Wie viel Macht geben Executive Orders dem US-Präsidenten?
19. Januar 2025Donald Trump bereitet sich darauf vor, an seinem ersten Tag im Amt eine lange Reihe von sogenannten Executive Orders in Kraft zu setzen. Mit diesen Durchführungsverordnungen oder Dekreten, die vom Präsidenten direkt erlassen werden und für die keine Zustimmung des Kongresses erforderlich ist, möchte Trump schnell Fakten schaffen. Die meisten davon werden vermutlich die Einwanderungs-, Energie- und Handelspolitik betreffen.
Personen, die für ihre Beteiligung an den Krawallen am 6. Januar 2021 strafrechtlich verurteilt wurden, können zudem mit einer Begnadigung durch den frisch vereidigten Präsidenten rechnen.
Trump ist nicht der erste Präsident, der am ersten Tag im Amt unverzüglich zur Tat schreitet. Joe Biden unterzeichnete an seinem ersten Tag neun Durchführungsverordnungen. Sollte Trump jedoch wie vermutet 100 solcher Verordnungen unterzeichnen, würde das alle Präsidenten vor ihm in den Schatten stellen.
Das lenkt die Aufmerksamkeit auf die Rolle von Durchführungsverordnungen und anderen Befugnissen des Präsidenten und auf die Art und Weise, wie der 47. Präsident der Vereinigten Staaten seine Macht während seiner zweiten Amtszeit ausüben könnte.
Was ist eine Durchführungsverordnung?
Gesetze werden im US-Kongress gemacht und verabschiedet, doch der Präsident kann der Regierung eigene Anweisungen erteilen.
Die Verfassung der Vereinigten Staaten nimmt nicht explizit Bezug auf Durchführungsverordnungen, der Präsident kann aber als oberster Vertreter der Exekutive Richtlinien für Bundesbeamte und -behörden erlassen.
Wie viel Gewicht haben Durchführungsverordnungen?
Durchführungsverordnungen sind keine Gesetze, sie können aber ebenso wirkungsvoll sein.
Trotzdem: "Gesetze, die von beiden Kammern des Kongresses verabschiedet und vom Präsidenten unterzeichnet werden, setzen sie außer Kraft", erläutert Politikwissenschaftler Bert Rockman von der Purdue University in Indiana.
Wie häufig nutzen Präsidenten Durchführungsverordnungen?
Es gibt keine Beschränkungen für den Erlass von Durchführungsverordnungen. In der Vergangenheit gab es Präsidenten, die keine derartigen Verordnungen erließen und andere, die sehr viele unterzeichneten: Bei Franklin D. Roosevelt etwa waren es nicht weniger als 3700.
Donald Trump zählte zu den Präsidenten der vergangene Jahrzehnte, die das Instrument vergleichsweise häufig einsetzten. Im Schnitt erließ er jährlich 55 Durchführungsverordnungen, der höchste Durchschnitt seit Präsident Jimmy Carter (80).
Wie lässt sich der Einsatz von Durchführungsverordnungen kontrollieren?
Das Amt des modernen US-Präsidenten wird häufig so dargestellt, als handle es sich um eine allmächtige Führungsposition. Die Möglichkeit, Durchführungsverordnungen zu unterzeichnen, erweckt den Anschein, als könne ein Präsident tun, was er will. Doch das stimmt nicht ganz: Es gibt Maßnahmen, mit denen sichergestellt werden kann, dass kein Teil der US-Regierung zu viel Macht ausüben kann.
Die erste Einschränkung besteht in der Möglichkeit, Durchführungsverordnungen des Präsidenten vor Gericht anzufechten. Das geschah mit einer der Verordnungen von Joe Biden aus dem Jahr 2023, mit der Bundesbeamte angewiesen wurden, sich gegen COVID-19 impfen zu lassen, und mit einem Dekret Trumps, mit dem er 2017 die Finanzierungsverfahren für sogenannte "Sanctuary Cities" ändern wollte.
Doch auch wenn Gerichte Verordnungen blockieren können, die sie als rechtswidrig betrachten, können sie auch im Sinne des Präsidenten entscheiden. Ein Beispiel hierfür ist Trumps Einreisestopp für ausländische Staatsangehörige aus dem Jahr 2017. Das Verbot betraf hauptsächlich Reisende aus muslimischen Ländern und wurde in den Gerichten angefochten. Nach einigen Änderungen entschied der Oberste Gerichtshof dann, dass das Verbot rechtmäßig sei.
"Das Dekret wurde schnell, innerhalb weniger Tage, in Gerichten des Bundes angefochten", erinnert sich Mitch Sollenberger, Politikwissenschaftler an der University of Michigan-Dearborn. "Es wanderte schließlich bis vor das Oberste Gericht, das Trump Recht gab."
Der Kongress hat die Möglichkeit, Durchführungsverordnungen durch Gesetzgebungsverfahren zu ändern oder aufzuheben. Sollenberger weist darauf hin, dass sich das Weiße Haus bemüht, Durchführungsverordnungen so zu erlassen, dass sie sie nicht vor Gericht oder vom Kongress angefochten werden: "Es ist im Interesse eines jeden Präsidenten, sich bei seinen Vorhaben innerhalb der Normen und im Kontext seines politischen Umfelds zu bewegen."
Die Verfassung beschränkt die Präsidentschaft auf zwei Amtszeiten und so wird Trump einen demokratischen oder republikanischen Nachfolger haben. Dieser könnte neue Durchführungsverordnungen erlassen, die die von Trump während seiner letzten Amtszeit erlassenen Verordnungen wieder aufheben. Das geschah, als Joe Biden eine Verordnung unterzeichnete, mit der die USA wieder dem Pariser Klimaabkommen beitraten, das Trump während seiner ersten Amtszeit verlassen hatte.
Welche weiteren Instrumente stehen dem Präsidenten zur Verfügung?
Der Präsident hat beim Regieren einen großen Spielraum. Vom Kongress verabschiedete Gesetzesvorhaben werden von ihm gewöhnlich unterzeichnet. Er kann aber auch sein Veto gegen Gesetzesentwürfe einlegen und diese zurück an den Kongress senden.
Der Präsident ist das Regierungsoberhaupt, er ist Oberbefehlshaber des Militärs und repräsentiert die Vereinigten Staaten auf der internationalen Bühne, nimmt an Verhandlungen teil, benennt Beamte und Regierungsbeauftragte und empfängt ausländische Staats- und Regierungsoberhäupter.
Neben Durchführungsverordnungen stehen dem Präsidenten auch präsidiale Memoranda und Erlasse zur Verfügung. Letztere haben überwiegend zeremoniellen Charakter.
Außerdem hat der Präsident Befugnisse, die von anderen Instanzen der US-Gesellschaft kontrolliert werden. So kann er die Mitglieder seines Kabinetts und Richter am Obersten Gerichtshof ernennen, die jedoch durch den Senat bestätigt werden müssen.
Das Gleiche trifft auf Konflikte mit anderen Ländern zu. Der Präsident mag oberster Befehlshaber der Streitkräfte sein, Kriege erklären kann jedoch nur der Kongress.
Das könnte relevant werden, sollte Präsident Trump versuchen, sich auf den Alien Enemies Act zu berufen, um Migranten ohne Papiere abzuschieben, wie er es während seiner Wahlkampagne versprochen hat. Voraussetzung für die Aktivierung des Gesetzes ist, dass sich die USA im Krieg mit dem betreffenden Land – z. B. Mexiko – befinden. Der Kongress müsste also einer Kriegserklärung zustimmen.
Über Verträge und weitere Abkommen kann der Präsident zudem die Beziehungen der USA mit anderen Ländern formen. So wird zum Beispiel davon ausgegangen, dass Trump erneut das Pariser Klimaabkommen sowie die Weltgesundheitsorganisation verlassen wird.
Auch wenn der Handlungsfähigkeit des Präsidenten Grenzen gesetzt sind und er die Mitwirkung von Senat oder Kongress benötigt, tritt Präsident Trump sein Amt doch unter ungewöhnlichen Umständen an. Als republikanischer Präsident verfügt er über republikanische Mehrheiten in beiden Kammern des Kongresses. Der Oberste Gerichtshof ist ebenfalls konservativ geprägt.
Adaptiert aus dem Englischen von Phoenix Hanzo.