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PolitikEuropa

Wieder Protest gegen Rentenreform in Frankreich

31. Januar 2023

In zahlreichen französischen Städten sind erneut viele Menschen gegen die Rentenreformpläne der Regierung von Emmanuel Macron auf die Straße gegangen. Sie stören sich daran, dass das Renteneintrittsalter erhöht wird.

Frankreich | Streik gegen geplante Rentenreform
So wie hier in Nantes gab es in vielen französischen Städten Streiks und ProtesteBild: LOIC VENANCE/AFP/Getty Images

Erneut ist das öffentliche Leben in Frankreich durch Proteste gegen die geplante Rentenreform der Regierung teilweise lahm gelegt worden. Zahlreiche Bahnen, Busse und Flüge fielen wegen Streiks aus. In vielen Schulen gab es keinen Unterricht. Die Beschäftigten des Energiekonzerns EDF fuhren aus Protest die Stromproduktion herunter - was jedoch zunächst nicht zu Stromausfällen führte. Auch in den Raffinerien und Treibstoffdepots von TotalEnergies legte ein Großteil der Beschäftigten die Arbeit nieder. In mehr als 200 Orten waren Demonstrationen geplant.

Etwa 11.000 Sicherheitskräfte sollten Gewaltausbrüche verhindern, 4000 allein in Paris. Auf Bildern von Nachrichtenagenturen war jedoch zu sehen, wie es zum Beispiel in der westfranzösischen Stadt Nantes zu Ausschreitungen kam.

Ausschreitungen in Nantes bei Protesten gegen die RentenreformpläneBild: LOIC VENANCE/AFP/Getty Images

Auch für Bahnreisende aus Deutschland in Richtung Frankreich war der Großstreik zu spüren. Etliche ICE- und TGV-Verbindungen zwischen Frankfurt oder Stuttgart und Paris entfielen. Andere ICE fuhren nur zwischen Frankfurt und Saarbrücken. Fahrgästen wurde von Seiten der Bahn empfohlen, möglichst auf einen anderen Reisetag ausweichen.

Höheres Renteneintrittsalter

Für Frankreichs Präsident Emmanuel Macron ist die Rentenreform eines der wichtigsten Vorhaben seiner zweiten und letzten Amtszeit. So will er das reguläre Renteneintrittsalter schrittweise von jetzt 62 auf 64 Jahre anheben, weil sich das aktuelle System langfristig nicht mehr finanzieren lasse. Außerdem soll die Zahl der nötigen Einzahlungsjahre für eine volle Rente schneller steigen. Etliche Einzelsysteme mit Privilegien für bestimmte Berufsgruppen sollen abgeschafft werden. Zur Reform gehört aber auch eine Erhöhung der Mindestrente auf 1200 Euro. Zudem soll die Beschäftigung von Senioren gefördert werden. 

Die Gewerkschaften fordern, auf die Erhöhung des Renteneintrittsalters zu verzichten. Doch Macron hatte noch am Vorabend des zweiten großen Protesttages betont, dass die Reform nötig sei, "um das System zu retten". Die Rentenkasse weist derzeit zwar ein Plus auf, soll nach Schätzungen von Experten aber bis 2030 in ein Defizit von 14 Milliarden Euro rutschen. Daher sei die Reform "unumgänglich", sagte Macron und verwies auf die übrigen EU-Länder, in denen das Renteneintrittsalter bereits deutlich höher liege. 

Auch im südwestlichen Bayonne gingen Menschen auf die StraßeBild: Robert Edme/AP/picture alliance

Schlechte Umfragewerte für Macron

Laut einer Umfrage des Instituts Odoxa sind Macrons Zustimmungswerte in Folge der Debatte um die Rentenreform um fünf Punkte gefallen, er kommt jetzt nur noch auf 36 Prozent. Fast zwei Drittel der Bevölkerung macht die Regierung für die Streiks und die Lähmung des öffentlichen Lebens verantwortlich. Beim ersten Protesttag Mitte Januar waren bereits mehr als eine Million Menschen auf die Straße gegangen.

Experten rechnen damit, dass die Protestbewegung sich noch ausweiten könnte. Beim ersten Reformversuch von Macron 2019 hatte Frankreich die längsten Streiks seit den Studentenprotesten von 1968 erlebt. "Die Renten sind in der Vorstellung der Franzosen eine heilige Kuh. Sie sind ein Symbol für das gesamte Sozialsystem und können daher zum Katalysator der Wut werden", sagte der Sozial-Experte Raymond Soubie der Zeitung "Le Parisien".

cwo/ste (afp, dpa)