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Was bringt ein Antikörpertest?

Gudrun Heise
8. November 2021

Hat die Impfung bei mir angeschlagen? Darüber geben Antikörper Aufschluss. Noch gibt es für solche Tests aber keine Grenzwerte. Ein weiteres Problem: die neue hochansteckende Delta-Variante.

Coronavirus Antikörper-Test
Bild: MIS/picture-alliance

Nach einer durchgemachten Infektion mit dem Corona-Virus oder nach einer Impfung bilden wir Antikörper gegen das Spike-Protein. SARS-CoV-2 nutzt dieses Protein, um an die Zellen anzudocken und in sie einzudringen. Anhand des Spike-Proteins können die Antikörper das Virus erkennen, daran anbinden und es so für die Immunzellen sichtbar machen. 

Nach Angaben des RKI (Robert-Koch-Institut - Stand 2. November 2021) liegt der Schutz bei mRNA Impfstoffen wie dem von BioNTech/Pfizer bei etwa 90 Prozent. Das gilt allerdings nicht für die neue Delta-Variante des Virus. Im Vergleich zum sogenannten Wildtyp ist diese Variante wesentlich ansteckender und breitet sich inzwischen weltweit in vielen Regionen aus. 

Die Delta-Variante ist äußerst gefährlich

Die Delta-Variante ist besonders gut darin, Menschen nach der ersten Impfung zu infizieren. Der Immunologe Carsten Watzl vom Leibniz-Institut der TU Dortmund schätzt, dass die Effektivität des BioNTech/Pfizer-Impfstoffes dadurch von 90 Prozent bei der Ursprungsvariante auf 88 Prozent falle, die des Vektor-Impfstoffes von AstraZeneca von 66 auf 60 Prozent. 

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Daten aus Israel besagen sogar, dass der Schutz vor einer Ansteckung mit der gefährlichen Variante bei Impfung mit BioNTech/Pfizer bei nur etwa 64 Prozent liegt. Mit 93 Prozent ist der Schutz vor einem schweren Verlauf allerdings nach wie vor hoch. 

Laut Auskunft der Deutschen Gesellschaft für Immunologie (DGfI) ist mittlerweile klar, dass die Antikörper sechs bis neun Monate nach der Impfung absinken. Dann ist die Immunabwehr des Körpers nicht mehr optimal. Bei der Delta-Variante gibt es zudem das Problem, dass nicht immer alle Antikörper diese Variante auch zuverlässig erkennen. 

Die Impfung allein macht noch nicht immun 

Die Delta-Variante stellt Wissenschaftler erneut vor große Herausforderungen. Gegen die bislang bekannten Virus-Varianten sind die meisten von uns im besten Fall nach zwei Impfungen erst einmal immun. Das treffe aber nicht auf alle Geimpften zu, gibt Carsten Watzl zu Bedenken. "Die Impfung allein ist noch kein Garant dafür, dass man immun ist. Entscheidend ist, dass unser Körper einen ausreichenden Immunschutz aufbaut hat. Den aber können wir im Moment noch nicht messen."

Anders ist das beispielsweise bei einer Tetanus-Impfung, die gegen das Bakterium Clostridium tetani wirken. Wissen wir nicht, ob wir noch genügend Schutz haben, können wir dies testen. Über das Blut können im Labor die Impftiter bestimmt werden. Liegt die Anzahl der Antikörper über einem gewissen Grenzwert, ist die Person gegen die Tetanus-Erreger immun. Liegt der Titer zu niedrig muss der Arzt eine Auffrischungs-Impfung verabreichen. 

"Auf diesem Stand sind wir bei Corona aktuell noch nicht. Wir wissen noch nicht genau, was wir messen müssen, damit wir wirklich festzustellen können, ob jemand immun ist oder nicht. Wahrscheinlich spielen dabei die neutralisierenden Antikörper eine entscheidende Rolle. Sie binden das Virus so, dass es keine weiteren Zellen mehr infizieren kann. Aber wie hoch die Anzahl dieser Antikörper sein muss, ist eben noch unklar", erläutert Watzl. 

Keine klaren Richtwerte zur Immunität

Die derzeitigen Tests könnten in Zukunft Auskunft darüber geben, wie stark der Immunschutz auch Monate nach der zweiten Impfung noch ist, ober der Schutz ausreicht oder ob eine dritte Impfdosis nötig ist. Noch warnen Experten davor, dass Antikörpertests keine absolute Gewissheit über den Status Quo bieten. Sie können lediglich aussagen, ob Antikörper gebildet wurden. Ihre Zahl aber schwankt stark von Mensch zu Mensch, weil nicht alle Menschen die gleichen Voraussetzungen haben. 

Neben Antikörpern sind auch die T-Zellen wichtig 

Nicht nur die Antikörper sind bei der Bekämpfung einer Infektion wichtig. Ist das Virus einmal in die Zelle eingedrungen, können die Antikörper es nicht mehr erreichen, denn sie selbst können nicht in die Zelle gelangen. Das Virus kann sich also vermehren. "Um das zu bekämpfen, hat unser Immunsystem die T-Zellen. Sie sind in der Lage, solche Virus-infizierten Zellen quasi umzubringen. Das heißt: Wir opfern lieber ein paar Zellen unseres Körpers, nämlich die infizierten, als dass wir dem Virus die Möglichkeit geben sich zu vermehren", beschreibt Watzl das Procedere. 

Messen kann man beides. In der Praxis aber ist es sehr schwierig, die Anzahl der T-Zellen zu ermitteln. Dieser Test ist relativ aufwändig. "Die Antikörper alleine sagen nicht unbedingt etwas darüber aus, wie gut man wirklich geschützt ist. Es kann durchaus sein, dass ich kaum Antikörper habe, sprich: Ich könnte mich noch mit dem Virus infizieren. Aber die Antwort meiner T-Zellen ist so stark, dass ich nicht schwer erkranke", sagt Watzl.

Da kann man nur schätzen. Und die Werte bewegen sich von weniger als hundert bis hin zu mehreren tausend Antikörpern, die gemessen werden. "Wenn ich im oberen Drittel liege oder in der oberen Hälfte habe ich wahrscheinlich guten Immunschutz. Aber den genauen Grenzwert kann ich noch nicht sagen", erklärt Watzl. Der Umkehrschluss aber, dass wenige Antikörper bedeuten, nicht geschützt zu sein, treffe vermutlich nicht zu. 

Der Antikörper-Grenzwert ist nicht definiert

Nach wie vor gibt es bei Corona-Antikörpertests unterschiedliche Messverfahren. Normalerweise haben Laboruntersuchungen einen klaren Standard, der von einem Minimalwert bis zu einem Maximalwert reicht. So kann der Arzt erkennen, ob sich die Werte im Normbereich bewegen. Aber bei Corona ist das bislang nicht definiert.  

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Wie schnell ein Antikörperspiegel abfällt, ist ebenfalls nicht klar, lediglich, dass er im Laufe der Zeit abnimmt. "Das geht in zwei Wellen. Wenn man sich die Werte direkt nach der Impfung anschaut, hat man den höchsten Antikörper-Spiegel. In den ersten Monaten nach der Impfung geht dieser Spiegel dann erst einmal relativ schnell zurück. Irgendwann aber pendelt sich das Ganze auf einen bestimmten Wert ein. Von da an geht es nur sehr langsam weiter zurück. Das kennen wir von anderen Impfungen, und so scheint es auch bei der Corona-Impfung zu sein", sagt Watzl. Wissenschaftlich bewiesen aber sei indes auch das noch nicht und auch dabei sind die Werte sehr individuell. 

Im Zweifel besser eine Booster-Impfung

Es gibt Menschen, die zweimal geimpft sind und keine oder kaum Antikörper gegen das Corona-Virus bilden. Viele Faktoren können zu einem niedrigen Antikörperspiegel führen. Alter ist einer davon oder auch ein unterdrücktes Immunsystem, das nicht so funktioniert wie bei Gesunden und Eindringlinge nicht entsprechend bekämpfen kann. 

Die Palette ist groß und scheint noch unüberschaubar. Sie reicht von 'viele Antikörper und gut geschützt' über 'zu wenige Antikörper und schlecht geschützt' bis hin zu 'wenige Antikörper und trotzdem geschützt'.

Noch aber suchen Wissenschaftler auf der ganzen Welt nach dem sogenannten Immun-Korrelat. Das ist der Wert, der zeigt, ob eine Auffrischungsimpfung angebracht ist oder nicht. Bis das zuverlässig und auf konkreten Zahlen basierend, belegt werden kann, müssen noch etliche großangelegte Studien durchgeführt werden, auch Studien dazu, wie sich das Delta-Virus verhält. 

Fazit bisher: Nichts Genaues weiß man nicht. Aber Immunologe Watzl ist optimistisch. "Viel hilft viel - das würde ich schon unterstreichen. Wo der Grenzwert liegt, ist aktuell noch nicht sicher und ab welchem Wert man wirklich geschützt ist. Aber da werden wir noch hinkommen."

Dieser Text wurde  aktualisiert.

 

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