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Windkraft: Mehr Effizienz durch Big Data

Dave Keating | Hilke Fischer
31. Oktober 2016

Der aus Offshore-Windparks gewonnene Strom könnte sich bis 2030 verachtfachen - und das nicht nur durch den Bau neuer Windräder: Intelligent genutzte Wetter- und Anlagedaten machen Windparks effizienter und profitabler.

Deutschland Petersberg Windkraftanlagen
Bild: picture-alliance/dpa/J. Wolf

Adnan Z. Amin, der Generaldirektor der Internationalen Organisation für Erneuerbare Energien (IRENA), ist sich sicher: "Offshore-Windkraft kann die Nummer Eins bei der Stromerzeugung in einer Kohlestrom-freien Weltwirtschaft werden." Die Zahlen seiner Organisation, der 144 Staaten und die Europäische Union angehören, erklären seinen Optimismus: Bis 2030 könnte der Anteil des jährlich aus Offshore-Windkraftwerken erzeugte Strom von 13 Gigawatt in 2015 auf 100 Gigawatt anwachsen - eine Steigerung um 650 Prozent, heißt es in einer neuen IRENA-Studie.

Haupttreiber des Booms sind dem Bericht zufolge technologische Innovationen. Neue Windräder mit größeren Rotorblättern und schwimmenden Turbinen eröffneten neue Märkte - zu Beispiel in tieferen Gewässern. Die Innovationen machten den Strom von Hoher See billiger: 2015 kostete eine Megawattstunde (MWh) 170 US-Dollar (155 Euro), 2045 werden es der IRENA zufolge nur noch 74 US-Dollar (68 EUR) pro MWh sein.

Genaue Überwachung durch Sensoren

Selbst mit den bereits vorhandenen Anlagen könnte man rund 20 Prozent mehr Strom erzeugen, ist sich Pieter Jan Jordaens sicher. Er arbeitet für "OWI-Lab", eine belgische Organisation, die zu Offshore-Windkraft forscht. "Bei Offshore-Windparks kommt es weniger auf die Kosten für die Installation an. Viel entscheidender sind die Kosten für den laufenden Betrieb", sagt Jordaens im DW-Gespräch.

OWI-Lab hat ein Projekt gestartet, bei dem Sensoren an den Turbinen befestigt werden. Sie liefern Daten über Wind und Wellen und welche Auswirkungen sie auf das Fundament des Windrads haben. "Die Sensoren geben auch Aufschluss über den Zustand der Windturbine selbst", sagt Jordaens. Denn nicht alle Windkraftanlagen sind gleich. Manche werden durch Spannungsschwankungen oder Sogwirkungen schneller in Mitleidenschaft gezogen als andere.

Komplizierte Analyse

Immer mehr Firmen und Forschungseinrichtungen im Bereich der erneuerbaren Energien setzen auf Big Data. Sie sammeln riesige Datenmengen, filtern sie und werten sie aus, um den optimalen Nutzen daraus ziehen zu können. Das Potenzial dieser Daten insbesondere im Bereich der Windstromerzeugung ist immens.

Die Daten liefern den Betreiberfirmen nicht nur Aufschluss über den Zustand ihrer Anlagen, sondern ermöglichen auch Vorhersagen darüber, wie sich die Turbinen in der Zukunft am effizientesten nutzen lassen. Dadurch können die Betreiber das volle Potenzial der bereits gebauten Windräder ausschöpfen: Statt 20 Prozent mehr Turbinen aufzustellen, könnte mit den bestehenden Anlagen 20 Prozent mehr Strom gewonnen werden, so die Hoffnung.

Dieses Vorhaben ist nicht trivial: Zwar sind die Daten leicht zu beschaffen - die Schwierigkeit besteht allerdings darin, diese auszuwerten und aus den Erkenntnissen die richtigen Schlüsse zu ziehen. Wetterstationen, Gezeiten, Geodaten und die technischen Daten der Turbinen liefern einen riesigen Wust an Informationen. "Die Kunst ist es, diese Datenströme zu sortieren und zu analysieren", so Jordaens.

Noch hat Europa die Nase vorn

Mehrere große Industrieunternehmen haben Pilotprojekte in diesem Bereich gestartet. Der dänische Konzern "Vestas Wind Systems", Europas größter Hersteller von Windkraftanlagen, hat bereits vor drei Jahren als erstes Unternehmen erfolgreich die Big Data-Analyse eingeführt. Das US-amerikanische Unternehmen "General Electric" hat im vergangenen Jahr sein Konzept eines "smarten" Windparks vorgestellt. Und der deutsche Siemens-Konzern hat im Jahr 2014 im dänischen Brande ein Ferndiagnosezentrum für die Überwachung von 7500 Siemens-Windturbinen auf der ganzen Welt eröffnet.

Die gesammelten Daten werden in fernab gelegenen Kontrollzentren ausgewertetBild: picture-alliance/dpa/W. Scheer

Noch sei nicht ausgemacht, dass Big Data das ultimative Erfolgsrezept für die europäischen Unternehmen sei, sagt Alessandro Annini von der Wirtschaftshochschule in Grenoble. Denn der internationale Wettbewerb sei groß. Insbesondere der Fall Vestas zeige jedoch, dass Big-Data-Projekte praktikabel und erfolgreich sein können, so Annini.

In den meisten Bereichen, die auf Big Data setzen, hinke Europa den USA hinterher, sagt Forscher Jordaens. In den Bereichen der erneuerbaren Energien und der Stromnetze hätten die Europäer aber noch die Nase vorn. "Wir haben all diese Windparks, die mit dem Stromnetz kommunizieren müssen. Wir müssen nur noch aus dem, was wir haben, Kapital schlagen."

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