Wie umweltfreundlich sind E-Autos?
7. August 2017Elektroautos stoßen keine klimaschädlichen Treibhausgase und giftigen Stickoxide aus. Sie sind leise und leicht zu bedienen. Elektrische Fahrzeuge scheinen also in vielerlei Hinsicht besser zu sein als Autos, die mit Benzin oder Diesel laufen.
Die Regierungen vieler Länder ermutigen ihre Bürger, auf E-Autos umzusteigen. Denn Elektroautos schlagen gleich zwei Fliegen mit einer Klappe: Sie helfen dabei, nationale Ziele zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen einzuhalten. Und sie verringern die Luftverschmutzung in den Städten.
Deutschland hat sich dazu verpflichtet, seine Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2020 um 40 Prozent im Vergleich zum 1994er Niveau zu reduzieren. Das Ziel ist, bis dahin eine Million E-Autos auf den Straßen zu haben. Das scheint bisher schwer machbar.
Doch auch E-Autos sind keine perfekte Lösung.
Kaum Erleichterung fürs Klima
Wenn E-Autos mit Strom laufen, der durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe generiert wurde, bringen sie kaum eine Erleichterung fürs Klima. E-Autos brauchen für ihre Herstellung zudem mehr Energie als konventionelle Autos; das liegt an ihren komplexen Akkus. Die Entsorgung dieser Akkus wiederum belastet ebenfalls die Umwelt.
Unter den gegenwärtigen Bedingungen ist der CO2-Fußabdruck eines batteriebetriebenen Autos "ähnlich dem eines Autos mit einem Verbrennungsmotor, unabhängig von dessen Größe". So lautet die Schlussfolgerung einer Studie des Instituts für Energie- und Umweltforschung (IFEU) in Heidelberg aus dem Jahr 2011.
Zwar stoßen E-Autos keine Abgase auf der Straße aus, aber Kohlendioxid entsteht trotzdem - nämlich in den Kraftwerken, die den Strom produzieren, der die E-Autos antreibt. In Deutschland stammt über die Hälfte der Elektrizität aus Kohle und Erdgas. Jemand, der sein elektrisches Auto mit dem Strom lädt, der aus einer deutschen Steckdose kommt, müsste 100.000 Kilometer fahren, um diese Umweltschuld wieder "abzuzahlen", also insgesamt weniger Kohlendioxid zu produzieren als ein benzinbetriebenes Auto. Wird das Auto nur mit grünem Strom geladen, verringert sich die Zahl allerdings auf 30.000 Kilometer.
Doppelt so viel CO2 durch E-Akkus
Nach einer Studie des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik benötigt der Bau eines E-Autos doppelt so viel Energie wie der eines konventionellen Autos. Hauptgrund ist der Akku: Die Forscher schätzen, dass für jede Kilowattstunde (kWh) Batteriekapazität 125 Kilogramm Kohlendioxid ausgestoßen werden. Für eine 22-kWh-Batterie eines BMW i3 wären das dann fast drei Tonnen CO2.
Eine Studie des Schwedischen Umweltforschungsinstitut IVL kam 2017 zu dem Schluss, dass für die Herstellung einer kWh Batteriekapazität sogar noch mehr, nämlich 150 bis 200 Kilogramm CO2 ausgestoßen werden sowie 350 bis 650 Megajoule Energie verbraucht werden.
Für die Herstellung der E-Autos braucht man Metalle wie Kupfer, Kobalt und das Seltenerdmetall Neodym. Viele dieser Rohstoffe stammen aus Ländern wie China und der Demokratischen Republik Kongo. Ihr Abbau bringt dort Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörungen wie Entwaldung sowie Verschmutzung von Flüssen und dem Boden mit sich. Viele Automobilhersteller benutzen zudem Aluminium für die Karosserie ihrer E-Autos; die Herstellung dieses Leichtmetalls aus Bauxiterz braucht riesige Mengen Energie.
Yoann Le Petit, E-Mobilitätsexperte bei der Organisation Transport & Environment in Brüssel, sagt, dass zwar die Herstellung von elektrischen Autos mehr Energie verbrauche als die von Autos mit konventionellen Antrieben - wenn sie allerdings einmal in Gebrauch sind, seien heutige E-Autos jedoch viel sauberer und energieeffizienter, betont er. "Und das wird natürlich noch besser, je mehr erneuerbare Energien für die Stromerzeugung zum Einsatz kommen."
Mehr Verkehr auf den Straßen
Das deutsche Umwelt- und Prognose-Institut (UPI) warnt, dass mehr E-Autos mehr Verkehr mit sich bringen könnten. Beispiel Norwegen: Das Land führt Europa an, was den Verkauf von elektrischen Fahrzeugen angeht. Seitdem aber die Verkaufsrate von E-Autos steigt, nahm laut UPI die Zahl der Pendler, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit fahren, um 80 Prozent ab.
Auch Greenpeace warnt, dass der Umstieg auf Elektromobilität wenig Vorteile mit sich bringe, wenn das dazu führt, dass mehr Menschen überhaupt ein Auto besitzen. Regierungen sollten sich besser darauf konzentrieren, öffentliche Verkehrsmittel zu elektrifizieren. Stattdessen ermutigten die Bundesregierung und die Automobilindustrie die Menschen, sich eigene Autos zu kaufen – beim Kauf eines E-Autos gibt es beispielsweise eine Prämie von 4000 Euro oben drauf.
E-Greenwashing?
Da E-Autos indirekt Abgase ausstoßen, stellt sich die Frage, ob sie sich überhaupt als "schadstofffreie Fahrzeuge" bezeichnen lassen. Diese Diskussion hat weitreichende Konsequenzen.
Automobilhersteller müssen die neuen CO2-Grenzwerte der EU nur im Durchschnitt einhalten. Indem sie "schadstofffreie Fahrzeuge" herstellen, können sie weiterhin Spritfresser wie SUVs herstellen, die die Grenzwerte überschreiten.
Wie Studien des Forschungsinstituts für Mobilität, Logistik und Fahrzeugtechnik an der Freien Universität Brüssel zeigen, wird ein akkubetriebenes Auto, das seinen Strom aus fossilen Rohstoffen bezieht, im Laufe seiner Nutzungsdauer etwas mehr Abgase ausstoßen als ein Dieselauto, aber weniger als ein Benziner. E-Autos, die mit Strom aus Erneuerbaren Energien fahren, pusten während ihrer Lebenszeit allerdings sechs Mal weniger CO2 in die Luft als ein benzinbetriebenes Auto.
Damit der Umstieg auf die Elektromobilität möglichst wirkungsvoll ist, müssen Länder also ihren Stromerzeugungsmix gleichzeitig verändern. Die Erneuerbaren machten im Jahr 2016 etwa 34 Prozent an Deutschlands Energiemix aus - im Jahr 2035 sollen das 55 bis 60 Prozent sein.
Wohin mit der Batterie?
Die kompliziert gebauten Akkus von E-Autos enthalten giftige Chemikalien. Was soll mit denen vor der Verschrottung der Wagen passieren? Experten hoffen, dass sich die Akkus demnächst wiederverwenden lassen. "Ein Akku lässt sich sehr effizient auch für andere Zwecke einsetzen", sagt Jim Holder, Chefredakteur bei "What Car?", eine britische Autozeitschrift.
An mehreren Universitäten arbeiten Wissenschaftler daran, die Akkus von E-Autos wiederzuverwenden, beispielsweise für industrielle Zwecke. Je länger sich der Akku nach Ende der Nutzungsdauer des Autos einsetzen lässt, desto umweltverträglicher wird das Auto.
Forscher versuchen auch, die Akkus der E-Autos effizienter zu machen oder sie als Stromspeicher einzusetzen. Ein Auto, das ans Stromnetz angestöpselt ist, könnte in Zeiten, wenn beispielsweise der Wind weniger weht oder die Sonne nicht scheint, Energie ans Stromnetz abgeben.