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Politik

Wikipedia aus Protest offline

21. März 2019

Die deutschsprachige Version der Online-Enzyklopädie Wikipedia ist aus Protest gegen die geplante EU-Urheberrechtsreform für einen kompletten Tag offline. Die Macher sehen Meinungs-, Kunst- und Pressefreiheit in Gefahr.

Aus Protest-Wikipedia ist heute offline.
Bild: picture-alliance/dpa/SvenSimon

Der Förderverein Wikimedia hat die Abschaltung von Wikipedia Deutschland an diesem Donnerstag verteidigt. "Das ist das drastischste Mittel, das wir zur Verfügung haben, um auf etwas hinzuweisen", sagte der Leiter für Politik und Recht bei Wikimedia, John Weitzmann, in der Sendung "Radiowelt am Morgen" im Sender Bayern 2. Weitzmann hofft, dass die europäische Urheberrechtsreform in Brüssel noch abgeändert wird, da sie in der jetzt vorgeschlagenen Form durchaus auch nichtkommerzielle Plattformen im Internet wie Wikipedia empfindlich treffen könne. 

Es sei immer noch nicht klar, ob für solche Plattformen Ausnahmeregeln gelten werden, sagte Weitzmann. "Der ganze Ansatz über Ausnahmeregelungen, die im jetzigen Entwurf sehr lückenhaft sind, ist sehr schwierig. Es ist ein bisschen so, also ob man mit der Schrotflinte auf alle Plattformen schießt, und vorher ein paar schusssichere Westen verteilt. Das ist weder zukunftssicher noch bietet der Entwurf Rechtssicherheit." Wikipedia Deutschland könne dann für Bilder und Videos haftbar gemacht werden, die User ohne urheberrechtliche Erlaubnis auf die Plattform stellen. 

Weitzmann betonte, die Abschaltung von Wikipedia am Donnerstag bleibe "erstmal eine einmalige Sache". "Das wird in Zukunft nicht der Standard werden. Wir werden dadurch keine politische Plattform werden."

Mit der Urheberrechtsreform sollen Internet-Plattformen verpflichtet werden, Inhalte zu entfernen, für die von den Urhebern keine Lizenz erteilt wurde. Ausgenommen werden sollen Firmen, die seit weniger als drei Jahren bestehen, deren Jahresumsatz weniger als zehn Millionen Euro beträgt und deren Nutzerzahl unter fünf Millionen pro Monat liegt. 

Bild: picture-alliance/dpa/P. Zimmermann

Unternehmen, die über diesen Schwellen liegen, müssen hochgeladene Inhalte nach von den Lizenzinhabern bereitgestellten Listen blockieren und verhindern, dass nicht genehmigte Werke wieder auf ihrer Plattform erscheinen. Auch wenn sie in der Richtlinie nicht vorgeschrieben sind, lässt sich dies in der Praxis wegen der Datenmengen nur mit den umstrittenen Upload-Filtern erreichen, die vielfach als Mittel für Zensur kritisiert werden.

"Fehler- und missbrauchsanfällige Upload-Filter"

"Zum allerersten Mal wird die deutschsprachige Community von Autorinnen und Autoren eine Komplettabschaltung durchführen", heißt es in einem Blogeintrag der Wikimedia. "Selbst kleinste Internetplattformen müssten Urheberrechtsverletzungen ihrer Userinnen und User präventiv unterbinden, was in der Praxis nur mittels fehler- und missbrauchsanfälliger Upload-Filter umsetzbar wäre", heißt es in einem Text, der auf der Wikipedia-Seite sichtbar ist. "Zudem müssten alle Webseiten für kurze Textausschnitte aus Presseerzeugnissen Lizenzen erwerben, um ein neu einzuführendes Verleger-Recht einzuhalten", hieß es weiter. "Beides zusammen könnte die Meinungs-, Kunst- und Pressefreiheit erheblich beeinträchtigen." 

Die Wikipedia selbst ist von Artikel 13 der neuen Urheberrechtsrichtlinie ausgenommen. Dennoch, so die Befürchtung der Community, "wird das Freie Wissen selbst dann leiden, wenn Wikipedia eine Oase in der gefilterten Wüste des Internets bleibt." Die deutschsprachige Wikipedia umfasst aktuell knapp 2,3 Millionen Artikel und wird etwa 30 Millionen Mal am Tag abgerufen. Weltweit steht Wikipedia laut eigener Angaben auf Platz 5 der meistaufgerufenen Webseiten, in Deutschland auf Platz 7. 

stu/kle (afp, dpa)

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