Willkommen, aber nicht lebenswichtig
23. Juni 2006"Die Republik Kongo ist ein wichtiger Testfall für die neue EU-Afrika-Strategie", erklärt Andreas Mehler, Direktor des Instituts für Afrika-Kunde (IAK) in Hamburg. "Es geht um eine Verschränkung politischer, wirtschaftlicher und sicherheitsbezogener Instrumente" - will sagen: Der rohstoffreiche Kongo soll so sicher werden, dass ausländische Firmen sich wieder trauen, dort zu investieren. Der EU-Einsatz könnte dafür sorgen, dass die Wahlen friedlich abliefen und die Regierung danach erstmal eine Weile am Ruder bliebe, so Mehler.
"Je ruhiger, desto besser"
Ein besseres Wirtschaftklima wäre auch den deutschen Unternehmen sehr recht, die im Kongo aktiv sind. "Je ruhiger die Lage ist, desto besser für uns", sagt zum Beispiel Andreas Wiese, Leiter des Geschäftsbereichs Energie bei Lahmeyer International. Das Ingenieurbüro aus Bad Vilbel kümmert sich um den Bau von Wasserkraftwerken und Stromleitungen im Kongo. "Was deutschen Firmen auf jeden Fall hilft, ist eine stabile Regierung im Kongo", erklärt auch Roman-Nico Marsels vom Afrikaverein - der vermittelt deutschen Unternehmen Wirtschaftskontakte in Afrika.
Wasserkraft und Malaria-Tabletten
"Bisher gibt es aber relativ wenige deutsche Firmen im Kongo", sagt Marsels. Neben "einer Handvoll unabhängiger Geschäftsleute, die kleine Fabriken betreiben", engagieren sich unter anderem Siemens und der Holzkonzern Danzer mit seiner Tochterfirma Siforco. Siemens will über seine Projekte aber nicht sprechen, sie seien "ganz klein und nicht erwähnenswert". Der Medikamentenhersteller Pharmakina in Bukavu hat außerdem einen deutschen Mitbesitzer, Horst Gebbers.
Die in Frankfurt ansässige Pro-Credit-Bank hat seit August 2005 eine Niederlassung in der Hauptstadt Kinshasa. Auch das Ingenieurbüro Fichtner ist im Kongo aktiv. "Wir sind froh, dass wir von dem politischen Gerangel dort nicht betroffen sind", heißt es von der Stuttgarter Firma. Sie gewann mehrere internationale Ausschreibungen und arbeitet derzeit an der Reparatur der großen Wasserkraftwerke am Inga-Staudamm.
"Die haben sich halt arrangiert"
Dass die EU-Truppen Sicherheit ins Land bringen sollen, sei den wenigen deutschen Unternehmen natürlich willkommen, sagt Ingo Badoreck, der gerade für den Afrikaverein im Kongo ist. Aber sie würden die positiven Folgen des EU-Einsatzes nicht unmittelbar spüren und könnten sich zur Not auch ohne die Hilfe durchschlagen. "Die Pharmakina lag zum Beispiel in Bukavu direkt im Kriegsgebiet. Die sind der größte Arbeitgeber der Region und haben sich halt mit den Machthabern arrangiert." Und Dieter Haag, der Siforco-Chef, "der hat seine Konzessionen mitten im Urwald. Für den ist es erstmal wichtig, dass er sich mit dem Gouverneur da gut versteht." Danzer betont dazu, man würde sich den Machthabern aber nicht anbiedern. "Das, was wir im Kongo aufgebaut haben, gibt man natürlich nicht so schnell wieder auf", sagt Olof von Gagern, Vorstandsmitglied (CEO) für Afrika bei Danzer. Badoreck sagt, die Firmen seien schon so lange im Land, "die bleiben mit ihren Leuten da, egal, ob es gerade turbulente Phasen gibt".
Skepsis und ungehobene Schätze
Wäre die EU-Truppe erfolgreich, würde das noch mehr deutsche Unternehmen in den Kongo locken, sagt Badoreck. Bisher seien die Franzosen und Belgier viel aktiver. "Das Land hat ein dermaßen großes Potenzial", sagt Marsels, "wenn man da Sicherheit für Leib und Leben garantieren könnte, würde ein richtiger Run einsetzen." IAK-Direktor Mehler ist allerdings skeptisch, ob es überhaupt gelingt, dem Kongo durch Eingriffe von außen Frieden und Demokratie zu bringen: "Ich denke, dass weder eine klare Analyse noch die Instrumente und Mittel wirklich zur Verfügung stehen."