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PolitikAfrika

Wie Ruanda in Mosambik an Einfluss gewinnt

Antonio Cascais
28. September 2021

Im Windschatten des Militäreinsatzes gegen den Dschihadismus in Nordmosambik baut Ruanda seinen militärischen und politischen Einfluss in der Region aus. Zivilgesellschaftliche Gruppen in Mosambik sind besorgt.

Mosambik | Paul Kagame in der Provinz Cabo Delgado (25.09.2021)
Ruandas Präsident Kagame in Pemba in Cabo Delgado (am 24. September)Bild: Simon Wohlfahrt/AFP/Getty Images

Empfang mit militärischen Ehren für einen besonderen Gast. Am 24. September 2021 schreitet ein Mann über einen roten Teppich auf dem Flughafen von Pemba, der Hauptstadt von Mosambiks Unruheprovinz Cabo Delgado: Ruandas Staatschef Paul Kagame. Er steht im Mosambik gerade hoch im Kurs, weil sein Land als erstes Truppen in die nordmosambikanische Region Cabo Delgado entsandte, um islamistische Aufständische zu bekämpfen.

Für den mosambikanischen Gastgeber, Präsident Filipe Nyusi, ist kein Platz auf dem roten Teppich. Er läuft neben seinem Amtskollegen auf dem Asphalt. Kein Auftritt auf Augenhöhe: Nyusi wirkt sehr klein bei diesem öffentlichen Termin. Die ruandische Staatsführung verbreitete die Szene genüsslich über Twitter.

"Unser Präsident, und damit unsere Nation, gibt ein sehr klägliches Bild ab. Das erfüllt uns Mosambikaner mit Sorge", sagt Adriano Nuvunga, Leiter der Menschenrechtsorganisation CDD in der mosambikanischen Hauptstadt Maputo. Besonders beschämend sei, dass Mosambik einem Präsidenten den roten Teppich ausrolle, der die Menschenrechte systematisch mit Füße trete, so Nuvunga zur DW. "Seit ruandische Truppen in Cabo Delgado sind, nimmt sich Kagame immer mehr Sonderrechte heraus. Zum Beispiel liegen uns Informationen vor, wonach Mosambik den Ruandern während des Besuchs des Präsidenten Kagame sogar die Überwachung des Luftraums überließ."

Lob der Zusammenarbeit

Mosambiks Präsident Filipe Nyusi sieht das allerdings anders. Überschwänglich lobte er auf einer gemeinsamen Pressekonferenz die ruandisch-mosambikanische Zusammenarbeit als "beispielhaft für ganz Afrika". Paul Kagame betonte die militärischen Erfolge seiner Soldaten gegen die Dschihadisten: "Gemeinsam mit ihren mosambikanischen Brüdern werden unsere ruandischen Soldaten die Sicherheit in Nordmosambik garantieren, damit der Wiederaufbau stattfinden kann", so der ruandische Präsident.

Etwa tausend ruandische Soldatinnen und Soldaten unterstützen seit Juli die mosambikanische Regierung im Kampf gegen Aufständische in der rohstoffreichen Region Cabo Delgado: Bereits wenige Tage nach ihrem Einmarsch fügten Kagames Truppen den Dschihadisten empfindliche Niederlagen zu, die über ein Jahr lang die wichtige Distrikthauptstadt Mocímboa da Praia besetzt hatten. Kagame landete damit einen gewaltigen Propagandacoup. In den mosambikanischen Machtzirkeln gelten die Ruander inzwischen als unantastbar. 

Ruanda war nicht nur das erste Land, das Truppen nach Cabo Delgado entsandte. Es stellt auch das weitaus größte Kontingent ausländischer Truppen in der Unruheprovinz. Andere Länder wie Südafrika, Angola, Tansania, Simbabwe oder Botswana beteiligen sich an der Militärmission SAMIM, einer Initiative der südafrikanischen Staatengemeinschaft SADC. Sie soll mit insgesamt 3000 Soldaten ebenfalls für Sicherheit sorgen. Doch diese Mission agiert weitaus diskreter, sodass ihre Aktionen wesentlich weniger Beachtung in der Öffentlichkeit finden.

"Wenn man den Stil der SADC-Mission mit dem der Ruander vergleicht, sieht man ganz klar, dass die SADC-Soldaten sich auf ihre eigentliche Aufgabe konzentrieren, nämlich die Wiederherstellung der Sicherheitslage und die Bekämpfung der Extremisten in Cabo Delgado, und dabei im Wesentlichen auf medienwirksame Propaganda verzichten", sagt Menschenrechtsaktivist Nuvunga. Die SADC-Truppen würden sich, im Gegensatz zu den Ruandern, klar dem Kommando der mosambikanischen Armeeführung unterordnen.

Verfolgung von Oppositionellen

Menschenrechtsorganisationen befürchten negative Folgen des ruandischen Engagements. Aktivist Nuvunga glaubt, dass die Regierung in Kigali verstärkt ihren Einfluss nutze, um ruandische Oppositionelle in Mosambik zu verfolgen. "Es sind bereits fünf ruandische Staatsbürger in Mosambik auf barbarische Weise umgekommen. Es sind auch mehrere Ruander in Mosambik verschwunden, unter ihnen ein Journalist, der entführt wurde und nicht wieder auftauchte", sagt Nuvunga.

Seit Juli sind die ruandischen Soldaten in Cabo Delgado stationiertBild: Jean Bizimana/REUTERS

Er vermutet den ruandischen Geheimdienst hinter den Morden und Entführungen. "Früher beschützte der mosambikanische Staat alle ruandischen Dissidenten in Mosambik. Das hat sich mit der militärischen Zusammenarbeit zwischen Mosambik und Ruanda in Cabo Delgado geändert."

Nuvungas Zentrum für Demokratie und Entwicklung fordert nun, dass alle Abkommen zwischen den Präsidenten Ruandas und Mosambiks der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden sollen, die anlässlich des jüngsten Besuchs von Kagame in Cabo Delgado unterschrieben worden sind. Die mosambikanische Bevölkerung habe das Recht zu erfahren, welchen Preis Mosambik für die militärische Intervention Ruandas in Cabo Delgado zahlt und wie die Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern tatsächlich funktioniert, "vor allem auf Ebene der Geheimdienste", heißt es in einer Pressemitteilung der CDD anlässlich des Kagame-Besuchs in Nordmosambik.

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