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Politik

Wie viel Gegenwind hat die GroKo zu erwarten?

Kay-Alexander Scholz
13. März 2018

Fast sechs Monate nach der Bundestagswahl ist Angela Merkel zum vierten Mal zur Kanzlerin gewählt worden. Ihre neue große Koalition wird es schwerer haben als die alte Regierung. Das liegt nicht nur an der AfD.

Koalitionsvertrag
Merkel präsentiert den neuen KoalitionsvertragBild: picture-alliance/dpa/AP Photo/M. Schreiber

Schon die Zahlen zeigen: Die neue große Koalition aus CDU, CSU und SPD, GroKo genannt, ist gar nicht mehr so groß wie zuletzt noch. Gehörten in der Vorgänger-GroKo vier von fünf Abgeordneten zum Regierungsblock, sind es jetzt nur knapp mehr als die Hälfte. Im neuen Bundestag sitzen nun 310 Abgeordnete aus vier Oppositionsparteien -  AfD, Linke, FDP und Grüne. 

Die Sitzverteilung im Bundestag - Die GroKo ist gar nicht so riesig

Die größte Herausforderung ist gleich auf mehreren Ebenen die stärkste Oppositionspartei im Bundestag - die AfD. Sie profitiert von einem besonderen Recht im Bundestag: So darf sie dem mächtigsten Ausschuss vorsitzen - dem Haushaltsausschuss. Die Sitze in den Ausschüssen sind genauso verteilt wie die Mehrheitsverhältnisse im Bundestag. 

Der Haushaltsausschuss des Bundestags mit seinem neuen Vorsitzenden Peter Boehringer von der AfDBild: picture-alliance/dpa/B. von Jutrczenka

Schon jetzt wurden Vorhaben der Regierung von der Opposition aufgehalten. Eine andere Taktik: Oppositionsparteien können hartnäckig darauf drängen, dass ihre Themen auf die Tagesordnung kommen. Die Linkspartei drängte jahrelang auf die Einführung eines Mindestlohns, am Ende schwenkte die Regierung ein. Zuletzt wurde die Opposition als zahm beschrieben. Das ändert sich jetzt. Vor allem, weil die Rechtspopulisten von der AfD im Parlament sitzen.

AfD will ärgern

AfD-Fraktionschef Alexander Gauland hatte nach der Bundestagswahl im Herbst angekündigt, die Kanzlerin "jagen" zu wollen. Diese martialische Kampfansage ist für deutsche Verhältnisse eine extreme Wortwahl. Dahinter steckt vor allem politisches Marketing. Im Alltag geht es vor allem darum, den politischen Gegner zu ärgern.

Eine Möglichkeit hierfür: Die AfD bringt Anträge ein, die schon einmal im sogenannten Unionslager von CDU und CSU diskutiert wurden, und beantragt eine namentliche Abstimmung. Da die Unionsfraktion beschlossen hat, mit der AfD nicht zusammen zu arbeiten, steckt sie damit in der Zwickmühle.

Die Führungsriege der AfD-FraktionBild: picture-alliance/dpa/K. Nietfeld

Dann gibt es die populistische Taktik: Mit vermeintlich populären Themen mediale Aufmerksamkeit zu provozieren - Solidaritätszuschlag abschaffen, Terrorabwehr neu organisieren, Grenzen dicht machen. Da keine Aussicht darauf besteht, das auch umzusetzen, kann die AfD viel fordern und bekommt die öffentliche Aufmerksamkeit, die sie will.

Eine andere Möglichkeit ist, eine "Aktuelle Stunde" zu einem ausgewählten Thema auf die Tagesordnung zu setzen. Von diesem Recht kann jede Fraktion im Bundestag nach einem Verteilungsschlüssel Gebrauch machen, also auch die AfD.

Je provokanter, umso besser

Am Rednerpult versucht die AfD, möglichst aggressiv aufzutreten und zu provozieren. Weil so mancher Abgeordneter einer anderen Partei mit gleichen Waffen zurückschlägt, ist der Gesamtton im Parlament schon jetzt rauer geworden.

Solche Reden lassen sich zudem gut über soziale Medien verbreiten. Dort sorgen sie dann für eine höhere Reichweite und verstärken die Polarisierung. Dass diese Strategie gewollt ist, hört man immer wieder. Die Redebeiträge seien "erstklassig", sagte nun auch Parteichef Jörg Meuthen bei einer Pressekonferenz in Berlin. Er sei stolz auf die AfD-Bundestagsfraktion.

Die Frage ist, ob das durchgehalten werden kann. Dafür spricht: Die AfD-Fraktion arbeitet noch gar nicht mit voller Kraft. Erst die Hälfte der Stellen für Referenten in der Fraktion konnten besetzt werden. Dagegen spricht: Auch in der Bundestagsfraktion laufen die AfD-typischen Grabenkämpfe zwischen Gemäßigten und Radikalen. Noch dringt davon nicht viel an die Öffentlichkeit.

Opposition: Angreifen und Profil schärfen

Ähnlich fundamental wie die AfD tickt teilweise die Linkspartei. Bei der Sozial- oder Außenpolitik haben sie oft ganz andere Meinungen als die anderen Parteien aus der politischen Mitte und benutzten manchmal auch ähnliche Argumente wie die AfD. Weil die Linken aber mit den Rechtspopulisten nichts gemein haben wollen, werden sie darauf bedacht sein, gute eigene Angriffspunkte zu finden.

Weniger angriffslustiger dürften die Grünen und die Liberalen sein. Da beide Oppositionsparteien mittelfristig mit der Union regieren wollen, werden sie sich gut überlegen, in welchen Punkten und wie stark sie attackieren.

Die Grünen wollen die Regierung vor allem bei den Themen Klimaschutz und Familiennachzug für Flüchtlinge angreifen. Die Liberalen könnten dagegen noch für manche Überraschung sorgen. Die FDP sprang in letzter Minute von einer Koalition mit Union und Grünen ab - und war dafür stark kritisiert worden. Das werden die Abgeordneten in ihren Reden immer wieder inhaltlich begründen wollen. Die FDP wird sich in ihrer Kritik sicherlich auch auf die marktwirtschaftliche Ausrichtung der Regierung konzentrieren, den Markenkern der Liberalen.

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