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PolitikAfrika

Wie weiter im afrikanischen Sahel nach den Militärputschen?

21. Februar 2024

Inmitten von Krieg und Klimakrise bleibt die Sahelzone ein großes Konfliktgebiet in Afrika. Auch nach der Münchener Sicherheitskonferenz stellt sich Europa viele Fragen über den künftigen Umgang mit der Region.

Das Bild zeigt zwei Demonstranten bei Protesten gegen Frankreich und für die putschenden Militärs in Niger Anfang September 2023. Sie halten ein Schild aus Pappe in Händen auf dem steht "Frankreich verlasse mein Land"
"Frankreich verlasse mein Land" - Unterstützer der Putschisten bei einer Demonstration in Niger Anfang September 2023Bild: AFP

Frankreichs Rückzug aus den Ländern der Sahel-Region bleibt nicht ohne Folgen für Europas Hilfe an die Länder der Region im Norden Afrikas. "Es ist sehr schmerzhaft, wenn man aufgefordert wird zu gehen", sagte die französische Politikerin Hélène Conway-Mouret während eines Podiumsgespräches bei der Münchner Sicherheitskonferenz (MSC) Mitte Februar. Die Konferenz hatte in diesem Jahr die Kooperation mit dem Globalen Süden in ihren Fokus gestellt. Dazu zählen die Staaten der südlichen Hemisphäre, die nicht zu den westlichen Industrienationen gehören, etwa aus Asien, Südamerika oder eben Afrika.

In der Sahelregion hatte Frankreich sein Militär nach zehnjährigem Einsatz zuerst aus Mali und zuletzt - nach dem Militärputsch - auch aus Niger abgezogen. Die neuen Machthaber hatten Paris aufgefordert zu gehen. Dabei war Frankreich einst im Kampf vor allem gegen radikal-islamistische Gruppen gerufen worden.

Auf der Sicherheitskonferenz stand unter anderem die Frage im Raum: Wie sollen Länder wie Frankreich und auch Deutschland mit Militärregierungen künftig zusammenarbeiten - sollen sie es überhaupt? Zumal im Sahel seit Jahren Privatarmeen aus Russland operieren: Bis zu ihrer Revolte waren es die sogenannten Wagner-Truppen des früheren Putin-Vertrauten Jewgeni Prigoschin, mittlerweile hat der Kreml die von Russland bezahlten Kämpfer in einem sogenannten "Afrika Corps" organisiert.

Deutschland will im Sahel präsent bleiben

Neben der Französin Conway-Mouret diskutierten in München auch die deutsche Ministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Svenja Schulze (SPD). "Wir müssen uns weiterhin in der Region engagieren", sagte die Deutsche. Die Region sei "stark von der Klimakrise betroffen". Und sie sei unmittelbarer Nachbar Europas.

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Allerdings müssten die Lösungsvorschläge "von den Menschen in der Sahelzone kommen", so Schulze während des Gesprächs über eine "Neuausrichtung der Strategien für eine stabile Sahelzone". Die internationale Gemeinschaft könne das Geld einbringen. 

Frankreich als "Sündenbock" in Mali

Bezogen auf Mali erinnerte die Französin Conway-Mouret daran, dass Frankreich zu Beginn des Militäreinsatzes als "Befreier" gegen islamistische Milizen gefeiert worden sei. "Nach zehn Jahren wurde sie als Besatzungsarmee empfunden", so Conway-Mouret, die als Außenpolitikerin für die sozialistische Partei im Französischen Senat sitzt. Der Mali-Einsatz war 2014 unter dem damaligen Präsidenten Francois Hollande begonnen worden, einem Politiker der Sozialistischen Partei Frankreichs.

"Die französische Präsenz wird auch in anderen Ländern abnehmen", prophezeite Conway-Mouret und lieferte auch gleich noch die Analyse für Frankreichs Scheitern. "Das war das Problem: Durch unsere Sichtbarkeit waren wir der Sündenbock."

Berlin als Mittler zwischen Paris und den Sahelländern?

Deutschland solle Frankreich helfen, seine Rolle in der Region neu zu justieren, schlug in München der ehemalige Ministerpräsident von Burkina Faso vor. Nach Ansicht von Lassina Zerba kommt Deutschland jetzt eine besondere Rolle zu: Berlin solle helfen, den Bruch zwischen den Ländern des Sahel und der früheren Kolonialmacht Frankreich zu heilen.

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"Sie als Deutsche sollten in Europa eine Führungsrolle übernehmen", sagte Zerba, der heute für die Regierung Ruandas arbeitet. Berlin solle dafür sorgen, dass Frankreich, "in der Sahelzone bleibt, dass sie in Afrika bleiben, und zwar so, dass man ihnen zuhören kann."

Zerba war nicht der einzige Politiker vom afrikanischen Kontinent, der Europa bei der Münchner Sicherheitskonferenz in die Pflicht nahm.

Europas Verantwortung: zwei Jahrzehnte Krise im Sahel

Europa sollte es sich nicht zu einfach machen mit dem Verhältnis zu den Sahel-Ländern, sagte die Generalsekretärin der Organisation der Französisch sprechenden Länder der Welt, Louis Mushikiwabo, im DW-Interview. Die Sicherheitslage in der Sahelzone hat sich "seit mindestens zwei Jahrzehnten verschlechtert". Sie hänge nicht allein "von den Führern der Sahelstaaten ab", so Mushikiwabo, die an die Militärintervention Europas im nordafrikanischen Libyen erinnerte, die nicht zu einer langfristigen Befriedung des Landes geführt habe.

Christoph Heusgen - der deutsche Ex-Diplomat leitet die Münchner SicherheitskonferenzBild: Matthias Schrader/AP/picture alliance

In Mali und in Niger habe Frankreich selbst viel zu hohe Erwartungen in die Stationierung seiner Streitkräfte gesetzt, so Mushikiwabo.

Auf dem Podium der Münchner Sicherheitskonferenz zur Zukunft der europäischen Hilfe in den Sahel-Ländern saß auch der amtierende Verteidigungsminister des westafrikanischen Staates Mauretanien. Auch Hanan Ould Sidi machte den beiden Politikerinnen aus Deutschland und Frankreich klar, dass Europa nach dem Rückzug Frankreichs nicht einfach ganz verschwinden könne.

Sahelregion als "geopolitische Grenze Europas"

Die Sahelzone ist eine "geopolitische Grenze Europas", so der mauretanische Verteidigungsminister. "Jede Verschlechterung der Bedingungen in diesem Gebiet wird sich negativ auf die Sicherheit und Stabilität nicht nur in der Sahelzone, sondern auch in Europa auswirken."

Svenja Schulze - die deutsche Ministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung besuchte im August 2023 das westafrikanische MauretanienBild: Leon Kuegeler/photothek/picture alliance

Nach den Militärputschen in Mali und Niger sucht vor allem Deutschland die Nähe zur Regierung in der mauretanischen Hauptstadt Nuakschott. Die EU ist dort schon lange mit einer eigenen Botschaft vertreten. Brüssel verhandelt regelmäßig über die Nutzung der Fischereigründe vor der westafrikanischen Küste.

Warnung vor mehr Flucht durch Klimawandel

Deutschland wolle in der Region präsent bleiben und finanziell helfen, so die deutsche Ministerin Svenja Schulze. Doch "das ist nicht einfach bei all den Putschen, die es dort gibt".

Europa müsse zunächst einmal "die große Frustration" vor allem der jungen Menschen in den Sahel-Ländern verstehen und dann die richtigen Schlüsse ziehen, rät die Generalsekretärin der frankophonen Länder, Louise Mushikiwabo, im Interview mit der DW. An dieser Frustration trage Europa eine große Verantwortung. Immer wieder sei über eine enge Zusammenarbeit gesprochen worden - doch das Leben der Menschen im Sahel habe sich nicht verbessert. Schlimmer noch: Heute sorge der Klimawandel dafür, dass viele Menschen flüchten müssten, um zu überleben, so Mushikiwabo.