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KonflikteNahost

Wie positionieren sich BRICS-Staaten zum Nahostkonflikt?

Silja Thoms
23. Februar 2024

Globaler Süden gegen dominanten Westen: Im Nahostkonflikt positionieren sich die BRICS-Staaten eher israelkritisch und auf Seiten der Palästinenser. Doch eine offizielle gemeinsame Haltung der Gruppe gibt es nicht.

Gruppenfoto der Regierungschefs der BRICS-Länder beim 15. BRICS-Gipfel. VLNR: Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva, Chinas Präsident Xi Jinping, Südafrikas Staatschef Cyril Ramaphosa, Indiens Premier Narendra Modi und Russlands Außenminister Sergej Lawrow
Fünf Männer, fünf Meinungen: Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva, Chinas Präsident Xi Jinping, Südafrikas Staatschef Cyril Ramaphosa, Indiens Premier Narendra Modi und Russlands Außenminister Sergej Lawrow Bild: Prime Ministers Office/ZUMA Press/picture alliance

Ein Gegengewicht zur westlichen Dominanz bilden - das war von Beginn an eines der zentralen Anliegen der BRICS-Staaten Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika. Bei der Haltung zum Krieg zwischen Israel und der militant-islamistischen Hamas, überwiegen israelkritische Positionen.

"Es lässt sich eine klare Linie zwischen Globalem Süden und dem Westen erkennen", erklärt Politikwissenschaftler Stefan Kroll vom Peace Research Institute Frankfurt im Gespräch mit der DW. Dies zeige sich auch daran, dass Israel gemahnt würde, das humanitäre Völkerrecht einzuhalten.

Eine Formulierung zu Israels Recht sich zu verteidigen, suche man bei den BRICS vergebens. "Doch eine offizielle gemeinsame Haltung als BRICS gibt es nicht", so Kroll. Zwischen den nationalen Positionen gebe es einige Nuancen und regionale Versuche, zu vermitteln.

Brasilien: Lula zieht Holocaust-Vergleich

Die Beziehungen zwischen Brasilien und Israel sind zurzeit besonders angespannt. So hatte Brasiliens Präsident Luiz Inácio "Lula" da Silva auf einer Pressekonferenz in der äthiopischen Hauptstadt Adis Abeba das Vorgehen Israels im Gazastreifen als "Völkermord" bezeichnet und einen Vergleich zum Holocaust gezogen.

Israel erklärte den brasilianischen Präsidenten daraufhin umgehend zur "unerwünschten Person", und zwar solange, bis sich dieser entschuldigt habe. 

Mit seinem Holocaust-Vergleich sorgte Brasiliens Präsident Lula in vielen Ländern für EmpörungBild: Andressa Anholete/Getty Images

In der Vergangenheit hatte Lula den Terrorangriff der Hamas auf Israel im Oktober verurteilt, ein Ende der Gewalt angemahnt und eine Zwei-Staaten-Lösung gefordert. Die Europäische Union, ebenso wie die USA, Deutschland und weitere Staaten stufen die Hamas als Terrororganisation ein.

Mittlerweile hat sich Brasilien klar auf die Seite der Palästinenser gestellt. Das Land unterstützte auch die Klage gegen Israel vor dem Internationalen Gerichtshof für Menschenrechte (IGH) in Den Haag. 

Südafrika: Klage gegen Israel vor UN-Gericht

Diese Klage hatte Südafrika eingereicht, sowie einen Eilantrag, um die israelischen Vergeltungs-Angriffe auf Gaza zu stoppen. Das afrikanische Land wirft Israel "Völkermord" gegen die Palästinenser im Gazastreifen vor.

Israel weist die Vorwürfe entschieden zurück und verweist auf den Terrorangriff der Hamas, bei dem rund 1200 Menschen ermordet und mehr als 250 Geiseln genommen wurden.  

Anklage erhoben: Südafrikas Außenministerin Naledi Pandor und Botschafter Vusimuzi Madonsela bei der Urteilsverkündung zum Gaza-Krieg in Den HaagBild: Remko de Waal/ANP/picture alliance

Russland: Gegenpol zum Westen beim Nahostkonflikt

Anfang der 2000er Jahre stammten rund eine Million der insgesamt 6,2 Millionen Einwohner Israels aus der ehemaligen Sowjetunion. Viele davon sind überwiegend russischsprachig.

Dies sah der russische Präsident Putin laut einer Analyse der US-amerikanischen Denkfabrik Brookings lange Zeit als effektive Verbindung in den israelisch-russischen Beziehungen. Auch zu Israels Premier Netanjahu führte Putin einst engere Beziehungen. 

Doch immer wieder trübten antisemitische Kommentare Putins bis hin zu Treffen mit Vertretern der Hamas das Verhältnis der beiden Länder. Der Kreml führt außerdem enge bilaterale Beziehungen mit dem Iran, dessen Drohnen bei Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine zum Einsatz kommen.

Dass Russland mittlerweile offen pro-palästinensisch auftritt, hat also auch mit dem Ukraine-Krieg zu tun. "Russland hat am Anfang davon profitiert, dass der Nahostkonflikt vom eigenen Krieg abgelenkt hat", sagt Kroll. "Hinzu kommt, dass Russland den Konflikt weiter nutzen kann, um sich als Gegengewicht zum Westen zu präsentieren." 

Indien: Hilfe für Gaza, aber auch Solidarität mit Israel

Indiens Premier Modi ist in seiner Haltung zum Nahostkonflikt unter den BRICS-Staaten eine AusnahmeBild: Sergei Bobylev/dpa/picture alliance

"Unter den BRICS-Ländern ist Indien eine klare Ausnahme", erklärt der Politologe Ben Dubow, Senior Fellow am Zentrum für Europäische Politikanalyse (CEPA). Vor allem zu Beginn des Krieges zwischen Israel und der Hamas habe sich Indiens Premier Narendra Modi mit Israel solidarisiert.

Neu-Delhi unterhält enge wirtschaftliche Beziehungen zu Israel. Das Land ist ein bedeutender Kunde der israelischen Waffenindustrie.  Doch die indische Regierung sieht sich auch den Anliegen der Palästinensern verpflichtet. Sie leistet humanitäre Hilfe in Gaza und an ihrm Bekenntnis zur Zweistaatenlösung fest. 

Chinas Haltung zum Israel-Hamas-Krieg: subtil, aber nicht eindeutig

China hat sich nach dem Angriff der Hamas am 7. Oktober als Fürsprecher für Frieden positioniert und einen sofortigen Waffenstillstand im Gazastreifen gefordert. Außerdem tritt Peking für einen unabhängigen palästinensischen Staat ein. Es hat weder die Hisbollah noch die Hamas als Terrororganisationen eingestuft.

Chinas Präsident Xi Jinping sieht in Israel vor allem einen Verbündeten der USABild: GIANLUIGI GUERCIA/Pool via REUTERS

Dies änderte sich auch nach dem 7. Oktober nicht. Peking verurteilte stattdessen jegliche Gewalt. "Auf subtile Art steht China auf Seiten der Palästinenser", so Dubow. Gleichzeitig nutzt China den Konflikt, um die USA und ihre Unterstützung für Israel zu kritisieren und sich als Gegenpol zu den USA darzustellen. 

BRICS plus: Konfliktpotenzial bei neuen Mitgliedern

Das neue BRICS-Mitglied Äthiopien wird aufgrund des Konflikts im eigenen Land laut Experten kaum in der Lage sein, eine politisch größere Rolle innerhalb des BRICS-Bündnisses einzunehmen. Im Gegenteil: Bei den neuen Mitgliedern des Bündnisses könnte Konfliktpotenzial bestehen.

"Zwischen Saudi Arabien und dem Iran, der Israel traditionell als Erzfeind in der Region betrachtet und die Hamas als Verbündeten ansieht, könnten Konflikte auftreten", meint der Politologe Dubow.

Die Regierungschefs Saudi Arabiens, der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) und Ägypten hingegen positionierten sich alle klar gegen die Hamas. Dubow: "Sie sehen den Islamismus als Bedrohung für ihre Herrschaft".

In den vergangenen Jahrzehnten hätten sich die drei Länder aber auch Israel angenähert. "Diese drei BRICS plus Länder stehen für ein eigenes Muster", erklärt Stefan Kroll. "Sie stehen eher auf Seiten der Palästinenser, aber sie haben ein starkes eigenes Interesse an Vermittlung."  

Warum Iran und Israel Feinde sind

13:29

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