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Wie radikal könnten Trumps Republikaner die USA umkrempeln?

8. November 2024

Das Weiße Haus und wohl beide Kongresskammern gehen an Trumps MAGA-Republikaner, die bereits weitreichende Pläne haben. Wie drastisch könnten sie den Staatsapparat umbauen - und welche "Checks and Balances" bleiben?

Donald Trump im Profil, er hebt die Hand und blickt nach rechts
Will die USA "umdrehen": der designierte nächste US-Präsident Donald TrumpBild: Alex Brandon/AP/picture alliance

"Dieser Tag wird für immer in Erinnerung bleiben als der Tag, an dem das amerikanische Volk die Kontrolle zurückerlangt hat" - so untermauerte Donald Trump in seiner Siegesrede sein Versprechen, das Land "umzudrehen". Die USA sind am Wahltag deutlich nach rechts gerückt - die auf Donald Trumps "Make America Great Again"-Bewegung ausgerichteten Republikaner halten nun auch eine Mehrheit im Senat. Im Repräsentantenhaus gilt als wahrscheinlich, dass sie nach Auszählung aller Bezirke ebenfalls ihre Mehrheit behalten. Es ist also Trumps MAGA-Bewegung, die "die Kontrolle zurückerlangt hat" - und sie hat im Vorfeld der Wahl schon große Pläne durchklingen lassen, wie sie diese Macht nutzen will.

Der große Unterschied zu Trumps Wahlsieg 2016 sei, dass er dieses Mal viel besser vorbereitet sei, meint Stormy-Annika Mildner, Direktorin des unabhängigen Thinktanks Aspen Institute Deutschland. "Trump hat gelernt, dass es für ihn problematisch sein kann, wenn er Nicht-Loyalisten in seinem Team hat", sagt Mildner im Gespräch mit der DW. Zu erwarten sei, dass er sich nur noch mit echten Trump-Unterstützern umgebe. "Und durch den weitreichenden Austausch von Personen in Ministerien und nachgelagerten Behörden wird es einen wichtigen Faktor nicht mehr geben, den es 2016 bis 2020 gegeben hat: die vielen Personen, die an der einen oder anderen Stelle Schlimmeres verhindert haben."

Ausgefeilte Agenda

Mildner rechnet damit, dass inhaltlich das im Sommer öffentlich gewordene Strategiepapier "Project 2025" eine Rolle spielen wird. Trump hatte sich offiziell von dem Manifest des erzkonservativen Thinktanks "Heritage Foundation" distanziert. Doch Recherchen von US-Medien legen nahe, dass zumindest einige seiner MAGA-Gefolgsleute an dem Papier beteiligt waren. Im Zuge des Regierungswechsels könnten sie auf einflussreiche Posten aufrücken.

Donald Trump will die Südgrenze zu Mexiko weiter verstärken und möglicherweise auch mehr Nationalgarde einsetzen - wie auf diesem Archivbild in TexasBild: Jose Luis Gonzalez/REUTERS

Dazu kommt, dass sich Trump im Wahlkampf zentrale Forderungen des Papiers zu Eigen gemacht hat: Seine Vorschläge zu Migrationspolitik und Grenzschutz decken sich mit denen des Thinktanks - im Wahlkampf versprach Trump die "größte Abschiebe-Operation der amerikanischen Geschichte". Auch will er die Ausbeutung klimaschädlicher fossiler Energieträger wieder deutlich erhöhen und Umweltauflagen schleifen.

Staatsumbau beginnt in den Behörden

Ein maßgeblicher Hebel, um solche Vorhaben durchzusetzen, sind Bundesbehörden - zum Beispiel die Umweltschutzbehörde EPA. Das 32-seitige Kapitel zur EPA im "Project 2025"-Papier stammt von Mandy Gunasekara, Stabschefin der Behörde während Trumps erster Präsidentschaft, die nun als mögliche nächste Leiterin gehandelt wird. Damals waren die Kompetenzen der EPA beschnitten und viele Mitarbeitende entlassen worden - was die Biden-Administration weitgehend rückabwickelte. In Trumps zweiter Amtszeit wolle man die Strukturen der Behörde "abreißen und neu aufbauen", zitierte die "New York Times" Gunasekara.

Stormy-Annika Mildner sagt: "Man kann die zur Exekutive gehörenden Behörden, wie die Umweltbehörde, nutzen, um im öffentlichen Interesse zu regulieren. Oder man kann sie kalt stellen, indem man ihnen Chefs gibt, die einfach sagen: 'Da machen wir jetzt nichts mehr.'" Damit sei im Bereich Klimaschutz zu rechnen. Auf der anderen Seite kann Trump die Behörden nutzen, um weitreichende Regulierungen zu erlassen - beispielsweise in punkto irreguläre Einwanderung und Grenzsicherung oder auch bei der Förderung fossiler Energieträger.

Zurück in die Zeche: Trump setzt auf Kohle (im Bild ein Kohlekraftwerk im US-Bundesstaat Wyoming), Erdöl und Erdgas - und auf massive Deregulierung im Umwelt- und KlimabereichBild: J. David Ake/AP/picture alliance

Mit Spannung wird auch erwartet, wen Trump an die Spitze des Department of Justice setzt - des Justizministeriums, das Trump erklärtermaßen für die juristische Verfolgung politischer Gegner einspannen will. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk NPR zählte im Laufe des Wahlkampfs mehr als 100 solcher Drohungen.

Gleichgesinnte statt Gegengewichte in der Justiz

Dabei werden nicht nur die Staatsanwaltschaften politisiert - Trumps MAGA-Bewegung hat nach vierjähriger Pause nun auch wieder freie Hand, hohe Richterämter mit Konservativen zu besetzen. Denn die Republikaner halten mindestens bis zu den Midterm-Wahlen Ende 2026 die Mehrheit im Senat, der hierbei zustimmen muss. In Trumps erster Amtszeit wurden so 234 Richter eingesetzt - darunter allein drei am Supreme Court.

Die Nachrichtenagentur Reuters zitiert den Juraprofessor John Collins von der George Washington University: "In seiner ersten Amtszeit hat Trump die Bundesjustiz neu gestaltet. Jetzt hat er die Möglichkeit, diese Vision für eine ganze Generation zu zementieren."

Kennt die Justiz auch aus Perspektive des Angeklagten: Donald Trump wird der erste verurteilte Straftäter im Weißen Haus - und könnte sich dort selbst vor weiterer Strafverfolgung schützen.Bild: Jabin Botsford/REUTERS

Innerhalb der von der Verfassung vorgegebenen Leitplanken werden die Republikaner also einen größeren Staatsumbau vornehmen wollen. Die Verfassung selbst dürfte dabei unangetastet bleiben, schätzt die Berliner Aspen-Institutsleiterin Mildner - denn Verfassungsänderungen seien kompliziert und könnten auch den Republikanern schaden, wenn sie irgendwann wieder in der Opposition sind.

Es bleiben noch Checks and Balances

Auch wenn Weißes Haus, Kongress und oberstes Gericht durchweg konservativ besetzt sind, ist Mildner zuversichtlich, dass andere Institutionen - zum Beispiel die Medien - ihrer Kontrollfunktion als "Checks and Balances" gerecht werden. Und auch die demokratisch regierten Bundesstaaten bereiten sich auf harte politische Auseinandersetzungen vor. Die Gouverneurin von New York, Kathy Hochul, richtete sich direkt an Trump: "Wenn Sie versuchen, New Yorkern zu schaden oder ihre Rechte einzuschränken, werde ich jeden Ihrer Schritte dabei bekämpfen."

Sagt Trump den Kampf an: die demokratische Gouverneurin von New York, Kathy Hochul (Archivbild)Bild: Scott Olson/AFP/Getty Images

Mildner schreibt den Vereinigten Staaten viel Resilienz und Krisenfestigkeit zu. "Deswegen würde ich auf gar keinen Fall sagen, das ist das Ende der amerikanischen Demokratie", sagt sie zur DW. Die Spaltung zwischen den beiden Lagern werde unter Trump jedoch nicht überwunden, im Gegenteil: "Diese vier Jahre werden dazu beitragen, dass die Polarisierung weiter zunimmt."

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