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Stellungnahme

23. Oktober 2008

Im Interview mit der Deutschen Welle und anderen westlichen Medien äußert sich der ukrainische Präsident zu angeblicher Einflussnahme auf die Justiz, die Rolle der Gerichte und mangelndes Vertrauen in der Bevölkerung.

Präsident Juschtschenko gibt sich selbstsicherBild: AP

DW-Ukrainisch: Herr Präsident, im Zusammenhang mit den Ereignissen in der Ukraine schreibt die westliche Presse, in Ihrem Land werde um persönliche Macht gerungen. Dabei werden zwei Namen genannt: Juschtschenko und Tymoschenko. Jetzt hat die politische Krise auch das Verhältnis zwischen dem Präsidenten und der Justiz erfasst, denn Sie sind gegen ein Gericht vorgegangen, das zuvor Ihren Erlass über die Auflösung des Parlaments für gesetzwidrig erklärt hatte. Wie kann man dem westlichen Publikum erklären, was in der Ukraine passiert?

Wiktor Juschtschenko: Sie missverstehen die Situation. Akte des Präsidenten werden nur an einem Ort – vom Verfassungsgericht der Ukraine – auf ihre Verfassungsmäßigkeit hin geprüft. Kein anderes Gericht, egal welcher Instanz, hat das Recht, diese Akte zu prüfen. Also, warum wird dann der Präsident beschuldigt, wenn er im Rahmen der Verfassung sein von der Verfassung gegebenes Recht angewandt hat? Heute sind alle Urteile der Richter aufgehoben und das beweist, dass der Präsident im Recht ist.

Ich weiß genau, wie auf einen bedeutenden Teil unserer Justiz Einfluss genommen wird, und wer dazu beigetragen hat, dass ein Bezirksgericht ein solches Urteil fällt. Ich habe die Lage im Griff und weiß, warum man das Gericht gezwungen hat, diese Sache zu prüfen. Als Reaktion auf solche Dinge in der Justiz werde ich der Nation deutlich machen, dass die Verfassung und die Gesetze funktionieren. Und wenn solche Urteile von Menschen gefällt werden, die einen falschen, gesetzwidrigen Weg eingeschlagen haben, dann werde ich alles unternehmen, um solche Urteile wieder aufzuheben. Vorerst ist die Gefahr für die ukrainische Demokratie, dass gesetzwidrige Urteile von Gerichten verschiedener Instanzen provoziert werden, gebannt.

Es hat aber eine Sitzung des Präsidiums des Richter-Rates des Landes stattgefunden, auf der dem Präsidenten eine „Abrechnung mit der Justiz“ vorgeworfen wurde...

Was eine Neuordnung der Gerichte betrifft, so handelt es sich dabei um eine Verfassungsbestimmung, wonach der Präsident Gerichte bilden kann. Aber der Mechanismus zur Bildung dieser Gerichte beginnt bei der Regierung. Ich kann kein Gericht bilden, das nicht von der Regierung initiiert wurde, genauer gesagt vom Justizminister. Der Präsident kann dieses Verfahren nicht einseitig einleiten. Wenn die Bildung oder der Umbau eines Gerichts innerhalb der Justiz angefragt werden, dann kann der Präsident dies entweder annehmen oder ablehnen. Also, was hat der Präsident getan, was nicht dem Gesetz im Hinblick auf die Organisation von Gerichten entspricht? Ich kann doch nichts machen, solange keine entsprechende Anfrage vorliegt. Darin liegen die Demokratie und das Gleichgewicht, und nach diesem Prinzip besteht jedes staatliche System. Ich habe gegen keinen einzigen Buchstaben des Gesetzes verstoßen.

Die Justiz ist einer der problematischsten Bereiche der Ukraine. Zwei Drittel der Menschen vertrauen ihr nicht. Das Schlüsselproblem ist dabei die Korruption. Die Gesetzespakete über den Gerichtsaufbau befinden sich schon zwei Jahre lang im Parlament. Ja, das ist ein unabhängiger Zweig der Staatsmacht. Aber was seine Organisation angeht, so gibt es viele grundlegende und organisatorische Probleme, wo wir Reformen unternehmen müssen. Für die Gerichte tragen weder Präsident noch Regierung die Verantwortung, und solange wir keine Reform in Gang setzen, solange wird man immer wieder Fragen aufwerfen.

Wer ist denn schuld, dass die Justizreform nicht umgesetzt wird?

Das, was im Parlament seit Oktober passiert, ist die Demontage demokratischer Veränderungen und Errungenschaften. Und leider wurde die Justiz, die in die Ereignisse auf inkorrekte und gesetzwidrige Weise hineingezogen wurde, zur Gefahr für die Beibehaltung demokratischer Verfahren.

Das Gespräch führte Lilija Hryschko