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Wie sicher ist das Oktoberfest für Frauen und Mädchen?

Aisha Sharipzhan
28. September 2023

Das größte Volksfest der Welt lockt jedes Jahr Millionen Menschen zum Feiern bei Bier, Musik und Tanz. Doch die ausgelassene Stimmung kann auch schnell umschlagen.

Frauen im Drindl klatschen in die Hände
Bild: Arthur Thill/ATP photo agency/picture alliance

Das Münchner Oktoberfest  lockt noch bis zum 3. Oktober viele feierfreudige Menschen in Dirndl und Lederhosen in die Festzelte. Doch wenn sich zehntausende Menschen versammeln und das Bier in Strömen fließt, kann es zu unangenehmen Zwischenfällen kommen. Deshalb gibt es die Aktion "Sichere Wiesn", die vor 20 Jahren von drei Vereinen ins Leben gerufen wurde, unterstützt vom Gesundheitsreferat der Stadt München. Es geht um Prävention, Aufklärung und Hilfe vor Ort.

Die Halbzeitbilanz dieses Jahr: 143 Frauen und Mädchen, die sich unsicher oder belästigt fühlten, konnte geholfen werden. Sie fanden Unterstützung im sogenannten "Safe Space", der sich auf dem Oktoberfestgelände hinter dem Schottenhamel-Bierzelt befindet und täglich geöffnet ist.

Dieser "Safe Space" bietet Hilfe und Beratung für Mädchen und Frauen, die Gewalt oder sexuelle Belästigung erlebt haben oder sich generell unsicher fühlen. Bedürftige können sexuelle Gewalt bei der Polizei melden, psychologische Unterstützung erhalten, ihre Telefone aufladen oder Taxigutscheine für einen sicheren Heimweg erhalten. Im vergangenen Jahr haben die Mitarbeiter von "Safe Space" während der 17 Oktoberfest-Tage insgesamt 450 Mädchen helfen können.

2022 besuchten über 5 Millionen Menschen das Oktoberfest in MünchenBild: Brigitte Saar/Geisler-Fotopress/picture alliance

Eine Atmosphäre der Sexualisierung und des Feierns

"Die Atmosphäre ist wirklich sehr sexualisiert. Viele Leute kommen hierher, um zu flirten, jemanden kennenzulernen. Solange alles einvernehmlich ist, ist das okay", sagt Kristina Gottlöber, Pressesprecherin von "Sichere Wiesn". Aber der exzessive Alkoholkonsum - so Gottlöber - forciere auch eine Atmosphäre der Enthemmung.

"Die Leute denken, dass das Oktoberfest eine Art moralfreie Zone ist, in der man völlig entgleisen kann", sagt Gottlöber. "Wir bekommen auch oft zu hören, dass Frauen sexuelle Belästigungen einfach hinnehmen müssten, sonst bräuchten sie nicht hierher zu kommen. So ticken manche Leute, aber das ist natürlich nicht richtig".

Im Jahr 2022 gab es auf dem Oktoberfest 55 Fälle von sexueller Belästigung, darunter drei Vergewaltigungen. Dabei handelt es sich nur um die offiziellen Zahlen. Die Dunkelziffer dürfte höher sein, da viele Vorfälle nicht gemeldet werden.

Auf der Wiesn 2023 sind 600 Polizisten und 1400 private Sicherheitskräfte im EinsatzBild: Wolfgang Maria Weber/IMAGO

Unangenehme Zwischenfälle

Gottlöber betont, dass zu den häufigsten Formen von Übergriffen Grapschen, unerwünschte Küsse und Upskirting gehören, also das Aufnehmen von Bildern oder Videos unter der Kleidung von Frauen ohne deren Zustimmung.

Sie unterstreicht, wie wichtig es für jede Oktoberfest-Besucherin ist, bestimmte Vorsichtsmaßnahmen zu treffen. Dazu gehört zum Beispiel das Mitbringen einer Powerbank, damit das Handy jederzeit einsatzbereit ist, etwa um Hilfe zu rufen. Wichtig ist auch, etwas Geld außerhalb des Portemonnaies aufzubewahren, um sich im Notfall ein Taxi rufen zu können. Und nicht zuletzt sollten Angaben zu Personen, die im Ernstfall zu kontaktieren sind, an einem anderen Ort als auf dem Handy aufbewahrt werden.

"Wir sind natürlich absolut der Meinung, dass die Schuld immer beim Täter liegt. Wir wissen aber auch, dass es für Mädchen und Frauen auf der Wiesn sehr schnell zu gefährlichen Situationen kommen kann, darauf sollte man vorbereitet sein", sagte Gottlöber.

Erfahrene Wiesn-Besucherinnen tragen vorsorglich Shorts unter dem Dirndl. Und es gibt noch weitere Tipps. Denise, 25, Münchnerin: "Ich finde, als Frau solltest du nicht zu viel trinken. Du solltest auf dein Getränk und auf die Menschen um dich herum achten. Und du solltest in deiner Freundesgruppe bleiben".

Sie schlägt auch vor, sich an den Sicherheitsdienst oder an weibliche Kellner in den Bierzelten zu wenden und betrunkenen, aggressiven Männern so weit wie möglich aus dem Weg zu gehen.

Teresa Rodgers, 40, aus Colorado empfiehlt, das Oktoberfest vormittags zu besuchen, wenn die Atmosphäre ruhiger und die Menschenmassen weniger enthemmt sind.

Gemeinsame Verantwortung für die Sicherheit

Eine weitere Initiative gegen sexuelle Gewalt auf dem Oktoberfest sind die "WiesnGentlemen". Dieses Präventionsprojekt wurde 2013 von dem gemeinnützigen Verein Condrobs ins Leben gerufen. Es legt den Fokus auf respektvolles Verhalten, verantwortungsbewusstes Trinken und die Schaffung eines sicheren Festivalumfelds, insbesondere für Frauen.

Ein "Safe Space" auf dem Oktoberfestgelände hilft Frauen und Mädchen in Not Bild: Brigitte Saar/Geisler-Fotopress/picture alliance

Die Initiative verbreitet ihr Motto "Respekt ist meine Stärke" über soziale Medien, Plakate, Schulkampagnen und mit Besucher-Interaktion auf dem Weg zum Festivalgelände. Sie verleiht auch den Wiesn-Courage-Preis, der respektvolles Verhalten anerkennen und fördern will.

Gesucht werden Beispiele von Zivilcourage, in denen Einzelpersonen Betroffenen in Not geholfen haben. Eine Jury wertet die Einsendungen aus und kürt den Gewinner, der einen Gutschein für ein Oktoberfest-Outfit erhält.

Vielleicht erscheint es seltsam, Verhalten zu belohnen, das eigentlich selbstverständlich sein sollte, meint Birgit Treml von Condrobs. Aber die traurige Realität sei, dass respektvolles Verhalten nicht immer die Norm ist. Es sei leider nicht ungewöhnlich, dass Umstehende es unterlassen, Menschen in Not zu helfen. Daher die Notwendigkeit, respektvolles Verhalten aktiv zu fördern und anderen zu helfen.

"Seid respektvoll miteinander", sagt Treml. "Das gilt immer und überall in unserer Gesellschaft. Aber gerade hier auf der Wiesn, wo so viele Menschen zusammenkommen, wo viel Alkohol fließt, wo es vielleicht leichter ist, Grenzen zu verschieben. Gerade deshalb ist es wichtig, dass alle gemeinsam mithelfen, diese Grenzen einzuhalten".

Aisha Sharipzhan Reporterin
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