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Film

Winnetou: Rückkehr des Hollywood-Indianers?

Amien Essif lf
26. Dezember 2016

Keiner der Indianer im Film wird von amerikanischen Ureinwohnern gespielt und der Stamm Winnetous spricht die falsche Sprache. Das mag in Deutschland egal sein, in den USA allerdings tobt eine Debatte.

Filmstill RTL Winnetou Neuverfilmung 2016
Wotan Wilke Möhring und Nik Xhelilaj in der "Winnetou"-NeuverfilmungBild: RTL/Jens Koch

An Weihnachten strahlt RTL einen neuen Dreiteiler aus, der eine alte Geschichte erzählt. "Winnetou: Die Legende kehrt zurück" ist eine Neuauflage des 100-jährigen Karl-May-Klassikers. In den USA, der eigentlichen Heimat Winnetous, kennt man den fiktionalen Häuptling der Apachen eher nicht. Den Namen haben manche höchstens schon mal kurz erwähnt in Quentin Tarantinos Film "Inglourious Basterds" gehört.

Karl May, der Schöpfer der Saga, veröffentlichte die erste Winnetou-Geschichte, ohne bis dahin in den USA gewesen zu sein. Winnetou, der sich mit dem deutschen Einwanderer Old Shatterhand anfreundet, gehört mit ihm zu den Guten in der Geschichte. Die Bücher sympathisieren genau wie die darauf basierenden Filme mit einer Zivilisation, die durch eine jahrzehntelange völkermörderische US-Politik fast gänzlich ausgelöscht wurde.

Trotzdem steht "Winnetou" in einer kontroversen Tradition. Mainstream-Filmproduktionen casten vorwiegend Schauspieler mit europäischem Hintergrund für die Rollen amerikanischer Ureinwohner, die wiederum von europäischen Drehbuchautoren erdacht wurden. Aber nicht nur, ob Indianer im Film letztendlich gut, schlecht oder hässlich wegkommen, ist wichtig. Die Frage, die sich viel mehr stellt, ist, warum amerikanische Ureinwohner so wenig Kontrolle darüber haben, wie die Welt sie sieht.

Vom bösen Wilden zum glorreichen Krieger

In den USA leben in 33 Staaten über 300 verschiedene indianische Stämme, jeder von ihnen mit eigenen Traditionen. Dennoch komprimieren Filmemacher diese Vielfalt zu einem einzigen Stereotypen, um ihre Geschichten möglichst einfach erzählen zu können.

Film-Indianer teilten sich lange Zeit in zwei Charaktergruppen: den bösen Wilden oder den glorreichen Krieger. Beide waren europäische Erfindungen.

Der Aufstieg der eingeborenen Filmemacher

Die Protagonisten des Films "Smoke Signals" thematisieren indianische KlischeesBild: picture-alliance/dpa

In letzter Zeit produzieren auch immer mehr Filmemacher, die von amerikanischen Ureinwohnern abstammen, Werke über ihre eigenen Kulturen. Chris Eyre gehört zum Stamm der Cheyenne-Arapaho-Indianer. Der 1998 erschienene Film "Smoke Signals", bei dem Eyre Regie führte, gilt als bahnbrechendes Werk dieser Bewegung. "Smoke Signals" spielt in einem modernen Reservat im US-Staat Idaho und erzählt eine Geschichte von Armut und Isolation, wie sie in indianischen Gemeinden weit verbreitet ist.

Doch die Geschichte ist gespickt mit Witzen darüber, wie das "normale" Leben in einem Reservat auch sein kann. In einer der berühmtesten Szenen macht sich der Indianer Victor über seinen Freund und dessen Anstrengungen lustig, dem Klischee von einem Indianer zu entsprechen: "Du versuchst immer, wie ein verdammter Medizinmann zu klingen", sagt er. "Ich meine, wie oft hast du 'Der mit dem Wolf tanzt' gesehen?"

In ihren eigenen Worten

Einige der größten Kritiker der Filmindustrie, wie Chris Eyre, finden, dass der größte Kampf nicht darin besteht, Europäern beizubringen, sorgfältiger zu sein, sondern mehr Filmemacher und Schauspieler mit indianischen Wurzeln in Positionen zu bringen, in denen sie für sich selbst sprechen können.

Chris Eyre ist Filmregisseur mit indianischen WurzelnBild: Getty Images/V.Bucci

"Man braucht eine ganze Gruppe von Menschen, die unterschiedliche Perspektiven einnehmen, um zu zeigen, dass es nicht nur ein Ur-Amerika gibt, sondern ein großes Spektrum von Orten und Menschen", sagt Eyre dem Indian Country Media Network in einem Interview in 2013.

Ein Schritt in die richtige Richtung

Hollywoods Filmemacher haben indes Maßnahmen ergriffen, um das Nachbilden von Stereotypen zu verhindern. Alejandro Inarritus Film "The Revenant" aus dem Jahr 2015 wurde von seinem indianischen Ratgeber am Set, Craig Falcon, als Fortschritt gefeiert. Falcon beschrieb dem Indian Country Media Network (ICMN), wie sich Inarritu bis ins kleinste Detail um Korrektheit bemühte, bis hin zu den verschiedenen Heilmitteln, die in rituellen Gebeten der Stämme Pawnee und Arikara verwendet werden.

Neben Falcon engagierte das Studio einen Sprachtrainer, der den korrekten Gebrauch der Arikara-Sprache überwachte. Außerdem wurden in dem Film vier amerikanische Ureinwohner als Hauptrollen besetzt.

Noch mal Winnetou

Der albanische Schauspieler Nik Xhelilaj in seiner Rolle als WinnetouBild: RTL/Nikola Predovic, RatPack

Steht Deutschlands Filmindustrie jetzt in der Pflicht, genau die gleichen Fehler wie Hollywood zu machen?

Die Produzenten vom neuen "Winnetou" haben Maßnahmen ergriffen, um die historische Genauigkeit der Filme aus den 1960er Jahren zu verbessern, versichert RTL-Sprecher Klaus Richter im Gespräch mit der DW. Amerikanische Ureinwohner seien während des Drehs beim Bühnenbild beratend tätig gewesen. Die Kostüme, so Richter, seien ebenfalls modifiziert worden, um realistischer zu sein. Außerdem brachte ein Sprachexperte dem albanischen Hauptdarsteller des Films, Nik Xhelilaj, nicht nur einen Dialekt der Lakota-Indianer bei, sondern sogar, Deutsch mit Lakota-Akzent zu sprechen. Dabei müssten die Indianer des Stammes eigentlich die Sprache der Apachen sprechen.

Richter sagt, dass die Priorität der Produzenten darin bestanden habe, die Welt von Karl May wiederzubeleben, eine Fantasie, die viele Generationen Deutscher in ihren Bann gezogen hat. Der Dreiteiler "ist keine Dokumentation über amerikanische Ureinwohner", sagt Richter. "Wichtig ist die Botschaft von Mut und Freundschaft" zwischen Winnetou und dem Deutschen Old Shatterhand, und außerdem, die "Ungerechtigkeit" darzustellen, die den Indianern widerfahren sei.

Die Neuverfilmung mag zwar zu Gunsten der amerikanischen Ureinwohner ausfallen, aber kein amerikanischer Ureinwohner spielt darin mit. Richter sagt, als deutsche Firma, die in Kroatien gedreht habe, seien sie darauf beschränkt gewesen, europäische Schauspieler anzustellen. "Absolute Puristen könnten das kritisieren", gibt er zu.

Ist das in Ordnung? Richter argumentiert, dass die Botschaft von "Winnetou" Indianer in ein positives Licht rückt, aber für Kritiker löst das nicht das Problem, dass amerikanische Ureinwohner das Gefühl haben, keine Stimme zu haben.

Das Produktionsteam am Set von "Winnetou" in KroatienBild: DW/N. Tomasović

Im Jahr 2015 verließ ein Dutzend eingeborener Schauspieler Adam Sandlers Filmset zu "The Ridiculous 6", weil herabwürdigende Stereotype Teil des Drehbuchs waren. Schauspielerin Alison Young beklagte sich bei ICMN darüber, wie wenig sich das Kino im vergangenen Jahrhundert entwickelt habe: "Nichts hat sich verändert", sagte sie. "Wir sind immer noch alle Hollywood-Indianer."

 

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