1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Wieder Proteste gegen Justizreform in Israel

11. Juli 2023

Nach der Billigung der umstrittenen Reform der Regierung Netanjahu in erster Lesung hat in Israel ein weiterer Demonstrationstag begonnen. Es steht zu befürchten, dass die Lage noch eskaliert.

Demonstrierende mit Israel-Fahnen, dahinter viele Autos
Protestmarsch auf der Autobahn von Tel Aviv nach HaifaBild: Ariel Schalit/AP Photo/picture alliance

Ungeachtet massiver Proteste treibt Israels rechts-religiöse Regierung ihre umstrittene Justizreform weiter voran. Das Parlament in Jerusalem billigte nach stundenlanger Debatte in der Nacht einen Gesetzentwurf, der die Handlungsmöglichkeit des Höchsten Gerichts einschränken soll. 64 von 120 Abgeordneten stimmten in erster Lesung dafür und 56 dagegen. Bis die Änderung in Kraft tritt, sind noch zwei Lesungen notwendig.

Blockade von Autobahn, Demo am Flughafen 

Als Reaktion gingen am frühen Morgen Hunderte Israelis auf die Straßen, um gegen das Vorhaben zu protestieren. Demonstrierende blockierten landesweit mehrere Straßen. Dabei schwenkten sie israelische Flaggen. Auf Protestschildern war etwa zu lesen "Wir müssen die Zerstörung der Demokratie stoppen". Auf einer zentralen Straße zwischen Tel Aviv und Jerusalem setzte die Polizei Wasserwerfer ein, um die Fahrbahn zu räumen. Vereinzelt kam es zu Festnahmen. 

Widerstand im Strahl der Wasserwerfer der Polizei an einer Fernstraße Richtung JerusalemBild: Ronen Zvulun/REUTERS

Zuvor hatten die Organisatoren der seit Monaten andauernden Proteste im Land einen "Tag der Störung" angekündigt. Vor dem Hauptquartier des Dachverbands der Gewerkschaften (Histadrut) in Tel Aviv forderten Hunderte Menschen den Ausruf eines Generalstreiks. Am Nachmittag wollen sich Tausende Demonstrierende am internationalen Flughafen Ben Gurion bei Tel Aviv versammeln. Es wird erwartet, dass sich die Demonstrationen am Abend noch intensivieren könnten.

Der in erster Lesung verabschiedete Gesetzentwurf sieht vor, dass es dem Höchsten Gericht künftig nicht mehr möglich sein soll, eine Entscheidung der Regierung sowie einzelner Minister als "unangemessen" zu bewerten. Kritiker befürchten, dass dies Korruption und damit auch die willkürliche Besetzung hochrangiger Posten begünstigen könnte. Ein weiteres Ziel der Reform ist es, dass Politiker mehr Einfluss bei der Ernennung von Richtern erhalten sollen. Dieses Kernvorhaben der Reform soll Medien zufolge in der nächsten Sitzungsperiode im Herbst auf die Agenda gesetzt werden.

Israelische Sicherheitskräfte tragen einen Demonstranten weg, der die Autobahn Richtung Jerusalem blockiert hatteBild: Ronen Zvulun/REUTERS

Proteste bereits seit sieben Monaten 

Die Regierung unter Ministerpräsident Benjamin Netanjahu - die am weitesten rechts stehende in der Geschichte Israels - wirft dem Höchsten Gericht dagegen vor, sich zu sehr in politische Entscheidungen einzumischen. Israel hat keine schriftliche Verfassung und fußt stattdessen auf einer Sammlung von Grundgesetzen. Daher kommt dem Höchsten Gericht eine besondere Bedeutung bei der Wahrung von Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten zu.

Seit mehr als einem halben Jahr spaltet das umfassende Vorhaben des Kabinetts von Netanjahu große Teile der Gesellschaft. Kritiker werfen der Regierung  vor, auf eine Schwächung des Justizsystems und damit der demokratischen Gewaltenteilung zu zielen. Die wöchentlichen Proteste gegen die Pläne dauern seit rund sieben Monaten an. Die Bewegung ist eine der größten in der Geschichte Israels, sie umfasst breite Teile der Gesellschaft. Israel hat rund 9,4 Millionen Einwohner. 

sti/fab/tl (afp, dpa, rtr, kna)

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen