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Wie umgehen mit Investoren aus China?

Brigitte Scholtes
21. Oktober 2022

Die Investitionspläne der chinesischen Reederei Cosco in Hamburg sind sehr umstritten. Allerdings hat das Interesse chinesischer Investoren an Übernahmen in Deutschland in den vergangenen Jahren nachgelassen.

Deutschland Duisburg | Hafen, Container | Symbolbild wirtschaftliche Beziehungen China - Deutschland
Chinesischer Container im Duisburger Hafen, einer Endstation von Chinas Seidenstraßen-Projekt. Bild: Ren Pengfei/Xinhua News Agency/picture alliance

Zwischen 2011 und 2020 haben einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung zufolge insgesamt 193 Investoren aus der Volksrepublik China in 243 Fällen deutsche Unternehmen mehrheitlich oder vollständig übernommen. Zwischen 2016 und 2018 fiel die Zahl der Transaktionen jedoch um 40 Prozent. Im vergangenen Jahr aber - aktuellere Daten gibt es noch nicht - stieg die Zahl der chinesischen Übernahmen in Deutschland von 28 auf 35. Die Zahlen stammen aus einer jährlichen Studie der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft EY. 

Deren Partnerin Yi Sun erklärt die relative Zurückhaltung der Chinesen auch damit, dass westliche Länder ausländische Beteiligungen in für die Infrastruktur und die Sicherheit kritischen Branchen zunehmend einschränkten. Wie groß der Einfluss Chinas da schon ist, zeigt eine Studie der Europäischen Union aus diesem Jahr, in der untersucht wurde, bei welchen Gütern besondere Abhängigkeiten von einzelnen Lieferländern bestünden. Erstellt wurde diese Studie aus Anlass des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine. Gut die Hälfte dieser 137 identifizierten Güter etwa aus dem Bereich Gesundheit oder Erneuerbare Energien liefert danach China, drei Prozent kommen aus Russland. 

Einen Anteil von 35 Prozent möchte der chinesische Cosco-Konzern am Hamburger Hafen Tollerort erwerbenBild: Reuters/F. Bimmer

Kuka-Übernahme als Wecksignal

2016 wurden der damaligen Bundesregierung die möglichen Folgen eines zu starken Einflusses Chinas auch auf die heimische Wirtschaft deutlich. Denn nachdem die Bundesregierung eine vollständige Übernahme des Augsburger Technologiekonzerns Kuka durch den chinesischen Elektrogerätebauer Midea nicht hatte verhindern können, wurde das Außenwirtschaftsgesetz verändert, das seither Übernahmen in bestimmten Bereichen, etwa der Medizintechnik, Energie und Telekommunikation beschränkt. Seither wurde es auch auf Bereiche der Künstlichen Intelligenz ausgeweitet. Wenn ein chinesischer Investor einen größeren Anteil an einem deutschen Unternehmen erwerben möchte, kann die Bundesregierung dieses Vorhaben untersagen.

Der Augsburger Roboter-Hersteller Kuka ist seit 2016 in chinesischer Hand.Bild: picture alliance/dpa/K.-J. Hildenbrand

"Das Bewusstsein für mögliche politische Risiken ist gestiegen", meint Christian Rusche, Ökonom am Institut der deutschen Wirtschaft in Köln (IW). Als Beispiel nennt er den deutschen Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz, an dem die Staatsbank KfW 2018 einen Anteil von 20 Prozent erworben hatte, um damit den Einstieg des chinesischen Staatskonzerns SGCC in die deutsche Stromversorgung zu verhindern. Ebenfalls 2018 untersagte die Bundesregierung vorsorglich die Übernahme der Ahlener Firma Leifeld Metal Spinning durch Investoren aus China. Auch der Bundesnachrichtendienst (BND) erkennt auf die Dauer eine erhebliche Bedrohung von einem "zur Globalmacht aufsteigenden autokratischen China". So sagte dessen Präsident Bruno Kahl vor einigen Tagen bei einer Anhörung im Deutschen Bundestag, Wirtschaft, Gesellschaft und Politik in Deutschland seien in dieser Hinsicht bisher zu vertrauensselig gewesen und hätten sich in eine "schmerzhafte Abhängigkeit" begeben von einer Macht, die "auf einmal nicht mehr wohlgesonnen" erscheine.

Schwierige politische Gemengelage

Horst Löchel, Chinaexperte an der Frankfurt School of Finance and Management warnt jedoch vor der Naivität voreiliger Entscheidungen: Schließlich seien Deutschland und China eng verflochten, arbeiteten 5000 deutsche Unternehmen vor Ort in China. Von den Exporten hingen zwei Millionen Arbeitsplätze in Deutschland ab. Die zunehmend kritische Haltung gegenüber China nennt Löchel "scheinheilig" im Hinblick auf die Annäherung Deutschlands an Katar und Saudi-Arabien in der Energiekrise. Auch der politische Druck der USA auf Europa und Deutschland, China wirtschaftlich zu isolieren, spiele in diesem Zusammenhang eine Rolle. BND-Präsident Kahl hingegen verwies bei der Anhörung im Bundestag auf  "viel Vertrauen und Naivität" im wissenschaftlichen Bereich, die nicht angebracht seien.

Wie stark sich chinesische Investoren in die Geschäftsführung einmischten, das aber sei von Einzelfall zu Einzelfall unterschiedlich, sagt IW-Ökonom Rusche. Die Hans-Böckler-Stiftung verweist in ihrer Studie zum Jahr 2020 auf Rückmeldungen aus einigen betroffenen deutschen Tochterunternehmen. Die zeigten, dass der finanzielle Druck der chinesischen Mutterkonzerne auf die deutschen Standorte deutlich gestiegen sei: "In einzelnen Fällen gehören Lohnverzicht und Stellenabbau zu den aktuellen Anforderungen der chinesischen Gesellschafter. Sobald die während der Übernahme geschlossenen Standortsicherungsverträge ausgelaufen sind, entfällt der Schutz vor betriebsbedingten Kündigungen."

Der damalige Kuka-Chef Till Reuter, der sich 2016 noch für die Übernahme durch den chinesischen Investor Midea ausgesprochen hatte, musste zwei Jahre nach der Übernahme gehen. In diesem Sommer warnte er dann: "Wir müssen auf allen Ebenen Abhängigkeiten reduzieren - vor allem auch mit Blick auf China."

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