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Gesellschaft

Digital Necromancy: Das Geschäft mit den toten Stars

Elizabeth Grenier
17. Dezember 2019

Tot und trotzdem Kassenschlager: Carrie Fisher als Prinzessin Leia in Star Wars, James Dean im Vietnamkriegs-Epos, Amy Winehouse auf Tour als Hologramm. Aber ist das wirklich eine gute Idee?

Carrie Fisher im Film Star Wars Episode IX "The Rise of Skywalker"
Bild: Imago Images/Lucasfilm

Carrie Fisher starb im Jahr 2016. Dennoch erscheint sie im neuen Star Wars-Film "Der Aufstieg Skywalkers", der jetzt in die Kinos kommt - posthum. Auch wenn die Macher des Films die Möglichkeiten digitaler Effekte dafür genutzt haben, sie als Prinzessin Leia wiederzubeleben und in diesen Film zu integrieren, Fishers Auftritt ist kein reines Produkt geschickt programmierter Rechenprozesse. Regisseur J. J. Abrams und das Produktionsteam haben ungenutztes Filmmaterial der früheren Star Wars-Dreharbeiten verwendet und in die neue Geschichte eingearbeitet.

Diskussionen um das digitale Comeback

Während einige Fans von Schauspielerin Carrie Fisher begeistert davon waren, sie auf der Leinwand wiederzusehen, lösten die Ankündigungen weiterer Reinkarnationen eher Entsetzen aus.

Im November 2019 kündigte die Produktionsfirma Magic City Films an, dass der bereits 1955 gestorbene legendäre US-Schauspieler James Dean in einem Vietnamkriegs-Drama auftreten werde. Deans digitale Auferstehung solle in "Finding Jack" - so der Titel - eine Hauptrolle erhalten.

Kult-Schauspieler James Dean starb 1955 im Alter von 24 Jahren bei einem Autounfall - und war schon da eine Legende. Er hatte bis dahin nur in drei großen Filmproduktionen die Hauptrolle gespielt: "... denn sie wissen nicht, was sie tun", "Jenseits von Eden" und in dem Leinwand-Epos "Giganten".

Werbegag oder Rückkehr auf die Leinwand

Viele Fans waren empört – auch deshalb, weil die Produzenten des Films behaupteten, es gäbe einfach keine geeigneten Anwärter für die Rolle, statt zuzugeben, dass die sich mit der filmischen Wiederauferstehung von James Dean einen gigantischen Werbegag ausgedacht haben.

"Wir haben überall nach der perfekten Besetzung für die Rolle von Rogan gesucht, die in der Geschichte eine extrem komplexe Entwicklung durchmacht. Und nach monatelanger Recherche entschieden wir uns für James Dean", sagte Regisseur Anton Ernst.

Es hat bereits eine Reihe von toten Prominenten gegeben, die in der Vergangenheit durch CGI, also digitale Spezialeffekte, "wiederbelebt" wurden. Der häufigste Grund war, weil sie während der Dreharbeiten gestorben sind und man den Film trotzdem mit ihnen veröffentlichen wollte. Die Szenen wurden meist mit bereits gedrehtem Filmmaterial erstellt, wie auch im Fall von Carrie Fisher.

Die Wiederkehr des Star-Wars-Bösewichts

Eine völlig neue Herausforderung war es, Schauspieler Peter Cushing, der schon 1994 gestorben war, als Star-Wars-Bösewicht im 2016 erschienenen Film "Rogue One: A Star Wars Story" auftreten zu lassen. Anders als bei James Dean war sein Auftritt zumindest an eine von ihm auch vorher gespielte Rolle geknüpft.

Die Schauspieler Guy Henry und Ingvild Deila hauchten den Rollen des Todesstern-Kommandanten Tarkin und der jungen Prinzessin Leia Organa in "Rogue One" neues Leben ein. Sie sahen der ursprünglichen Besetzung von 1977, Peter Cushing und Carrie Fisher, ziemlich ähnlich und durften deshalb ihre Rollen übernehmen. Danach wurden die Aufnahmen digital bearbeitet, um es so aussehen zu lassen, als ob Cushing und Fisher selbst noch am Set dabei gewesen seien.

Um den digitalen wiederbelebten James Dean dazu zu bewegen, diese komplexe Charakterentwicklung auf die Leinwand zu bringen, braucht es aber noch einen Schauspieler aus Fleisch und Blut, der als Double für die Aufnahmen dienen soll. Die "Monate der Recherche" sind für die Produktionsfirma also noch nicht vorüber.

Die Liga der wiedergeborenen Stars

Ein paar Tage nach der Ankündigung, dass James Dean in einem weiteren Film die Hauptrolle spielen wird, berichtete das US-Magazin "Variety", dass diese Art des digitalen Comebacks das Geschäftsmodell des neu gegründeten Unternehmens "Worldwide XR" sein wird. Das US-amerikanische Medienunternehmen will "den digitalen Menschen" sowohl in konventionellen Kinofilmen als auch AR- und VR-Produktionen unterbringen.

Auch der digitale James Dean ist eine Erfindung des Unternehmens. Neben ihm hat das Worldwide XR nach eigenen Angaben mehr als 400 verstorbene Prominente in petto. Darunter Hollywood-Ikonen, Musiker, Sportler und historische Persönlichkeiten wie der militante Schwarzenführer Malcolm X, Rock 'n' Roll-Pionier Chuck Berry, die Tänzerin und Schauspielerin Josephine Baker, Musiker Jerry Garcia, Schauspielerin Ingrid Bergman und Astronaut Neil Armstrong.

Auch in der Vergangenheit sind bereits Hologramme toter Musiker aufgetreten – das von Rapper Tupac beim Musikfestival Coachella 2012 - 16 Jahre nach seiner Ermordung - und das Hologramm von Michael Jackson beim Billboard Music Award 2014. Diese digitalen toten Stars sind sogar auf Tournee gegangen – zum Beispiel die des Singer-Songwriters Roy Orbison und die der legendären Opernsängerin Maria Callas.

Die Firma, die hinter den Bühnenproduktionen steckt, heißt BASE Entertainment. Nach eigenen Angaben hat sie mit den Touren 25 bis 30 Millionen US-Dollar (umgerechnet 22,5 bis 27 Millionen Euro) verdient. Aber auch bei den Hologrammen wird ein lebendiger Mensch als Vorlage für den Dreh benötigt, die Aufnahmen werden dann digital weiter bearbeitet.

Die Tücken der digitalen Wiederauferstehung

Doch das Comeback nach dem Tod hat seine Kehrseite. BASE Entertainment hatte eine posthume Tour von Amy Winehouse angekündigt, legte das Projekt aber dann Anfang 2019  doch auf Eis, nachdem einige Schwierigkeiten und spezielle Befindlichkeiten dem entgegen standen. 

Dieser Trend, im Englischen mit "digital necromancy" bezeichnet, bringt viele prominente Stars dazu, sich schon zu Lebzeiten Gedanken über die Verwendung ihrer Bilder und Filmaufnahmen nach ihrem Ableben zu machen.

Hologramme von Menschen gehen viral

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Bereits vor seinem Tod im Jahr 2014 hatte der Schauspieler Robin Williams die Verwendung seiner Bilder in Film, Fernsehen oder als Hologramm für die nächsten 25 Jahre ausdrücklich untersagt. Andere haben in ihrem Testament festgelegt, dass ihre Bilder nicht im Zusammenhang mit Sex, Gewalt, Drogen oder Alkohol verwendet werden dürfen.

Aber viele der toten Stars, die digital wiederbelebt werden, wussten sicherlich nicht, dass sie dieses Schicksal in ferner Zukunft ereilen könnte. Und nicht alle Produktionen, die damit arbeiten, scheinen sich einen Ethik-Kodex auferlegt zu haben:

Posthum feierte auch der berühmte Schauspieler Bruce Lee ein Comeback – in einem Werbespot für schottischen Whisky. Die Kampfkunst-Ikone selbst hatte zu Lebzeiten ganz aufs Trinken verzichtet und rührte keinen Tropfen an.

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