltstraßen, die nicht für extreme Hitze ausgelegt sind, können buchstäblich schmelzen, wenn sich dieses Bindemittel löst. Bei starkem Verkehr kann sich die Oberfläche dauerhaft verformen.

Geschmolzener Asphalt hat im indischen Neu-Delhi während einer Hitzewelle im Mai 2015 eine Straßenmarkierungen verformtBild: Harish Tyagi/EPA/dpa/picture alliance

Aber der Asphalt, der für Autobahnen und Start- und Landebahnen verwendet wird, kann zusätzlich mit bestimmten Modifizierungsmitteln angereichert werden. Sie verringern die Hitzebelastung und machen die Straßen haltbarer.

Im Vergleich ist Beton temperaturbeständiger und bleibt darum in einer heißeren Welt länger stabil. Aber bei seiner Produktion entstehen extrem viele Treibhausgase, die unsere Welt aufheizen.

Eine weitere Möglichkeit ist es, im Asphalt außerdem spannungsabsorbierende Membranschichten, Pflasterstoffe oder bestimmte Geotextilien einzubauen. So wird der Straßenbelag flexibler und hält Belastungen besser stand. 

Fachleute schlagen auch hitzereflektierende Beschichtungen vor und so genannte kühle Beläge. Damit soll der Straßenbelag weniger Sonnenwärme aufnehmen und außerdem wasserdurchlässig sein, das hilft Überschwemmungsschäden zu verhindern.

Dunkelgrauer Asphalt, der sich durch die Sonneneinstrahlung aufheizt, wird mit erdölbasierten Bindemitteln hergestellt. Kühle Beläge dagegen bestehen aus durchsichtigen, holzbasierten Harzen und haben eine stärker reflektierende Oberfläche. Schon eine Mischung aus dunklem Asphalt und hellem Beton kann gegen das Aufheizen der Oberfläche helfen.

In Phoenix im US-Bundesstaat Arizona wird ein hellerer, kühler Straßenbelag verlegt, um die Auswirkungen von Hitze zu bekämpfen Bild: City of Phoenix via AP/picture alliance

Was hält den Schienenverkehr bei Hitze in der Spur? 

Wenn Eisenbahnschienen sich unter extremer Hitze verbiegen, können Züge entgleisen. Das geschah vergangenes Jahr bei einem Güterzug in Australien. In weniger schlimmen Fällen kann es zu Streckensperrungen und Zugverspätungen kommen.

"Wenn Züge als CO2-arme und klimafreundliche Verkehrsmittel der Zukunft erfolgreich sein sollen, müssen sie widerstandsfähig sein gegen die extremen Wetterbedingungen, die durch den Klimawandel verursacht werden", sagt Juliet Mian. Die Bauingenieurin betreut den Bereich Widerstandsfähigkeit kritischer Infrastruktur bei der Unternehmensberatung Arup.

"Der Schienenverkehr ist für Unternehmen und Gemeinden lebenswichtig, deswegen sollten jetzt die richtigen Entscheidungen getroffen werden, damit die Züge auch künftig fahren können."

Damit Züge auch in einer heißeren Zukunft fahren können, müssen die Schienen und Gleise hitzeresilienter werdenBild: Christoph Hardt/Panama Pictures/picture alliance

Um das Schienennetz gegen hohe Temperaturen widerstandsfähiger zu machen, lässt der zum Beispiel der britische Bahnbetreiber Network Rail einen Teil der Schienen weiß lackieren. So nehmen sie weniger Wärme auf und dehnen sich weniger aus. Im Vergleich zu herkömmlichen dunklen Schienen bleiben weiße Schienen um bis zu zehn Grad Celsius kühler.

Eine weitere Möglichkeit gegen "einknickende" Schienen: veraltete Holzschwellen durch Stahlbetonplatten ersetzen.

Auch das verhindert Zugentgleisungen bei Hitze: Als die Schienentemperaturen im Sommer 2024 57 Grad Celsius überschritten, drosselte die Metro in Washington D.C die Höchstgeschwindigkeit auf 56 Stundenkilometer, wie Suyun Paul Ham berichtet. Er ist außerordentlicher Professor für Bauingenieurwesen an der Universität von Texas. Ihm zufolge können zudem hitzebeständigen Materialien, wie harter Martensit-Schienenstahl, die Verformung von Bahnschienen verringern.

Dunkle Schienen verformen sich leicht bei HitzeBild: Bulkin Sergey/picture alliance

Hohe Temperaturen schaden Brücken - und wie man sie besser bauen kann 

Unsere Brücken, die größtenteils aus Stahl bestehen, sind besonders anfällig für eine thermische Ausdehnung. Und die wiederum führt zu einer Verschlechterung der Brückenstruktur.

Weil die weltweit steigenden Temperaturen die Belastung für die Brücken erhöhen, könnte bis 2040 laut einer Studie der Colorado State University von 2019 ein Viertel aller rund 600.000 Brücken in den USA in Teilen zusammenbrechen.

Dehnungsfugen oder regelmäßig platzierte Spaltlücken entlang einer Brücke helfen: Sie ermöglichen das Ausdehnen und Zusammenziehen des Überbaus bei Temperaturschwankungen. Diese Fugen verstopfen jedoch leicht, so dass sich die Brücke bei Hitze nicht mehr ausdehnen kann. Und das wiederum führt zu einer Verschlechterung dieser "Brückengelenke".

Bei großer Hitze hat nicht nur die Schifffahrt wegen niedriger Pegel Probleme - auch die Brücken, die über die Flüsse führen, können sich verformen und kaputtgehenBild: Jochen Tack/dpa/picture alliance

Die meisten Brücken wurden bisher gebaut, ohne die extremen Auswirkungen des Klimawandels zu berücksichtigen. Um besser vorbereitet zu sein, simulieren deshalb Forschende der Rutgers University in New Jersey, wie sich Umweltbelastungen und Temperaturschwankungen zwischen 0 und 100 Grad Celsius auf die Brückenkonstruktion auswirken. 

Ein Ergebnis: Brücken könnten mit Kugellagern konstruiert werden. Sie können damit größere Bewegungen aufnehmen, als die üblichen Dehnungsfugen bisher. Auch Regelmäßige Vor-Ort-Inspektionen während und nach extremen Temperaturereignissen können helfen, strukturelle Belastungen zu erkennen und zu reparieren.

Dem Forschungsteam zufolge werden nun viele große Brücken in den USA neu gebaut und für die Zukunft klimasicher gemacht. So wurde etwa die Goethals-Brücke, eine Doppelseilbrücke von 1928, die New Jersey und New York verbindet, nach fast 80 Jahren ersetzt. Die neugebaute Brücke ist nun so konstruiert, dass sie extremer Hitze standhält und mindestens ein Jahrhundert lang stehenbleiben soll.

Dieser Artikel erschien ursprünglich auf Englisch. Adaption: Jeannette Cwienk

Stuart Braun Australischer DW-Journalist und Buchautor.
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