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Flüchtlinge willkommen?

Kay-Alexander Scholz, Berlin22. Juli 2015

Deutschland sollte mehr Flüchtlinge aufnehmen. Dafür spricht sich laut einer Studie die Mehrheit der Spitzenkräfte im Land aus. Die Bevölkerung insgesamt ist jedoch skeptisch.

Flüchtlingsunterbringung in Bayern
Bild: picture-alliance/dpa/D. Endlicher

Deutschland könnte mehr Flüchtlinge aufnehmen - dieser Aussage stimmen laut einer Umfrage des Allensbach-Instituts 31 Prozent der befragten Deutschen zu. Noch gehe die Bevölkerung mit den stark gestiegenen Flüchtlingszahlen "relativ entspannt" um, sagte die Chefin des renommierten Meinungsforschungsinstituts Renate Köcher in Berlin. Auch weil man mit der wirtschaftlichen Lage so zufrieden sei wie noch nie in den vergangenen 30 Jahren.

Sobald zum Beispiel aber die Turnhalle in der eigenen Stadt gesperrt werde, um Flüchtlinge unterzubringen, könne die Stimmungslage aber umschlagen, warnte die Allensbach-Chefin. Anfang der 1990er-Jahre, als die Flüchtlingszahlen rasant gestiegen waren und die Politik nicht wusste, damit umzugehen, sei die Lage entsprechend eskaliert. Offensichtlich eine Anspielung auf fremdenfeindliche Ausschreitungen, bei denen von 1990 bis 1993 laut Polizeistatistik insgesamt 26 Menschen ermordet wurden.

Kein klarer Kurs

In der aktuellen Allensbach-Umfrage stehen die Eliten in Politik und Wirtschaft Flüchtlingen wesentlich positiver gegenüber als die Gesamtbevölkerung. 78 Prozent können sich mehr Zuwanderung vorstellen. Das ergab das zwei Mal jährlich durchgeführte so genannte Elite-Panel, das Allensbach im Auftrag der Zeitschrift "Capital" und der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" durchführt. Die Diskrepanz zwischen der Meinung der Bevölkerung (31 Prozent) und der Elite (78 Prozent) erklärt sich Köcher damit, dass die "Entscheider" vor allem den Arbeitsmarkt und das demografische Problem des Bevölkerungsschwunds im Blick hätten.

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Köcher warnte vor möglichen Folgen, sollte die Politik beim Thema Zuwanderung keinen "klaren Kurs" finden. Bei den Landräten und in den Kommunen, also dort, wo die Flüchtlinge unterzubringen sind, herrsche eine "völlige Alarmstimmung". Ihr Institut führt monatlich entsprechende Umfragen durch. Vor Ort, auf der untersten politischen Ebene, wisse man nicht, wie die Vorgaben der Bundesländer, die für die Verteilung der Flüchtlinge zuständig sind, erfüllt werden könnten. "Das Raum-Angebot ist so nicht da."

"Die EU kriegt das nicht hin"

Zudem zeigt die Panel-Befragung eine gewisse Ratlosigkeit, wie mit den steigenden Flüchtlingszahlen umzugehen ist. 73 Prozent der Befragten fordern eine gravierende Korrektur der Flüchtlingspolitik. Und das vor allem auch auf der europäischen Ebene, da hier der Eindruck vorherrscht, dass "die EU das nicht hinkriegt", so Köcher.

Mehr als die Hälfte hält die diskutierte Bekämpfung von Schlepperbanden für nicht aussichtsreich. Die Zurückweisung von Flüchtlingsbooten, wie Australien sie praktiziert, halten 77 Prozent für nicht gangbar. Dass der Flüchtlingsstrom aus Afrika nach Europa in absehbarer Zeit in den Griff zu kriegen ist glaubt nur jeder Fünfte (22 Prozent).

Allensbach-Chefin: AfD noch nicht tot

Wie in anderen europäischen Ländern auch, gibt es mit der "Alternative für Deutschland" (AfD) eine rechtspopulistische Partei, die mit dem Thema Flüchtlingspolitik auf Wählerfang geht. Schon jetzt ist die AfD in einigen Landesparlamenten vertreten. Vor kurzem spaltete sich die Partei aber. Was bedeutet diese Ausgangslage - steigende Flüchtlingszahlen, zerstrittene AfD - für die Zukunft der neuen Partei?

Die Allensbach-Chefin möchte die AfD noch nicht abschreiben. Das kommende halbe Jahr werde entscheidend sein. Momentan sei die Partei zwei Risiken ausgesetzt: einer Vereinnahmung von Gruppierungen des rechten politischen Randes und dem Schrumpfen hin zu einer Partei für die ostdeutschen Bundesländer, also dem Verlust der bundesweiten Relevanz.

Neue Diskussion um Balkan-Flüchtlinge

Die Umfrage unter 500 Entscheidern wurde zwischen dem 22. Juni und dem 7. Juli durchgeführt. Inzwischen gab es in Deutschland neue Impulse für die Flüchtlingspolitik. Diskutiert wird, ob weitere Ländern des West-Balkans zu "sicheren Herkunftsstaaten" ernannt werden. Im ersten Halbjahr 2015 kamen 40 Prozent der Asylbewerber aus dieser Region (siehe Grafik). Ihre Chancen auf Anerkennung als Flüchtling aber gehen gegen Null. Ein entsprechender Asylantrag könnte dann in kürzerer Zeit abgelehnt werden.

In diese Richtung geht auch ein Vorstoß des CSU-Chefs und bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer, der spezielle Aufnahmelager für Asylbewerber aus den Balkanstaaten direkt an der Grenze vorschlug, von wo aus die Menschen schneller Deutschland wieder verlassen müssten.

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