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Politik

Wie sich die Gewalt in Nahost hochschaukelte

Monir Ghaedi
19. Mai 2021

Seit gut zehn Tagen eskaliert die Gewalt zwischen Israelis und Palästinensern. Längst hat der Konflikt auch andere Teile des Nahen Ostens erfasst. Ein Überblick.

Israel - Palästina I Gaza Konflikt
Israelische Soldaten beim Beschuss des Gazastreifens mit ArtillerieBild: Emmanuel Dunand/AFP/Getty Images

Seit dem 10. Mai feuert die radikalislamische Hamas mit nie dagewesener Intensität tausende Raketen auf israelisches Gebiet, während die israelische Armee Waffenlager und Wohnhäuser von Hamas-Kommandeuren unter Beschuss nimmt. Es ist einer der größten Gewaltausbrüche in der Geschichte des israelisch-palästinensischen Konflikts. Seinen Anfang nahm er in einem Stadtviertel von Jerusalem, doch mittlerweile sind zahlreiche Städte in Israel, die palästinensischen Gebiete und Teile des Libanon betroffen. Die Entwicklung im Einzelnen:

Mitte April bis Anfang Mai: Spannungen in Scheich Dscharrah

Die Spannungen im Westjordanland und im arabisch geprägten Osten Jerusalems verschärfen sich seit Beginn des muslimischen Fastenmonats Ramadan. Viele Palästinenser sind wütend, weil die israelische Polizei verschiedene Bereiche der Altstadt absperrt, um Versammlungen zu verhindern. Zudem droht einigen alteingesessenen palästinensischen Familien im Jerusalemer Stadtviertel Scheich Dscharrah die Räumung ihrer Häuser - zugunsten israelischer Siedler. Der Fall löst Zusammenstöße zwischen Palästinensern und israelischen Sicherheitskräften in der Nachbarschaft aus. Diese intensivieren sich, als am 22. April rechtsextreme Israelis in einem Demonstrationszug durch die Straßen Ostjerusalems marschieren und "Tod den Arabern" skandieren. Die Gewalt zwischen Arabern und Juden breitet sich auf andere Teile der Stadt aus und löst immer wieder Ausschreitungen aus.

Ausschreitungen zwischen palästinensischen Demonstranten und israelischen Sicherheitskräften in Jerusalem am 24. April Bild: Mostafa Alkharouf/AA/picture alliance

7. Mai: Aufruhr an der Al-Aksa-Moschee

Auf dem Gelände der Al-Aksa-Moschee versammeln sich tausende muslimische Gläubige zum letzten Freitagsgebet vor dem Ende des Ramadan. Die Moschee ist eine der heiligsten Stätten des Islam, steht aber auf dem von Juden als heilig verehrten Tempelberg. Und so nähern sich auch jüdische Gruppen dem Gebiet, um den Jahrestag der israelischen Eroberung Ostjerusalems 1967 zu feiern. Wieder kommt es zu schweren Zusammenstößen zwischen Palästinensern und der israelischen Polizei, bei denen mindestens 200 Palästinenser und rund 20 Polizisten verletzt werden. Am Nachmittag stellt die radikalislamische palästinensische Hamas, die den Gazastreifen seit 2007 kontrolliert und unter anderem von der EU und den USA als Terrororganisation eingestuft wird, ein Ultimatum und droht mit einem Angriff, falls Israel seine Sicherheitskräfte nicht vom Moscheegelände und aus dem Stadtviertel Scheich Dscharrah abzieht.

Bei einem israelischen Luftangriff zerstörtes Hochhaus in GazaBild: Mohammed Talatene/dpa/picture alliance

Israel weist das Ultimatum zurück; die Hamas nimmt daraufhin zum ersten Mal seit 2014 Jerusalem unter Beschuss. Israels Raketenabwehrsystem Iron Dome fängt eine der Raketen ab. Die anderen Raketen schlagen in der Hauptstadt ein, verletzt wird jedoch niemand. Israel reagiert mit Luftangriffen auf Gaza, bei denen palästinensischen Angaben zufolge 20 Menschen getötet werden, unter ihnen sollen sich auch neun Kinder befinden.

11./12. Mai: Angriffe auf Gaza, Ausschreitungen in Israel

Der gegenseitige Raketenbeschuss nimmt zu, immer mehr Ziele in Gaza, aber auch immer mehr Städte in Israel werden getroffen. Ein israelischer Luftschlag zerstört ein mehrstöckiges Gebäude der Hamas in Gaza. Bei weiteren Angriffen werden mehrere Führungsfiguren der Hamas und Dutzende von Zivilisten getötet. Zur Unterstützung der Luftschläge setzt Israels Armee nun auch Artillerie ein. Die Hamas wiederum nimmt mit einem massiven Raketenbeschuss die israelischen Städte Tel Aviv, Aschkelon und Beersheva ins Visier.

In verschiedenen israelischen Städten kommt es zu Ausschreitungen zwischen jüdischen und arabischen Israelis. Die Behörden mehrerer Städte rufen den Notstand aus, die Polizei nimmt hunderte arabische und jüdische Israelis fest.

In mehreren Städten Israels, wie hier in Lod, kommt es zu gewaltsamen Unruhen zwischen jüdischen und muslimischen Israelis.Bild: Ahmed Gharabli/AFP

13.-15. Mai: Der Konflikt weitet sich aus

Während Israel und die Hamas ihre Angriffe fortsetzen, kommt es nun auch bei Demonstrationen im Westjordanland zu gewalttätigen Auseinandersetzungen. Palästinensischen Angaben zufolge sollen israelische Sicherheitskräfte dabei elf Demonstranten getötet haben.

Gleichzeitig meldet das israelische Militär, dass drei Raketen aus Syrien auf israelischem Boden eingeschlagen seien. Damaskus lässt die Vorwürfe aus Jerusalem unbeantwortet.

An der israelisch-libanesischen Grenze erschießen israelische Soldaten ein Mitglied der radikalislamischen Hisbollah. Der 21-Jährige hatte an einer pro-palästinensischen Demonstration auf der libanesischen Seite der Grenze teilgenommen und versucht, über den scharf bewachten Grenzzaun zu klettern.

17./18. Mai: Die Gewalt erreicht den Libanon

Aus dem Libanon werden sechs Raketen in Richtung Israel abgefeuert, sie schlagen aber noch vor der Grenze auf südlibanesischem Gebiet ein. Israels Armee antwortet eigenen Angaben zufolge mit Artilleriebeschuss auf Ziele im Südlibanon.

19. Mai: Waffenruhe nicht in Sicht

Gut zehn Tage nach Ausbruch der militärischen Auseinandersetzung zwischen der Hamas und der israelischen Armee gibt es allen internationalen Friedensbemühungen zum Trotz noch keine offiziellen Anzeichen für eine baldige Waffenruhe. Bislang sind in dem blutigen Konflikt mehr als 200 Menschen in Gaza und mindestens zwölf Israelis getötet worden.

20. Mai: Waffenruhe soll kommen

Medienberichten zufolge hat die radikal-islamische Hamas einer "gegenseitigen und gleichzeitgen Feuerpause" zugestimmt. Demnach soll das Feuer im Gaza-Konflikt am Freitag um 02.00 Uhr Ortszeit (01.00 MESZ) eingestellt werden. Einen entsprechenden Vorschlag Ägyptens hatte zuvor das israelische Kabinett einstimmig gebilligt, wie israelische Medien berichteten. 

Aus dem Englischen adaptiert von Thomas Latschan. 

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