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Wiederaufbau als Geschäft

Steffen Leidel

Der Kampf um das Fell hatte begonnen, bevor der Bär erlegt war: Unternehmen aus der ganzen Welt spekulieren auf milliardenschwere Aufträge beim Wiederaufbau des Iraks. Profitieren könnten vor allem Firmen aus den USA.

Ruinen, nicht nur in BagdadBild: AP

Während die EU sich um eine zentrale Rolle der UNO im Irak bemüht, ist hinter den Kulissen das Geschacher um die Aufträge entbrannt. Seit Wochen schon planen Top-Manager und US-Regierungsvertreter den Wiederaufbau des zerschundenen Wüstenstaats. Die amerikanische Regierung plant, Aufträge in Höhe von 900 Millionen Dollar zu vergeben. Seit dem Wiederaufbau Deutschlands und Japans nach dem Zweiten Weltkrieg hat es kein vergleichbares Programm gegeben. Im Irak will die Bush-Administration doppelt so viel ausgeben wie in Afghanistan bis 2004.

Geheime Ausschreibungen

Die lukrativen Aufträge könnten dabei vor allem US-Unternehmen zu Gute kommen. Recherchen der renommierten Tageszeitung "Wall Street Journal" ergaben kürzlich, dass die staatliche Entwicklungshilfe-Agentur USAID Ausschreibungen geheim an mehrere Bauunternehmen verschickt hatte. Darunter sind der kalifornische Baukonzern Bechtel, der bereit 1991 am Wiederaufbau Kuwaits beteiligt war, sowie Fluor and Parsons und die Louis Berger Group aus New Jersey.

Als besonders pikant gilt die Beteiligung von Kellog Brown & Root, einer Tochtergesellschaft des texanischen Ölausrüsters Halliburton. Ausgerechnet der derzeitige amerikanische Vize-Präsident Dick Cheney war bis 2000 Vorstandschef bei Halliburton. Kellog wurde offenbar vom Verteidigungsministerium mit einer besonders heiklen Aufgabe betraut. Das Unternehmen sollte einen Plan ausarbeiten, wie man mögliche Brände von Erdölquellen bekämpfen kann. Anders als im Golfkrieg 1991 hielten sich die tatsächlichen Schäden diesmal in Grenzen.

Unkalkulierbare Kosten

Die Wiederaufbau des Iraks ist eine pharaonische Aufgabe. Experten schätzen die Kosten auf rund 200 Milliarden Dollar. Allein die marode irakische Öl-Infrastruktur wieder auf den Stand vor dem Golfkrieg von 1991 zu bringen kostet mindestens fünf Milliarden Dollar, und wäre nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Die Wasserversorgung muss wiederhergestellt, Straßen erneuert, Häfen und Brücken neu gebaut werden. Bush will 25.000 Schulen mit Büchern ausstatten und 100 Millionen Dollar für die Verbesserung des irakischen Gesundheitssystems bereitstellen. Wie er diesen Kraftakt finanzieren will, ist noch unklar. Bush wird wohl den Kongress um weitere Gelder bitten, außerdem soll der Verkauf des irakischen Öls auf dem Weltmarkt nach der Entmachtung Saddam Husseins zusätzliche Dollars sprudeln lassen. Auch deshalb drängt Bush die UNO darauf, die wirtschaftlichen Sanktionen möglichst rasch aufzuheben.

Hoffnungen der Deutschen

Auch deutsche Unternehmen hoffen beim Wiederaufbau des Iraks auf gute Geschäfte, wenngleich das niemand öffentlich bestätigen will. Allerdings könnten die Amerikaner ihnen einen Strich durch die Rechnung machen. Das schlimmste Szenario: In der Übergangsphase zwischen Kriegsende und Selbstverwaltung bestimmen amerikanische Militärgouverneure, welches Unternehmen für welchen Auftrag in Frage kommt. Diese Sorge wird durch das jüngste Verhalten der US-Regierung nicht gerade entkräftet. Wie Recherchen von DW-WORLD in Verbandskreisen ergeben haben, ist die Empörung deutscher Unternehmen darüber groß, dass sich an den Ausschreibungen der US-Regierung nur amerikanische und britische Unternehmen beteiligen dürfen. "Dabei sind es gerade die USA, die traditionell sehr viel Wert auf die Internationalität von Ausschreibungen legen", so ein deutscher Handelsvertreter zu DW-WORLD.

Amerikanisches Kapital wird dominieren

Das Interesse deutscher Unternehmen am Irak besteht schon lange. Produkte mit dem Siegel "Made in Germany" sind heiß begehrt im Wüstenstaat. Viele der Anlagen und Maschinen in irakischen Fabriken stammen aus Deutschland. Die Geschäftsbeziehungen erreichten in den 1980er Jahren ihren Höhepunkt, als deutsche Unternehmen Güter für fast vier Milliarden Euro in den Irak exportierten. Nach dem Golfkrieg 1991 brach mit dem Embargo der Handel ein. Doch viele Unternehmen hielten ihre persönlichen Kontakte mit den irakischen Geschäftsleuten aufrecht, in der Hoffnung, dass sich die Mühen nach dem Ende des Embargos auszahlen würden.

Allerdings rechnen Experten damit, dass sich die Deutschen hinter den Amerikanern anstellen müssen, genauso wie Russen oder Franzosen. Die Amerikaner könnten den Veto-Mächten ihr Verhalten im Sicherheitsrat verübeln und ihnen lukrative Deals vermiesen.

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