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Wie Wettersatelliten Gewitter vorhersagen sollen

3. Juli 2023

Mit einer neuen Generation Wettersatelliten sollen Unwetter präziser vorhergesagt werden. Bestenfalls werden uns ab 2024 Gewitter und Co. nicht mehr überraschen.

Blitze am Himmel über Dhaka während eines Gewitters in Bangladesch
Bild: Mamunur Rashid/NurPhoto/picture alliance

Wie wird das Wetter morgen? Und warum kommt es dann doch anders als vorhergesagt? Wetterprognosen können ein sehr emotionales Thema sein, besonders, wenn sie nicht stimmen.

Was die wenigsten wissen: "Die Wettervorhersage ist eine riesige unterschätzte wissenschaftliche Leistung", sagt Phil Evans, Generaldirektor von EUMETSAT, kurz für: European Organisation for the Exploitation of Meteorological Satellites, eine europäische Agentur für meteorologische Satelliten (Meteosat- und MetOp-Wettersatelliten), die Wetter und Klima vom Weltraum aus überwachen.

Die Wettervorhersage sei ein "chaotisches System, da die kleinste Veränderung eine große Auswirkung auf das haben kann, was in den nächsten drei, vier oder fünf Tagen passiert", erklärt Phil Evans. Es fließen etwa Parameter wie Luftfeuchtigkeit, Temperatur, Meeresoberflächentemperatur und Wind in die Berechnungen mit ein. Die Daten stammen von Wetterballons, Flugzeugen und Schiffen, von Messbojen, Wetterradarstationen, Wetterwarten, automatischen Bodenstationen und Satelliten

Letztere füllten eine besondere Lücke, sagt Evans. Sie liefern Daten von besonders schwer zugänglichen Gebieten wie Wüsten, Urwäldern oder Ozeanoberflächen. Dies ermöglicht eine fast lückenlose Überwachung. Seit 1977 verfügt Europa über eigene geostationäre Wettersatelliten namens Meteosat. Sie haben die Erde aus rund 36.000 Kilometern Höhe im Blick.

Wie funktioniert eine Wettervorhersage?

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Extremwetter: Vorhersage schwierig

Gängige Wettermodelle rechnen bis zu 14 Tage voraus. Doch "realistischer sind zehn Tage", so Evans. Mit jedem weiteren Tag steigt dann die Genauigkeit. Die 24-Stunden-Vorhersage erreicht eine Treffergenauigkeit von gut 90 Prozent, bei der 3-Tages-Prognose beträgt die Treffsicherheit etwas mehr als 75 Prozent.

Doch wenn es zu Extremwetterereignissen kommt, hängt die Vorhersage von der Art des Wetterereignisses ab. Große Ereignisse, die etwa durch einen tropischen Hurrikan verursacht werden, lassen sich mit hoher Wahrscheinlichkeit schon einige Tage im Voraus vorhersagen. 

Bei flächenmäßig kleineren Extremwetterereignissen, wie Tornados in den USA oder heftige Gewitter in Europa, ist die Vorhersage sogar fast unmöglich. Doch auch sie können große Schäden anrichten. "Unwetter lassen sich oft nur sechs bis zwölf Stunden im Voraus vorhersagen", so Evans. Dabei komme dann oft das sogenannte Nowcasting ("Ist-Vorhersage") zum Einsatz, wobei Satellitendaten eine wichtige Rolle spielen.

Eine neue Satellitengeneration

Besonders viel Hoffnung liegt daher nun in einer neuen Gruppe Satelliten: den Meteosat-Satelliten der dritten Generation (MTG 3rd Generation), die in den nächsten Jahren ihre Vorgänger ablösen sollen. Insgesamt werden dann sechs neue MTG-Satelliten in der Umlaufbahn kreisen, der erste von ihnen, MTG-I1 genannt, hat seine Mission am 13. Dezember 2022 begonnen. 

Im März 2023 wurde das erste Bild von MTG-I1 veröffentlicht, er läutet eine neue Generation der Wettersatelliten ein.Bild: EUMETSAT/dpa/picture alliance

Mit den neuen MTGs sollen Veränderungen in der Atmosphäre, an Landoberflächen und in Ozeanen noch genauer verfolgt werden. Mithilfe ihrer Daten soll es erstmals möglich sein, den gesamten Lebenszyklus eines Sturms zu verfolgen. Dies ist gleichzeitig auch der Schwerpunkt der MTG-Mission: die verbesserte Vorhersage schwerer Stürme und Gewitter .

Gewitterwolken können anhand der neuen Satellitendaten deutlicher erkannt und ihre Lebensdauer besser abgeschätzt werden. Außerdem sollen die Vorhersagen auf einen kleineren Raum begrenzt werden können.

Davon kann beispielsweise der Flugverkehr profitieren, denn hier sind schwere Gewitter ein Risiko. Mithilfe der Satellitendaten haben die Piloten und Pilotinnen die Möglichkeit, frühzeitig einen Bogen ums Gewitter zu fliegen. Insbesondere über dem Atlantik sei dies wichtig, da hier reger Flugverkehr herrsche, sagt Evans.

Blitzdetektor liefert erste Bilder

Mit an Bord des MTG-I1 befindet sich der Lightning Imager (LI), das erste Instrument zur kontinuierlichen Überwachung der Blitzaktivität. Der LI wurde Anfang Juni 2023 von EUMETSAT in Betrieb genommen. Er ist mit vier Teleskopen ausgestattet, die hauptsächlich über Europa, Nordafrika, dem Nahen Osten und Südamerika ausgerichtet sind. Jedes der Teleskope zeichnet 1000 Bilder pro Sekunde auf. So sollen sie elektrostatische Entladungen direkt aus dem Weltraum erkennen, bei Tag oder Nacht und in jeder Umgebung: Meer, Stadt, Wüste. Selbst ein einzelner Blitzschlag , der mit dem bloßen Auge kaum wahrnehmbar ist, kann dann erkannt werden. 

Nun gab es einen ersten visuellen Einblick, wie der Blitzdetektor arbeitet. Allerdings befindet sich MTG-I1 derzeit in der Phase der Inbetriebnahme, in der die Instrumente kalibriert und die Daten validiert werden. Ab 2024 werden die Daten des Lightning Imagers dann voll zum Einsatz kommen. 

Unwetterprognose wird präziser

Spätestens im nächsten Jahr können Wetterdienste für ihre täglichen Prognosen dann auf die Daten zurückgreifen. "Vor schweren Gewittern gibt es häufig abrupte Veränderungen der Blitzaktivität", erklärt Phil Evans. "Durch Beobachtung dieser veränderten Aktivität kann der LI Meteorologen bei der Vorhersage schwerer Gewitter unterstützen." Zudem werden durch spezielle Algorithmen die Daten an Bord verarbeitet, sodass nur relevante Informationen zur Erde übertragen werden.

"Die Unwetterwarnungen und kurzfristigen Vorhersagen werden sich deutlich verbessern", ist sich der EUMETSAT-Generaldirektor sicher. Diese neue Ära der Satellitentechnik werde helfen, Menschenleben zu retten.  

Hannah Fuchs Multimedia-Reporterin und Redakteurin mit Fokus auf Technik, digitalen Themen und Psychologie.
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