In Russland und Italien wollen die Gesundheitsbehörden der COVID-19-Dunkelziffer mit massenhaften Antikörpertests auf die Spur kommen. Wie funktionieren diese Tests und wie aussagekräftig sind sie?
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Seit Wochen gelten in Russland strenge Ausgangssperren. Trotzdem ist die Zahl neuer Corona-Fälle wieder gestiegen - allein am vergangenen Samstag meldeten die Behörden mehr als 9400 Neuinfektionen.
Nun sollen Massentests auf Antikörper einen besseren Überblick über den Verlauf des Ausbruchs geben. Auch Italien setzt auf großangelegte Tests, um der realen Zahl der COVID-19-Infizierten auf die Spur zu kommen.
Mit den sogenannten serologischen Tests (ELISA) lässt sich herausfinden, wer bereits eine Infektion mit dem SARS-CoV-2 Erreger durchgemacht hat.
Dazu geben die Probanden eine kleine Menge Blut ab, die im Labor getestet wird. Der Test kann zeigen, ob spezifische Antikörper, die Immunglobuline lgM und lgG, vorhanden sind, die das Immunsystem gegen das Virus gebildet hat. Ist das der Fall, verfärbt sich die Probe.
Die massenhaften Antikörpertests sollen zeigen, wer bereits eine Immunität gegen COVID-19 gebildet hat. So ließen sich auch die Infizierten ausmachen, die keine oder nur geringe Symptome der Lungenkrankheit gezeigt haben und nicht wissen, dass sie bereits immun sind.
Wer bereits immun ist, könnte beispielsweise als Spender von Blutserum für COVID-19 Patienten geeignet sein. Eine solche Blutspende kann die Immunabwehr von akut erkrankten Patienten unterstützen.
Menschen mit nachgewiesener SARS-CoV-2-Immunität kämen außerdem eher als Pflegekräfte für COVID-19 in Frage, weil bei ihnen die Gefahr einer erneuten Erkrankung als eher gering eingeschätzt wird.
Viele Antikörpertest haben allerdings nur eine Spezifität von etwa 99 Prozent. Das mag nach viel klingen, ist in diesem Fall aber durchaus problematisch. 99 Prozent Spezifität bedeutet, dass ein Prozent der positiv getesteten Personen vielleicht gar nicht mit dem gesuchten Coronavirus infiziert war, sondern mit einem anderen Coronavirus. Virologe Christian Drosten sprach in einem Podcast für den deutschen öffentlich-rechtlichen Sender NDR über diese sogenannte "Kreuzreaktion".
In Ländern, in denen die Anzahl der COVID-19 Fälle im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung sehr gering ist, wirkt sich die mangelnde Spezifität eines Tests dabei stärker aus als in Ländern, in denen schon ein sehr großer Anteil der Bevölkerung die Krankheit durchlaufen hat.
Angenommen, ein solcher Test würde in einem Land angewandt, in dem 50 Prozent der Bevölkerung bereits infiziert sind, dann kämen auf 50 positiv getestete Personen nur eine falsch diagnostizierte. Ist aber nur einer von Tausend tatsächlich infiziert, wären von zehn positiv getesteten neun falsch diagnostiziert. Mittlerweile werben allerdings einige Hersteller von Antikörpertests mit einer Spezifität von nahezu 100 Prozent.
Russland hatte am 26. Mai 2020 nach Angaben der Johns Hopkins Universität knapp über 350.000 nachweislich Infizierte. Bei einer Bevölkerung von etwa 150 Millionen Menschen spielt die mangelnde Spezifität der Tests hier also durchaus eine Rolle.
Dennoch kann es vernünftig sein, möglichst viele Menschen zu testen, um herauszufinden, wie groß eine mögliche Dunkelziffer an Infektionen ist. Auch das kann helfen, das Infektionsgeschehen besser zu beurteilen.
Auch Hunde und Katzen infizieren sich oft mit Corona
Hunde und Katzen stecken sich offenbar relativ häufig bei ihren mit Corona infizierten Besitzern an. Auch sie zeigen Symptome, aber meistens verläuft die Erkrankung glimpflich.
Bild: DW/F. Schmidt
Bei Corona-Infektion besser Abstand halten
So ist es richtig: Hat der Mensch COVID-19, sollte der Hund besser mit seinem Plüschtier kuscheln. Forscher aus Utrecht hatten 2021 Nasenabstriche und Blutproben bei 48 Katzen und 54 Hunden genommen, deren Herrchen und Frauchen in den letzten 200 Tagen zuvor an COVID-19 erkrankt waren. Und siehe da: In 17,4% der Fälle wurden sie fündig. 4,2 Prozent der Tiere hatten auch Symptome gezeigt.
Bild: Fabian Schmidt/DW
Auch Tiere können krank werden
Damit waren etwa ein Viertel der Tiere, die sich angesteckt hatten, auch erkrankt. Obwohl bei den meisten Tieren der Verlauf mild war, zeigten drei von ihnen schwere Verläufe. Dennoch geben Mediziner Entwarnung: Haustiere spielen in der Epidemie keine wichtige Rolle. Viel wahrscheinlicher ist die Übertragung von Mensch zu Mensch.
Bild: Fabian Schmidt
Katzen als Virusschleuder?
Dass sich Katzen mit Coronaviren infizieren können, ist bereits seit März 2020 bekannt. Damals hatte das Tiermedizinische Forschungsinstitut im chinesischen Harbin erstmals gezeigt, dass sich das neuartige Coronavirus in Katzen vermehren kann. Die Stubentiger können das Virus auch an Artgenossen weitergeben, allerdings nicht sehr leicht, sagte damals Tierarzt Hualan Chen.
Bild: picture-alliance/dpa/K-W. Friedrich
Keine Sorge!
Katzen- und Hundehalter sollten jedoch nicht in Panik geraten: Die Tiere bilden schnell Antikörper gegen das Virus, bleiben also nicht sehr lange ansteckend. Wer akut an COVID-19 erkrankt ist, sollte den Freigang für Hauskatzen vorübergehend einschränken. Gesunde Menschen sollten sich nach dem Streicheln fremder Tiere gründlich die Hände waschen.
Bild: picture-alliance/imageBroker
Wer steckt hier wen an?
Sollte dieses Hausschwein beim Gassigehen in Rom besser Abstand zum Hund halten? Das muss nun möglicherweise auch neu bewertet werden. Schweine kommen als Reservoir für das Coronavirus kaum in Frage, hatten die Harbiner Tierärzte noch 2020 gesagt. Aber sie hatten damals auch Hunde von dem Verdacht freigesprochen. Gilt das also noch?
Bild: Reuters/A. Lingria
Wenn der Mensch zur Gefahr wird
Die vier Jahre alte malaysische Tigerkatze Nadia war eine der ersten Wildkatzen, bei der 2020 das Virus nachgewiesen wurde - in einem New Yorker Zoo. "Es ist - unseres Wissen nach - das erste Mal, dass ein wildes Tier sich durch einen Menschen mit COVID-19 angesteckt hat", sagte der leitende Tierarzt des Zoos dem Magazin "National Geographic".
Bild: Reuters/WCS
Immer wieder Infektionen in Zoos
Anfang Dezember 2021 wurden zwei Nilpferde im Zoo von Antwerpen in Belgien positiv auf das Coronavirus getestet. Beide Tiere, Mutter Hermien und Tochter Imani, hatten Schnupfen. Ansonsten ging es ihnen gut. Der Zoo musste vorübergehend schließen und die Nilpferde in Quarantäne stecken.
Bild: alimdi/imago images
Werden Fledermäuse zu Unrecht beschuldigt?
Andererseits ist klar: Das Virus stammt ursprünglich aus der Wildnis. Bisher gelten Fledermäuse als wahrscheinlichstes Reservoir von SARS-CoV-2. Allerdings gehen Tiermediziner davon aus, dass es im Dezember 2019 in Wuhan noch eine andere Art als Zwischenwirt zwischen ihnen und dem Menschen gegeben haben muss. Nur welche Art das sein könnte, ist bisher unklar.
Bild: picture-alliance/blickwinkel/AGAMI/T. Douma
Der Hauptverdächtige
Dieser Marderhund ist Träger bekannter SARS-Viren. Virologe Christian Drosten brachte ihn deshalb als potentielle Virusschleuder ins Gespräch. "Marderhunde werden in China in großem Stil gefangen oder auf Farmen wegen ihres Fells gezüchtet", sagte er. Für Drosten ist der Marderhund klar der Hauptverdächtige.
Bild: picture-alliance/ImageBroker/C. Krutz
Oder doch dieser Verdächtige?
Schuppentiere, auch Pangolins genannt, stehen im Verdacht, der Zwischenwirt des Virus zu sein. Forscher aus Hong Kong, China und Australien konnten jedenfalls in malaysischen Schuppentieren ein Virus nachweisen, dass dem SARS-CoV-2 verblüffend ähnlich ist. Die Studie wurde am 26. März 2020 in Nature veröffentlicht. Schuppentiere werden illegal auf chinesischen Wildtiermärkten gehandelt.
Bild: Reuters/Kham
Quarantäne für Frettchen
Auch mit Frettchen hat Hualan Chen experimentiert. Das Ergebnis: In den kratzbürstigen Mardern kann sich SARS-CoV-2 genauso wie in Katzen vermehren. Die Übertragung zwischen den Tieren erfolgt als Tröpfcheninfektion. Ende 2020 mussten weltweit zehntausende Marder in verschiedenen Pelztierfarmen getötet werden, weil sich Tiere mit SARS-CoV-2 infiziert hatten.
Für den Umgang mit Geflügel - hier ein Händler in Wuhan - geben die Experten Entwarnung. Der Mensch muss sich keine Sorgen machen, denn Hühner sind praktisch immun gegen SARS-CoV-2. Das gilt übrigens auch für Enten und weitere Arten.