EU-Beitrittskandidaten
27. Januar 2010
Kroatien habe gute Chancen, die Beitrittsverhandlungen noch im laufenden Jahr abzuschließen und 2013, vielleicht sogar schon 2012 der EU beizutreten, so die Einschätzung von Hannes Swoboda. Der österreichische Sozialist ist Berichterstatter des Europaparlaments für dieses Thema.
Mit einem neuen Mitglied Kroatien hätte die EU auch noch eine weitere Amtssprache. Bereits seit längerem gibt es den Vorschlag, die Zahl der Sprachen zu begrenzen. Swoboda will damit aber keine neuen Hürden aufbauen: "Ich glaube, dass es wichtig wäre, dass die Europäische Kommission eine Arbeitsgruppe von Experten, von Sprachwissenschaftlern einsetzt, die Vorschläge macht, wie man die Vielfältigkeit und Einheitlichkeit der Sprachen auf einen Nenner bringen kann, ohne die Kosten in der Europäischen Union zu stark zu erhöhen. Aber das sollte kein Hinderungsgrund für den kroatischen Beitritt sein."
Verbesserungsfähig
Eines der wenigen kroatischen Defizite hatte am Dienstag (26.01.2010) Serge Brammertz, der Chefankläger des UN-Kriegsverbrechertribunals für das ehemalige Jugoslawien, genannt. Das Tribunal vermisse nach wie vor kroatische Kriegsunterlagen wie Karten und Aufmarschpläne, um mutmaßliche Kriegsverbrecher zu verfolgen. "Wir fordern eine umfassende und glaubwürdige Untersuchung, was aus diesen Unterlagen geworden ist. Bisher haben wir noch keine Ergebnisse. Wir suchen die Unterlagen immer noch. Wir sind überzeugt, dass die momentanen Anstrengungen (Kroatiens) fortgesetzt werden müssen," so Brammertz.
Athen blockiert Skopje
Das Haupthindernis eines Beitritts der früheren jugoslawischen Republik Mazedonien liegt nach wie vor im Namensstreit mit Griechenland. Das EU-Mitglied Griechenland hat eine Provinz gleichen Namens und blockiert die Verhandlungen. Der slowenische Sozialdemokrat Zoran Thaler meint, das wirtschaftlich schwer angeschlagene Griechenland werde von einer EU-Erweiterung vor seiner Haustür nur profitieren: "Ich glaube, dass es für Griechenland sehr wichtig wäre, mehr wirtschaftliche Zusammenarbeit in der Region zu haben - und ich bin ein großer Freund Griechenlands."
Skepsis gegenüber der Türkei
Dagegen gibt es weit größere Vorbehalte im Europaparlament gegenüber einem Beitritt der Türkei. Die niederländische Christdemokratin Ria Oomen-Ruijten fasste die Meinung vieler Abgeordneter nach der Sitzung so zusammen: "Was wir gegenüber der türkischen Regierung und dem türkischen Parlament betonen wollten, war, dass eine neue Verfassung absolut notwendig ist." Sie fügte hinzu: "Nur eine neue Verfassung kann erstens eine Reihe von Reformen garantieren, aber auch alle Rechte für jeden türkischen Bürger gewährleisten, um die Türkei zu einem modernen, aber auch wohlhabenden Land zu machen."
Eine neue Verfassung wäre natürlich viel verlangt. Aber diese weitgehende Forderung zeigt, wie groß die grundsätzliche Skepsis gegenüber einer türkischen Vollmitgliedschaft ist, auch wenn die EU mit der Türkei längst Beitrittsverhandlungen führt.
Autor: Christoph Hasselbach
Redaktion: Mirjana Dikic/Fabian Schmidt