Der Regisseur hat das deutsche Kino nachhaltig geprägt. Wim Wenders Spiel- und Dokumentarfilme bieten poetische Reflexionen und sensibel beobachte Realität.
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Wim Wenders: Das sollten Sie über seine Filme wissen
Kinofilme wie "Paris, Texas" und "Der Himmel über Berlin" haben dem deutschen Regisseur zu Weltruhm verholfen. Hier die wichtigsten Werke von Wim Wenders.
Bild: Getty Images/AFP/F. Guillot
Durch das Kameraobjektiv die Welt erfassen
Wim Wenders ist nicht nur Filmemacher. Er ist ebenso Fotograf, Künstler, Musikliebhaber und vieles mehr. In seinen zahlreichen Spiel- und Dokumentarfilmen hat der am 14. August 1945 in Düsseldorf geborene Wenders den Zuschauern die Welt durch die Kameralinse nahegebracht. Lesen Sie in unserer Galerie mehr über die wichtigsten Werke des Multitalents, das nun seinen 75. Geburtstag feiert.
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"Paris, Texas": ein Mann, ein Weg...
Travis (Harry Dean Stanton) in der texanischen Wüste auf dem Weg ins Nirgendwo: Ein Bild, das sich eingebrannt hat ins Gedächtnis von Kinofans. "Paris, Texas" ist ein deutscher Film, der in den USA spielt und seine Geschichte mit magischen Einstellungen erzählt: Als er 1984 erschien, war er ein wahres Filmwunder - bei den Filmfestspielen in Cannes gab es dafür die "Goldene Palme".
Neben Harry Dean Stanton spielte Nastassja Kinski in "Paris, Texas" als "Jane" (im Bild eine Szene aus dem Film) die Rolle ihres Lebens. Für Wim Wenders bedeutete der Film den Startschuss zur Weltkarriere. Der Deutsche wurde fortan zu den wichtigsten Filmemachern weltweit gezählt. Nicht alles gelang ihm, doch er erfand sich immer wieder neu.
Bild: imago images/Mary Evans/Rights Managed
Eingeengt von Hollywood
Wenders war ein großer Fan der USA und des amerikanischen Kinos. 1977 ging er in das Land seiner Träume, um dort Filme zu drehen. Doch er wurde nicht glücklich: Das Studiosystem in Hollywood engte ihn ein. Wenders war Künstler, kein Auftragsregisseur. Doch sein Film "Hammett" (1982) über den US-amerikanischen Schriftsteller Dashiell Hammett gehört heute noch zu seinen interessantesten Werken.
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Befreiungsschlag mit dem "Der Stand der Dinge"
Noch im gleichen Jahr, also 1982, entstand ein weiterer großartiger Film: "Der Stand der Dinge" - hier ein Set-Foto mit Wenders (links) und einem seiner Darsteller, Sam Fuller (rechts). In dem Film verarbeitete Wenders seine Erfahrungen als Regisseur und schilderte Nöte und Qualen im Filmbusiness. Für Wenders war der Film ein Befreiungsschlag - und ebnete den Weg für seine erfolgreichsten Jahre.
Bild: imago images/Everett Collection
Schwerelos im siebten Film-Himmel
Nachdem er für "Der Stand der Dinge" den Hauptpreis bei den Filmfestspielen von Venedig erhalten hatte, folgte ein Höhepunkt nach dem anderen. "Paris, Texas" wurde in Cannes mit dem wichtigsten Preis des Filmfestivals ausgezeichnet. 1987 folgte "Der Himmel über Berlin" - auch dieser Film mit Otto Sander (r.) und Bruno Ganz im geteilten Berlin wird heute zu Wim Wenders' stärksten Filmen gerechnet.
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Das Frühwerk: "Alice in den Städten"
Doch auch vor seinen Meisterwerken und den Filmfestivalpreisen hat Wim Wenders schon Filme gedrehtt. Als junger Mann hatte er in seiner westdeutschen Heimat Filme in Schwarz-Weiß und mit kleinem Budget inszeniert. Das 1974 sensibel in Szene gesetzte Roadmovie "Alice in den Städten" (mit Yella Rottländer) gilt als eigentlicher Durchbruch des Regisseurs.
"Falsche Bewegung" (1975) ist ebenfalls eines von Wenders' Frühwerken und eine weitere Zusammenarbeit mit seinem Freund, dem späteren Literaturnobelpreisträger Peter Handke. In dem Film geht es um einen angehenden Schriftsteller (Rüdiger Vogler), der durch die Republik reist, Bekanntschaften knüpft (hier mit Therese, gespielt von Hanna Schygulla) und Lebenserfahrungen sammelt.
Bild: picture-alliance/Mary Evans Picture Library
Neue Männerrollen: "Im Lauf der Zeit"
1976 entstand dann einer der schönsten Filme von Wim Wenders: "Im Lauf der Zeit". Wenders wurde mit diesem Film zu einem der wichtigsten Vertreter des "Neuen Deutschen Films". Das Roadmovie in Schwarz-Weiß brachte eine ganz neue Note ins deutsche Kino: melancholisch, verträumt, mit männlichen Charakteren, die es so im deutschen Kino zuvor nicht gegeben hatte.
Bild: picture-alliance/Mary Evans Picture Library
Blick in die USA: "Der amerikanische Freund"
1977 folgte der Film "Der amerikanische Freund", der andeutete, wohin die Reise des Regisseurs Wim Wenders später gehen sollte: nach Amerika. Mit seinen Hauptdarstellern Bruno Ganz (l.) und dem "Easy Rider"-Star Denis Hopper entwickelte Wenders eine Kriminalgeschichte um Kunstschwindel, Männerfreundschaften und Träume von einem anderen Leben, fernab der Heimat.
Bild: picture-alliance/Mary Evans Picture Library
Karriereknick nach Welterfolg
Was nach "Der amerikanische Freund" folgte, ist Filmgeschichte: Wenders ging in die USA, drehte dort und im geteilten Berlin seine Meisterwerke und sammelte Filmpreise. Doch dann bekam seine Karriere einen Knick: Wenders war auf der Suche nach neuen Formen und Geschichten. 1999 folgte sein Comeback - mit der hinreißenden Dokumentation "Buena Vista Social Club" über kubanische Musiker.
Bild: picture-alliance/United Archives
"Pina": der Sprung in die Welt des 3-D
Seine Spielfilme erreichen nicht mehr die künstlerische Intensität früherer Jahre. Nach seinem Comeback ist Wim Wenders immer dann groß, wenn er dokumentarisch erzählt. Wie für "Buena Vista Social Club" bekommt der Regisseur auch für die in 3-D aufgenommene Dokumentation "Pina" eine Oscar-Nominierung. Die Doku aus dem Jahr 2011 erzählt von der legendären Tanztruppe der Choreografin Pina Bausch.
Bild: picture-alliances/dpa
Wesensverwandtschaft: Wenders und Salgado
Auch der Dokumentarfilm "Das Salz der Erde" über den brasilianischen Fotografen Sebastião Salgado überzeugt 2014 Kritik und Publikum. Wenders ist selbst ein Fotograf mit vielen internationalen Ausstellungen. Er beweist mit diesem Film einmal mehr, dass er alle Künste liebt.
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75 Jahre Wim Wenders
Zuletzt veröffentlichte Wenders 2018 die Dokumentation "Papst Franziskus - Ein Mann seines Wortes". Seine jüngsten Spielfilme hingegen, "Every Thing Will Be Fine" (2015) und "Grenzenlos" (2017), sind ein wenig im Kinoalltag untergegangen. Das dürfte den Filmemacher von Weltruhm an seinem 75. Geburtstag am 14. August 2020 bei der Rückschau auf sein Schaffen allerdings nicht weiter gestört haben.
Bild: W. Wenders
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Wim Wenders ist das Aushängeschild des deutschen Kinos. Er ist derjenige unter den Gründervätern des "Neuen Deutschen Films", der im In- und Ausland am bekanntesten ist, der nach wie vor unermüdlich einen Film nach dem anderen dreht, der zudem auf zahlreichen Kultur-Bühnen weltweit engagiert die Interessen des Kinos vertritt.
Als sich der deutsche Film in den 1960er Jahren aus dem engen Korsett des biederen und geschichtsvergessenen Nachkriegskinos befreite, war Wenders mit dabei. Mit Rainer Werner Fassbinder, Alexander Kluge, Edgar Reitz, Werner Herzog und Volker Schlöndorff betrat damals eine neue Generation deutscher Filmemacher die Bühne, sorgte für frischen Wind, erzählte andere Geschichten in anderer Form.
Wim Wenders führt seit 1967 unermüdlich Regie
Davon profitiert das deutsche Kino noch heute. Der gebürtige Düsseldorfer Wim Wenders, der am 14. August seinen 75. Geburtstag feiert, wurde zu einem der einflussreichsten Gestalter dieses "Neuen Deutschen Films". Erstaunlich, dass Wenders auch heute noch so aktiv ist: Fassbinder ist lange tot, Kluge experimentiert mit Fernsehformaten und schreibt Bücher, die anderen drehen zwar noch ab und an, doch rufen ihre Werke kaum ein Maß an Aufmerksamkeit hervor wie das von Wim Wenders. Einzig Werner Herzog kann da noch mithalten, wiewohl Herzog in Deutschland kaum präsent ist.
Wenders hingegen ist inzwischen eine Art Multimedia-Künstler, der auf vielen künstlerischen Füßen steht. Er dreht Spielfilme, Dokumentationen, stellt weltweit seine Fotoarbeiten aus, arbeitet als Hochschullehrer, mischt in Jurys mit, ist bei Preisverleihungen und auf vielen öffentlichen Kunst-Ereignissen präsent. Er wird geehrt bei Festivals, seine Werke werden in Retrospektiven gezeigt, seine Arbeit mit Preisen überhäuft.
Meisterwerke: "Paris, Texas" und "Der Himmel über Berlin"
Es ist also gar nicht so einfach, seine Erfolge aufzuzählen. Natürlich überragt ein Film wie "Paris, Texas" - Ausdruck seiner Liebe zum amerikanischen Kino und den Vereinigten Staaten, wo er lange Jahre lebte - vieles, was er danach noch gedreht hat. Zu Recht bekam Wenders 1984 dafür die "Goldene Palme" von Cannes. Doch auch "Der Himmel über Berlin" gehört zu Wenders Meisterwerken: der poetische Blick auf die deutsche Hauptstadt aus der Perspektive zweier Engel, mit traumhaft schönen Schwarz-Weiß-Aufnahmen aus dem Jahre 1987.
Doch es lohnt auch ein Blick zurück auf die Anfänge. Mit Filmen wie "Alice in den Städten" und "Im Lauf der Zeit", Roadmovies aus und über die deutsche Provinz, hatte Wenders sich früh einen Namen gemacht. "Der amerikanische Freund", mit dem Easy-Rider-Star-Denis Hopper besetzt, markierte 1977 die cineastische Abzweigung ins Traumkinoland Amerika. "Paris,Texas" öffnete ein paar Jahre später die Tore zur großen Kinowelt. Wenders spielt von da an in einer eigenen Liga. Doch seine deutschen Wurzeln vergaß er nie. Und er kam ja auch zurück nach Deutschland, nach 16 Jahren USA-Aufenthalt.
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Wenders war kein Mann für das Studiosystem in Hollywood
Auch weil er dort sein Glück nur phasenweise gefunden hatte: Wim Wenders war immer ein Künstler und Autoren-Filmer. Ein Studiosystem, in dem der Regisseur nur das tut, was der Produzent ihm sagt, das war nicht seine Sache. Als dann alle Welt daran glaubte, Wenders habe nach mehreren künstlerisch nicht so überzeugenden Spielfilmen den Zenit seiner Karriere überschritten, da erfand sich dieser anfangs so stille und in sich gekehrte Künstler noch einmal ganz neu: als Dokumentarfilmregisseur.
"Buena Vista Social Club", "Pina", zuletzt der Film über den Papst, "Papst Franziskus - Ein Mann seines Wortes": Wenders entwickelte viel Gespür für künstlerische und spirituelle Themen und setzte diese in sensiblen Dokumentationen um. Das Publikum folgte in den letzten Jahren seinen dokumentarischen Entwürfen mehr noch als den fiktiven Stoffen, die ein wenig untergingen im ganz normalen Kinoalltag.
Die Kopflastigkeit tat Wenders Filmen nicht immer gut
Darf man am 75. Geburtstag eines so verdienstvollen Künstlers und Filmemachers auch Kritik üben? Wenders wird sicherlich wissen, dass Filmkritik und Arthouse-Publikum vor allem an seinen späten Spielfilmen auch immer viel herumgemäkelt haben. Zu kopflastig seien diese Filme, in ihnen werde zu viel Bedeutungsschwangeres geredet, zu viel Peter-Handke-Poesie verhagele die schönen Bilder - wurde immer wieder Kritik laut.
Da ist sicher etwas dran. Manche Wenders-Filme haben durch die Tonspur viel von der Eleganz und der Leichtigkeit verloren, die visueller Stil und die Kraft seiner wohl arrangierten Tableaus erst geschaffen haben. So haben aufgesagt klingende Texte die Poesie an vielen Stellen schlicht zunichte gemacht. Ein Film wie "Der Himmel über Berlin", vor ein paar Jahren restauriert und von Wim Wenders persönlich vorgestellt, macht das deutlich. So wunderbar die von Kameramann Henri Alekan entworfene Berliner Bilderwelt war, so phantastisch die Kamerabewegungen - irgendwann hatten auch die gutwilligen Zuschauer genug von der Bedeutungsschwere der Handke-Texte.
Wim Wenders ist eine der Größen der deutschen Kinogeschichte
Doch Wim Wenders, der ja ein Künstler mit ungeheuer vielen Interessen und Inspirationsquellen ist, auch in musikalischer Hinsicht, konnte das schon nichts mehr anhaben. Sein filmisches und künstlerisches Werk, das hoffentlich noch nicht abgeschlossen ist, steht über dieser Kritik. Sicher auch zu Recht. Denn Wenders hat so viele bemerkenswerte Filme gemacht, dass man heute in Deutschland voller Stolz sagen kann: Wim Wenders gehört zu den ganz großen, singulären Gestalten der deutschen Filmgeschichte. Sein filmisches Werk wird Bestand haben: Happy Birthday Wim Wenders!