1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Wieso der Streit um den Migrationspakt?

Friedel Taube
19. November 2018

Jens Spahn, Bewerber um den CDU-Vorsitz, stößt mit dem Vorschlag, die Annahme des UN-Migrationspakts zu verschieben, in seiner Partei auf Kritik. Spahns Vorstoß ist wohl vor allem eines: Wahlkampfgetöse.

Berlin Klausur der CDU-Spitze Spahn
Bild: Getty Images/AFP/J. MacDougall

Der Aufschrei bei den Unionsparteien CDU und CSU war groß; sie sind mittendrin in einer Richtungsdebatte zum Thema Migration. "Unsinn", "Führungsschwäche", "Panikmache" - so kommentierten Jens Spahns hochrangige Unionskollegen Daniel Günther (Ministerpräsident Schleswig-Holstein, CDU), Norbert Röttgen (Vorsitzender Auswärtiger Ausschuss, CDU) und Gerd Müller (Bundesentwicklungsminister, CSU) den Vorstoß des Gesundheitsministers. Der hatte am Wochenende vorgeschlagen, die für den 10./11. Dezember im marrokanischen Marrakesch geplante Annahme des UN-Migrationspakts wenige Tage vorher auf dem CDU-Parteitag noch einmal zu diskutieren und das deutsche "Okay" dazu gegebenenfalls zu verschieben.

Wackelt Deutschlands Zusage zum Migrationspakt?

Wohlgemerkt: zu verschieben. Davon, ihn aufkündigen zu wollen, hatte der Kandidat für den CDU-Vorsitz nicht gesprochen. Somit widerspricht er auch nicht grundsätzlich der Haltung der Bundesregierung, die den Migrationspakt klar unterstützt. Vielmehr will Spahn anregen, mehr Zeit zur Diskussion mit den Bürgern zu geben, damit nicht der Eindruck entstünde, "dass wir etwas verheimlichen wollen und der Pakt uns schadet", so der 38-Jährige.

Hintergrund von Spahns Bedenken dürfte sein, dass viele rechtspopulistische Parteien in ganz Europa - darunter auch die deutsche AfD - den Migrationspakt scharf kritisieren, in ihm gar einen Anreiz für potentielle Migranten sehen, sich überhaupt erst auf den Weg nach Europa zu machen. Spahn selbst steht mit seinem politischen Kurs, Rechtspopulismus mit ähnlichen Thesen bekämpfen zu wollen, schon lange in der Kritik, auch und gerade bei Parteifreunden. So hatte Spahn bereits in der Vergangenheit beispielsweise ein Burka-Verbot oder ein Islamgesetz vorgeschlagen.    

Parteivorsitz-Wahl wirft Schatten voraus

Dass Spahn ausgerechnet jetzt wieder auf das emotionsgeladene Thema Migration aufspringt, dürfte nicht ganz dem Zufall geschuldet sein, sondern hat mit genau jenem CDU-Parteitag am 7./8. Dezember zu tun, auf dem er den UN-Migrationspakt erneut diskutieren möchte. Denn Spahn fährt nicht nur zum Diskutieren nach Hamburg, sondern, so hofft er, vor allem, um zum neuen CDU-Vorsitzenden und damit zum Nachfolger von Angela Merkel als Parteichef zu werden. Das wollen Annegret Kramp-Karrenbauer und Friedrich Merz allerdings auch. Um so wichtiger für den jüngsten Bewerber ums höchste Parteiamt, sich zu profilieren.

Ob verschoben oder nicht: Fakt ist, dass der Migrationspakt der UN rechtlich nicht bindend sein wird. Trotzdem sind unter anderem bereits die USA, Österreich, Ungarn, Polen und Tschechien von dem ausgehandelten Pakt abgerückt, sie befürchten Eingriffe in die nationale Souveränität - in die gleiche Kerbe schlägt auch die AfD. Dass Spahn mit seinem Vorstoß erfolgreich ist und der Migrationspakt tatsächlich in Hamburg noch einmal zur Abstimmung gestellt wird, ist derzeit aber, zumal bei diesem innerparteilichen Gegenwind, mehr als fraglich.