1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
KlimaGlobal

Klimawandel: Was können wir gegen Dürre tun?

20. Juli 2023

Viele Länder leiden akut unter Dürre. Was hilft, mit Wassermangel umzugehen und Wasser zu sparen? Die DW zeigt Lösungen aus aller Welt.

Ein indisches Schulmädchen in Bangalore geht mit leeren Wasserkanistern zu einer öffentlichen Versorgungsstelle mit Trinkwasser
Im indischen Bangalore geht über die Hälfte des Trinkwassers durch Wasserverschmutzung und ineffiziente Sanitäranlagen verlorenBild: Aijaz Rahi/AP Photo/picture alliance

Ingrid Coetzee erinnert sich noch gut an die Wasserkrise in Kapstadt im Jahr 2018, als fast nichts mehr aus den Wasserhähnen kam und die südafrikanische Metropole zur ersten Großstadt der Welt wurde, die Gefahr lief, kein Wasser mehr zu haben. Zeitweise durften die Einwohner nur noch 50 Liter Wasser pro Tag verbrauchen. Zum Vergleich: Eine Ladung Wäsche benötigt je nach Maschine bis zu 70 Liter Wasser.

"Ich weiß noch, wie schwer es war, mit diesen strengen Beschränkungen zu leben und die tägliche Wassermenge zu reduzieren", erzählt die in Kapstadt lebende Expertin für biologische Vielfalt, Natur und Gesundheit der Deutschen Welle am Telefon. Coetzee arbeitet für das afrikanische ICLEI- Büro, einen weltweiten Verband von Städten und Landkreisen für Umweltschutz und nachhaltige Entwicklung.

Schließlich gelang es in Kapstadt durch strenge Wasserbeschränkungen für Unternehmen und Einwohner den "Tag Null" zu vermeiden, also den Tag, an dem kein Wasser mehr aus den Wasserhähnen gekommen wäre. Die Stadt erhöhte die Wassertarife und Bußgelder für übermäßigen Wassergebrauch und arbeitete mit dem Agrarsektor zusammen, um die Bodenfeuchtigkeit zu erhalten. 

Während der Wasserkrise von 2018 mussten viele Bürger Kapstadts ihr Wasser an öffentlichen Verteilungsstellen holenBild: Halden Krog/AP Photo/picture alliance

Mit einer großen öffentlichen Sensibilisierungskampagne seien die Menschen aufgefordert worden, Aktivitäten, die besonders viel Wasser verbrauchen, wie das Waschen von Kleidung oder Autos einzuschränken oder ganz zu unterlassen, berichtet Coetzee. Viele folgten der Empfehlung, kürzer zu duschen und ihr Duschwasser für die Toilettenspülung zu verwenden.

"Viele Hausbesitzer, vor allem diejenigen, die es sich leisten konnten, installieren Sammelbehälter für Regenwasser, aber die Mehrheit der Menschen verfügt nicht über diesen Luxus, für sie ist es sehr schwierig", sagt sie.

Heimische Pflanzen helfen Kapstadt bei der Wasserversorgung

Seit der Dürre hat Kapstadt die Wasserversorgung mit verschiedenen Methoden verbessert. In Zusammenarbeit mit öffentlichen Einrichtungen, privaten Unternehmen und lokalen Gruppen werden Einzugsgebiete für Oberflächenwasser und Grundwasser wiederhergestellt.

"Die Entfernung invasiver gebietsfremder Pflanzen in den Wassereinzugsgebieten der Stadt und die Wiederherstellung dieser Gebiete - diese naturbasierte Lösung erwies sich als die kostengünstigste und effizienteste Maßnahme mit den besten Ergebnissen", so Coetzee. Denn anders als etwa einheimische Arten, wie beispielsweise der Fynbos-Strauch, saugen invasive Arten wie Kiefern oder Eukalyptus viel mehr Wasser auf, und verringern so die Wasservorräte der Stadt.

Die buschige Fynbos-Vegetation kommt mit wenig Wasser aus und ist nur in Südafrika zu findenBild: Nic Bothma/epa/dpa/picture alliance

"Die bisherigen Bemühungen haben 55 Milliarden Liter zusätzliches Wasser pro Jahr erbracht, und das zu einem Zehntel der Kosten der nächstbilligeren Option", so Coetzee im Gespräch mit der DW.

Im Zusammenspiel mit der Rückkehr des Regens und den in der Wasserkrise eingeübten Sparmaßnahmen hat die Wiederherstellung der ursprünglichen Vegetation dazu beigetragen, die Wasserreservoirs der Stadt wieder aufzufüllen und die Wassersorgen deutlich zu lindern - zumindest vorerst.

Ob Tokio oder San Diego: Wasserverluste durch Lecks in Leitungen verhindern

Viele weitere Städte auf der ganzen Welt haben in Effizienzmaßnahmen investiert, um Wasser zu sparen. Die japanische Hauptstadt Tokio zum Beispiel hat ihre Infrastruktur verbessert und konzentrierte sich auf die schnelle Erkennung und Reparatur von Lecks in Wasserleitungen. So halbierte die Stadt ihre Wasserverluste von sechs Prozent im Jahr 2002 auf nur noch drei Prozent in 2012.

Noch fällt genügend Regen in Tokio, doch Japans Hauptstadtregion, in der mehr als 37 Millionen Menschen leben, könnte in den kommenden Jahrzehnten vor Schwierigkeiten stehenBild: Kiichiro Sato/AP Photo/picture alliance

An Orten, deren Wasserversorgung durch den Klimawandel bereits jetzt eingeschränkt ist, sind solche Bemühungen noch wichtiger. Wie viele Menschen in Kalifornien hatten auch die 3,3 Millionen Einwohner von San Diego County an der südlichen US-Grenze zu Mexiko in den letzten 20 Jahren mit mehreren schweren Dürreperioden zu kämpfen.

Doch mit Nutzungsbeschränkungen, öffentlicher Aufklärung sowie Investitionen in größere Wasserspeicher und in die Ummantelung von Wasserkanälen, um Verluste durch Sickerwasser zu verhindern, konnte der Bezirk den Pro-Kopf-Wasserverbrauch in den letzten drei Jahrzehnten um die Hälfte senken.

Trockenresistente Stauden verbrauchen nicht nur weniger Wasser als Rasen sondern bieten auch noch Insekten NahrungBild: Gregory Bull/AP Photo/picture alliance

Zusammen mit technischen Lösungen wie Entsalzungsanlagen, die Meerwasser trinkbar machen, und Plänen für eine bessere Reinigung und Wiederverwendung von Abwasser, dem sogenannten Brauch- oder Grauwasser, wird der Landkreis nach eigenen Angaben in der Lage sein, seinen Bedarf bis mindestens 2045 zu decken - allerdings mit erheblichen finanziellen Investitionen.

Mehr Wasseraufbereitung und Entsalzung in Afrika und Asien

Das trockene Namibia ist quasi ein Veteran, wenn es darum geht, alternative Wasserquellen zu finden. In der Hauptstadt Windhoek wurde 1968 die erste Wasseraufbereitungsanlage der Welt errichtet, die in einem zehnstufigen Prozess mit mehreren Filterschichten und durch Desinfektion aus Abwasser wieder sicheres Trinkwasser macht. 2002 wurde die Aufbereitungsanlage Goreangab modernisiert und liefert weiterhin zuverlässig Wasser.

Das Frühjahr 2022 war in Belgien und den Niederlanden besonders trocken und zwang Landwirte, ihre Felder zu bewässernBild: robin utrecht/picture alliance

Wasserrecycling und Entsalzung sind in trockenen Klimazonen wie dem Nahen Osten, dem Mittelmeerraum und Südasien bereits weit verbreitet. Nicht so in Nord- und Mitteleuropa, wo sich die meisten Länder bisher nicht wirklich Sorgen um ihre Wasserversorgung machen mussten. Doch das ändert sich.

Trinkwasser aus Recycling und Rückgewinnung auch in Europa

Belgien und die Niederlande prüfen Projekte in Antwerpen und Den Haag, bei denen Trinkwasser aus unkonventionellen Quellen gewonnen werden soll. Eine Anlage im Hafen im belgischen Antwerpen, deren Betrieb für 2024 geplant ist, soll Salzwasser und später auch Abwasser für die nahe gelegenen Industrieanlagen aufbereiten. Damit hofft man, den Wasserverbrauch des Hafens - bisher alles Trinkwasser - um etwa 95 Prozent zu senken und so den Druck auf die Wasserversorgung der Region nach Jahren der Dürre zu verringern.

Wassernotstand wegen anhaltender Dürre in Uruguay

02:06

This browser does not support the video element.

Im niederländischen Den Haag hat der Wasserversorger Dunea ein Pilotprojekt zur Aufbereitung von Brackwasser gestartet, das unter den Küstendünen hochgepumpt wird. Mithilfe von Umkehrosmose, bei der mit hohem Druck und sehr feinen Membranen Salz und andere Mineralien herausgefiltert werden, könnte Dunea jedes Jahr bis zu sechs Milliarden Liter Trinkwasser produzieren. Das hört sich nach viel an - aber im Jahr 2020 verbrauchten die Niederlande rund 1,3 Billionen Liter.

"Wir wollen die Zahl der Wasserquellen erhöhen, aber auch die Nachfrage begrenzen", so der Leiter des Dunea-Projekts, Gertjan Zwolsman, bei der Einführung im Februar 2022. "Wir unterstützen zum Beispiel wassersparende Neubauten und fordern unsere Kunden zu einem verantwortungsvollen Umgang mit Wasser auf. Aber dieser Ansatz braucht Zeit".

Zisternen, Taunetze, Wüstengärten: Wie traditionelle Vorbilder heute gegen Wasserknappheit helfen

Im Jahr 2021 griff die Stadtverwaltung im türkischen Istanbul eine Idee aus der Zeit von Byzanz und dem Osmanischen Reich auf und schrieb eine Zisternen-Pflicht für alle neuen Gebäude mit Grundstücksflächen von mehr als 1000 Quadratmetern vor. In den unterirdische Zisternen soll Regenwasser gesammelt und anschließend wiederverwendet werden. Die türkische Bundesregierung ordnete ähnliche Pläne für den Rest des Landes an.

Kreisförmige Tolou-Keur-Gärten helfen Pflanzen und Bäumen, Feuchtigkeit zu speichern, und sie so gegen das trockene, heiße Klima widerstandsfähiger zu machenBild: ZOHRA BENSEMRA/REUTERS

Im Senegal beugen Landwirte mit kreisförmig angelegten Gärten der Wüstenbildung vor. In den "tolou keur" genannten Gärten wachsen Pflanzen und Bäume, die gegen das heiße, trockene Klima resilient sind. In der Mitte der kreisförmigen Beete wachsen Heilpflanzen, gefolgt von Gemüsereihen und einem äußeren Ring aus Obst-, Nuss- und großen Affenbrotbäumen. So wachsen die Wurzeln der Pflanzen nach innen und helfen, die seltenen Regenfälle der Region aufzufangen.

Und in Ländern wie Chile und Marokko werden seit langem Netze ausgebreitet, um Wasser durch das Auffangen von Tau zu sammeln. Durch moderne Technik, verbesserten Materialien und einem neuen Design konnte die gesammelte Wassermenge in Forschungsprojekten sogar verfünffacht werden.

Redaktion: Jennifer Collins

Adaption aus dem Englischen: Jeannette Cwienk

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen
Den nächsten Abschnitt Top-Thema überspringen

Top-Thema

Den nächsten Abschnitt Weitere Themen überspringen