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"Wir tragen diese Bürde in ernster Verantwortung"

Nina Werkhäuser25. Januar 2005

Das Auschwitz-Komitee hat mit einer Gedenkfeier in Berlin des 60. Jahrestags der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz gedacht. Bundeskanzler Schröder rief dazu auf, Antisemitismus mit aller Macht zu bekämpfen.

Bundeskanzler Schröder gegen die "widerliche Hetze der Neonazis"Bild: AP

"Auschwitz ist der größte Friedhof der Welt", sagte Kurt-Julius Goldstein, der Ehrenpräsident des Internationalen Auschwitz-Komitees während der Gedenkfeier im Deutschen Theater in Berlin am Dienstag (25.1.2005). Dem 1952 gegründeten Auschwitz-Komitee gehören Organisationen aus 19 Ländern an, viele der 20.000 Überlebenden haben sich in ihm zusammengeschlossen. Goldstein ist einer davon. Er überlebte das Konzentrationslager, in dem die Nationalsozialisten schätzungsweise 1,5 Millionen Menschen auf bestialische Weise ermordeten. "Dort liegen Polen, Sinti und Roma, Russen, Frauen und Männer des Widerstands aus allen Ländern der Welt. Keiner hat einen Stein des Gedenkens", sagte Goldstein. "Die Nazis wollten, dass sie vergessen werden. Wir haben die Pflicht, das zu verhindern."

Die Erinnerung an die Verbrechen der Nationalsozialisten sei eine moralische Verpflichtung, betonte auch Bundeskanzler Gerhard Schröder. Dass er zu der Gedenkfeier eingeladen worden sei, sei nicht selbstverständlich, so Schröder. Den Deutschen stünde es eigentlich gut an, angesichts des größten Menschheitsverbrechens zu schweigen. "Ich bekunde meine Scham angesichts der Ermordeten - und vor Ihnen, die Sie die Hölle der Konzentrationslager überlebt haben. Chelmno, Belzec, Sobibor, Treblinka, Maidanek und Auschwitz-Birkenau sind Namen, die mit der Geschichte der Opfer, aber auch mit der europäischen und deutschen Geschichte für immer verbunden sein werden. Das wissen wir. Wir tragen diese Bürde in Trauer, aber auch in ernster Verantwortung."

Befreiung des Konzentrationslagers AuschwitzBild: APTN

Zu dieser Verantwortung gehört für Schröder, den Antisemitismus mit aller Macht zu bekämpfen und dem Wiedererstarken der Neonazis entgegenzutreten. Schröder sagte dies auch mit Blick auf die jüngste Diskussion über die rechtsextreme NPD, die sich im sächsischen Landtag einer Gedenkminute für die Opfer des Holocaust verweigert hatte. Es sei die gemeinsame Pflicht aller Demokraten, der "widerlichen Hetze der Neonazis" und den immer neuen Versuchen, die Nazi-Verbrechen zu verharmlosen, entschieden entgegenzutreten. Für die Feinde von Demokratie und Toleranz dürfe es in der wehrhaften Demokratie keine Toleranz geben, mahnte Schröder.

Israel Singer, der Vorsitzende des Jüdischen Weltkongresses, erinnerte an eine aktuelle Umfrage aus Großbritannien, nach der fast die Hälfte der Befragten noch nie von Auschwitz gehört haben. Vor allem Politiker und Juden sowie deren Freunde besuchten Museen, Konferenzen und Denkmäler zum Holocaust. "Die allermeisten Menschen bleiben hingegen unwissend. Es ist höchste Zeit, den Holocaust aus diesem Ghetto zu befreien."

Erinnerung wird wach gehalten

Als Vertreter der jüngeren Generation sprach der 21-jährige Artur Brozowski, Student aus der südpolnischen Kleinstadt Oswiecim, deutsch Auschwitz, nach der das Vernichtungslager benannt wurde. "Meine Heimat ist Oswiecim, der Ort, an dem sich die größte Katastrophe der Menschheit abgespielt hat. Oft fragen mich Leute, ob es mich nicht stört, dass um mich herum nur Geschichte mitklingt. Aber wäre sie nicht hörbar, könnten wir Angst um unsere Zukunft haben. Sie dient uns als negatives Spiegelbild für ein besseres Morgen."

Brozowskis Großvater war in Auschwitz inhaftiert, was den Enkel motivierte, Deutsch zu lernen und sich für die Aussöhnung zu engagieren. Dass die junge Generation die Erinnerung an die Schrecken von Auschwitz wach hält, war das Anliegen aller Redner. Die Verlockung des Vergessens und Verdrängens sei groß, sagte Bundeskanzler Gerhard Schröder, aber "wir werden ihr nicht erliegen."

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