Er schrieb die unverkennbaren Melodien der Winnetou-Filme und komponierte die Musik zu Hunderten Kino- und Fernsehproduktionen. Jetzt ist Martin Böttcher im Alter von 91 gestorben.
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Wer an die Winnetou-Filme denkt, hat sofort seine Melodien im Kopf: Martin Böttcher hat diese Klassiker der deutschen Filmmusik komponiert. Zehn Karl-May-Streifen untermalte er musikalisch für die Leinwand. Damit wurde Böttcher zu einem der erfolgreichsten Filmkomponisten Deutschlands.
1962 führte seine Old-Shatterhand-Melodie 17 Wochen lang die deutschen Charts an und verkaufte sich mehr als 100.000 Mal. Gelesen hat er dennoch kein einziges Karl-May-Buch, wie er der Deutschen Presse-Agentur vor knapp zwei Jahren zu seinem 90. Geburtstag verriet: "Ich habe die Geschichten so oft gesehen, da brauchte ich sie nicht zu lesen."
Ehrenhäuptling wurde er auch so: Die Karl-May-Spiele von Bad Segeberg verliehen ihm den Häuptlingsnamen "Großer Vater der Melodien". Wenn Apachenhäuptling Winnetou dort in das Freilichttheater am Kalkberg einritt, dann nicht ohne die berühmte Filmmelodie.
Sein Debüt als Komponist bei einer Spielfilm-Produktion gab Böttcher, der am 17. Juni 1927 in Berlin geboren wurde, 1955 in "Der Hauptmann und sein Held". Schon der zweite Film wurde ein großer Erfolg: "Die Halbstarken" (1956) mit Horst Buchholz. Unermüdlich vertonte der Musiker danach immer neue Geschichten zunächst für das Kino, später vor allem für das Fernsehen. Darunter Heinz Rühmanns Pater-Brown-Filme und Edgar-Wallace-Verfilmungen.
Der Komponist erhielt für seine Arbeit zahlreiche Preise und Auszeichnungen, darunter das Bundesverdienstkreuz am Bande und die Ehrenmitgliedschaft in der US-amerikanischen Max Steiner Society - neben Benny Goodman, Frank Sinatra und anderen.
Den Weg nach Hollywood ging er nicht, doch es gab Melodien zu Hollywood-Erfolgen, um die er Kollegen beneidete. "Die Stücke von Henry Mancini zum Beispiel, der unter anderem für 'Frühstück bei Tiffany' komponiert hat. Und natürlich Ennio Morricones 'Spiel mir das Lied vom Tod'."
Jazz-Gitarrist Böttcher, der seit einem Sturz als Kind auf einem Ohr nichts mehr hörte, hatte sich während des Krieges in der Gefangenschaft das Gitarrenspiel selbst beigebracht. Nach dem Krieg führte ihn der Weg nach Hamburg, wo er im Tanz- und Unterhaltungsorchester des Nordwestdeutschen Rundfunks anfing. 1954 entschied der ausgebildete Pilot sich endgültig fürs Komponieren. Als "Meister großartiger Filmmusiken, die zeitlos sind", würdigte ihn 2016 die Jury des Deutschen Musikautorenpreises, als sie ihn für sein Lebenswerk auszeichnete. "Seine Musik geht direkt ins Herz."
Martin Böttcher ist in der Nacht zu Samstag im Alter von 91 Jahren gestorben, wie seine Tochter Betsy Schlüter am Montag der Deutschen Presse-Agentur bestätigte.
Wen man kennen sollte, um rund um den Karl-May-Kult mitzureden
Winnetou, Old Shatterhand, Nscho-Tschi: Wir stellen die Hauptfiguren aus Karl Mays Wildwest-Welt vor. Damit Sie mitreden können, wenns drum geht, historische Winnetou-Filme von der RTL-Neuverfilmung zu unterscheiden.
Bild: picture-alliance/dpa
Winnetou & Old Shatterhand: Worum es geht
Ein Foto, das Herzen höher schlagen lässt: Generationen junger Deutscher haben die Romane verschlungen, in denen der deutsche Ingenieur Karl und der Apachen-Häuptling Winnetou von Gegnern zu Blutsbrüdern werden. "Cowboy und Indianer" spielten Kinder hierzulande als "Winnetou und Old Shatterhand". Mit dem Leben amerikanischer Ureinwohner haben die Geschichten wenig zu tun, es sind moderne Märchen.
Bild: picture-alliance/dpa
Winnetou, der Häuptling der Apachen
Winnetou - das war über 50 Jahre das Gesicht des 2015 verstorbenen französischen Schauspielers Pierre Brice. Er spielte den Apachen nicht nur in den erfolgreichen Kinofilmen der 1960er Jahre, sondern auch auf den beliebten deutschen Freilichtbühnen Espe und Bad Segeberg. Das war die Rolle seines Lebens. Ob der neue Darsteller sich so in die Herzen vieler Deutscher spielen wird wie Pierre Brice?
Bild: picture-alliance/dpa/H.Ossinger
Neuverfilmung: Ein Winnetou aus Albanien
Seit 2016 gibt es in dem TV-Dreiteiler von RTL einen neuen Darsteller des Indianerhäuptlings: Nik Xhelilaj (sprich: Tschellilai). Wie Pierre Brice hatte auch er vorher noch nie von Winnetou gehört. Xhelilaj war 2011 als European Shooting Star ausgezeichnet worden, in seiner Heimat Albanien ist er berühmt. Der "neue Winnetou" spricht neben Albanisch Türkisch, Englisch, Italienisch und Deutsch.
Bild: RTL/Jens Koch
Old Shatterhand: Von Tarzan zum Westmann
Als Blutsbruder von Winnetou wird Old Shatterhand in den Stamm der Apachen aufgenommen - ihn spielte früher der Amerikaner Lex Barker (1919-1973), den der Rest der Welt aus seinen Tarzan-Filmen kannte. Old Shatterhand heißt eigentlich Karl und ist ein aus Deutschland eingewanderter Ingenieur. Seinen Kampfnamen verdankt er einer schlagkräftigen Rechten, mit der er Gegner zu Boden schmettert.
Bild: picture alliance/United Archives/IFTN
Ein TV-Kommissar im Wilden Westen
Winnetou nennt seinen Blutsbruder übrigens "Scharlih" (von Karl), in der Neuverfilmung von RTL spielt ihn Wotan Wilke Möhring. Hierzulande ist der deutsche Schauspieler auch als Hamburger Kommissar in der Kult-Krimireihe "Tatort" bekannt. Im einzigen "Tatort" mit Winnetou-Bezug war er 1999 allerdings nicht dabei. Damals war ein Wachmann im Karl May-Museum mit einem Tomahawk erschlagen worden.
Bild: RTL/Jens Koch
Der Autor: Schriftsteller Karl May (1842-1912)
Ausgedacht hat sich die Winnetou-Geschichten Karl May, Sohn armer Weber aus Sachsen. Als Ich-Erzähler Old Shatterhand träumte er sich aus seiner tristen Realität, in der er wegen Betrügereien auch im Gefängnis saß. 1875 erschien die erste Winnetou-Geschichte, den "Wilden Westen“ kannte Karl May da nur aus Büchern. Auch in den Orient führten ihn seine Fantasiereisen - dort hieß er Kara Ben Nemsi.
Bild: picture-alliance/akg-images
Liebesgeschichte mit Nscho-Tschi
Nscho-tschi ist Winnetous Schwester, in der Neuverfilmung die selbstbewusste Schamanin der Apachen. In die Fußstapfen der Französin Marie Versini tritt die Mexikanerin Iazua Larios. Sie pflegt Old Shatterhand gesund, als er bei den Apachen verletzt in Gefangenschaft gerät. Anders als im Buch und den alten Filmen gibt es diesmal mehr als sehnsuchtsvolles Schmachten...
Bild: RTL/Jens Koch
Intschu-Tschuna, Winnetous Vater
Intschu-Tschuna ist Winnetous und Nscho-Tschis Vater. Der deutsch-serbische Schauspieler Gojko Mitic war schon in den Filmen der 1960er Jahre in Nebenrollen dabei, in der RTL-Neuverfilmung spielt er nun den Vater. Der Vorname des Schauspielers wurde anfangs als "Georg" eingedeutscht, Gojko wollte man dem damaligen Kinopublikum offenbar nicht zumuten.
Bild: RTL/Jens Koch
Die Schurken: Santer ist der Schlimmste
Bei so vielen Guten dürfen die Bösen nicht fehlen. Als Fiesling Santer senior ist Mario Adorf auch im neuen TV-Film 2016 dabei. Vor über 50 Jahren spielte er den Schurken schon einmal. Jedes Kind kannte ihn damals als den Mörder von Winnetous Schwester (im Buch meuchelt er zudem den Vater). Adorfs wichtigster Film und Oscar-gekrönt: "Die Blechtrommel“, worin er einen Nazi-Mitläufer spielte.
Bild: RTL/Nikola Predovic
Skrupellos: Jürgen Vogel als (Joseph) Rattler
Im Buch ermordet der gemeine Trinker Rattler den Weißen Klekih Petra, der bei den Apachen lebt. Dafür wird er zu Tode gemartert, was in den beliebten Winnetou-Hörspielen der 1970er Jahre mit qualvollem Gejammer nachdrücklich umgesetzt wurde. Die neue Fernseh-Verfilmung ersparte das 2016 dem weihnachtlichen Feiertagspublikum - und geben diesem Bösewicht erstmals einen Vornamen: Joseph.
Bild: RTL/Jens Koch
Hawkens: "Wenn ich mich nicht irre"
Sam Hawkens (Milan Peschel) ist im TV-Film Old Shatterhands schrulliger Mentor, der dem unerfahrenen "Greenhorn" Old Shatterhand im Wilden Westen zur Seite steht. Hawkens Lieblingssatz: "Wenn ich mich nicht irre..." Weil er sich doch immer wieder irrt, sorgt er für Lacher beim Zuschauer. Die Figur Hawkens ist Sachse wie Old Shatterhand und trägt Perücke - einst wurde er von Indianern skalpiert.
Bild: RTL/Jens Koch
Morgentoilette statt Mythos
Die Blutsbrüder beim Synchron-Zähneputzen? Davon ist weder in Karl Mays Büchern noch in den Winnetou-Filmen die Rede. Das gibt es nur im "Schuh des Manitu" (2001). Die Klamauk-Komödie von und mit Michael "Bully" Herbig nahm den Mythos kräftig auf die Schippe und wurde zu einem der erfolgreichsten deutschen Nachkriegsfilme. Winnetou und Old Shatterhand mal ganz anders - sollte man auch kennen.