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Politik

Wien führt Digitalsteuer im Alleingang ein

3. April 2019

Die österreichische Regierung hat ein Gesetzespaket vorgelegt, das festlegt, wie Digitalkonzerne besteuert werden sollen. Eigentlich war eine europäische Lösung angedacht, die EU-Staaten konnten sich aber nicht einigen.

Smartphone mit Apps von Google, Amazon und Facebook
Google, Amazon, Facebook: Die großen Internetkonzerne müssen bald in Österreich ihre Werbeeinkünfte versteuernBild: picture-alliance/dpa/S. Jaitner

Große Digitalkonzerne wie Google und Facebook verdienen grenzüberschreitend Geld - in Österreich müssen sie bald erstmals ihre Gewinne aus Werbeanzeigen versteuern. Nachdem die monatelangen Verhandlungen über eine Digitalsteuer im März an der Uneinigkeit der EU-Staaten gescheitert waren, preschte die Alpenrepublik nun mit einem nationalen Gesetzespaket vor. "Wir sind hier Vorreiter in der EU und ich erwarte auch, dass uns viele europäische Länder folgen werden", sagte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) nach einer Kabinettssitzung.

Es wird teurer als gedacht

Die Maßnahmen sind auf Unternehmen begrenzt, die weltweit jährlich mindestens 750 Millionen Euro umsetzen. Sie sollen von 2020 an eine Steuer von fünf Prozent auf Erlöse aus Online-Dienstleistungen wie Werbeanzeigen zahlen. Damit übertraf die rechtskonservative Regierung ihren ersten Vorschlag, in dem von drei Prozent die Rede war. Das österreichische Finanzministerium hat berechnet, dass große Internetkonzerne im Schnitt 0,8 Prozent ihres Umsatzes an Körperschaftssteuern zahlen und Werbeeinahmen sogar komplett steuerfrei verbuchen. "Das ist zu wenig, um von fairen Rahmenbedingungen für die heimische Wirtschaft zu sprechen", sagte Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP). Die Regierung in Wien erhofft sich Einnahmen von mehr als 200 Millionen Euro, davon sollen mindestens 15 Millionen österreichischen Medien für die digitale Entwicklung zugute kommen.

Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz auf dem Weltwirtschaftsforum im schweizerischen DavosBild: Reuters/A. Wiegmann

Das österreichische Gesetzespaket beschäftigt sich neben der Internetwerbung noch mit einem zweiten Bereich: Digitale Händlerplattformen sollen künftig Umsatzsteuer zahlen. Bisher waren Paketlieferungen aus Drittstaaten nach Österreich umsatzsteuerfrei, solange der Warenwert unter 22 Euro liegt. Auch Vermittlungsplattformen wie Airbnb müssen künftig alle Buchungen und Umsätze melden. Die Plattformen sollen haftbar gemacht werden, wenn ein Anbieter - zum Beispiel einer Wohnung bei Airbnb - seine Umsätze nicht ordnungsgemäß versteuert.

Deutschland will eine weltweite Digitalsteuer

Österreich hatte die Digitalsteuer bereits als Schwerpunktthema auf die Agenda seines EU-Ratsvorsitzes im zweiten Halbjahr 2018 gesetzt und die inzwischen abgebrochenen Verhandlungen zwischen den EU-Staaten erst initiiert. Es ist nicht das einzige Land, das nach dem vorläufigen Aus für eine europäische Lösung nationale Steuern erheben will: Auch Frankreich, Italien und Spanien arbeiten an solchen Gesetzen. So plant Frankreich eine Digitalsteuer von drei Prozent, die von Unternehmen ab 500 Millionen Euro Jahresumsatz gefordert werden soll.

In Deutschland sind sich die Regierungsparteien uneins über eine nationale Steuer. Stattdessen will die Bundesregierung an einer weltweiten Lösung arbeiten. Zuletzt hieß es aus Regierungskreisen, dass Deutschland in der G20-Gruppe der wirtschaftlich führenden Industrie- und Schwellenländer bis Sommer 2020 eine globale Mindestbesteuerung erreichen will. Bei einem Scheitern wolle sich Deutschland eng mit Frankreich abstimmen.

ehl/kle (rtr, dpa)