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Wir werden immer älter

Hanna Pütz
22. Februar 2017

Die Lebenserwartung für Menschen in Industrieländern steigt und steigt - in manchen Ländern könnte sie im Jahr 2030 auf über 90 Jahre klettern. Dabei zeigt sich auch: Die Kluft zwischen Männern und Frauen schrumpft.

Älteres Paar
Bild: Colourbox

Die Menschen werden immer älter - doch dass die Lebenserwartung auf über 90 Jahre steigt, hatten Forscher lange bezweifelt. Nun haben Wissenschaftler vom Imperial College in London jedoch genau dies bestätigen können.

Eine Forschungsgruppe um Vasilis Kontis von der britischen Universität hat Daten aus 35 Industrieländern analysiert. Ihre Studie haben sie in der Fachzeitschrift "The Lancet" veröffentlicht. Sie zeigt auch, dass die Kluft zwischen Männern und Frauen in der Lebenserwartung bis 2030 voraussichtlich schrumpfen wird. Errechnet haben die Wissenschaftler das mithilfe eines statistischen Modells und anhand der Geburts- und Sterbedaten der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Demnach wird die Lebenserwartung für Männer in allen Ländern mit einer Wahrscheinlichkeit von mindestens 85 Prozent ansteigen und für Frauen mit einer Wahrscheinlichkeit von 65 Prozent.

 

Höchstwerte für Südkorea

Dabei gibt es regionale Unterschiede: Frauen in Südkorea werden demnach mit einer Wahrscheinlichkeit von 57 Prozent über 90 Jahre alt. Das liegt Vasilis Kontis zufolge an der besseren Vorbeugung und Behandlung chronischer Krankheiten, wie er der DW sagte. In dem Land gebe es weniger übergewichtige Menschen als in anderen Ländern und weniger Raucher. Es sei sogar zu erwarten, dass in Südkorea die Lebenserwartung weiter steigt, auch aufgrund der verbesserten Wirtschaftslage.

Fast so alt wie die Südkoreanerinnen werden der Studie zufolge Frauen aus Frankreich, Spanien und Japan. Und auch in Deutschland werden die Menschen weiterhin älter: Derzeit liegt die Lebenserwartung von Männern bei rund 78 Jahren, bis 2030 soll sie der Studie zufolge auf fast 82 steigen. Deutsche Frauen sollen im Jahr 2030 eine Lebenserwartung von knapp 86 Jahren haben. Das sind drei Jahre mehr als bisher.

Ähnlichere Lebenserwartung für Männer und Frauen

Diese Daten zeigen auch, dass der Unterschied in der Lebenserwartung zwischen Frauen und Männern weiter schrumpft. Dass Frauen in den untersuchten Ländern älter werden als Männer liege hauptsächlich daran, dass diese dort öfter tödliche Verletzungen erleiden und häufiger rauchen, erklärt der Wissenschaftler Kontis. Damit steigt ihr Risiko für Krankheiten wie Lungenkrebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. "Unsere Prognosen zu höherer Lebenserwartung belegen die Erfolge im Gesundheitswesen", sagte der Studienleiter Majid Ezzati in einer Lancet-Mitteilung. Es sei aber wichtig, dass die Politik die zunehmende ältere Bevölkerung unterstütze.

Was zeigen uns die Daten? 

Die Daten und Statistiken, die regelmäßig über die Lebenserwartung der Menschen veröffentlicht werden, sind hypothetische Daten. Die Lebenserwartung ist die im Durchschnitt zu erwartende Zeitspanne, die einem Lebewesen ab einem bestimmten Zeitpunkt - in wissenschaftlichen Studien ist das meist der Zeitpunkt der Geburt - bis zu seinem Tod bleibt. Diese Spanne wird mithilfe einer Sterbetafel ermittelt. Die Grundlage dafür sind die beobachteten Sterbehäufigkeiten der Vergangenheit und Modellannahmen für künftige Entwicklungen.

Das heißt: Die errechneten Werte - wie ein zu erwartendes Alter von über 90 Jahren - beruhen auf theoretischen Modellen. Sie sind eine Prognose, kein feststehender Wert. Diese geht von dem Zustand aus, der zum Zeitpunkt der Berechnung gegeben ist - also dem derzeitigen Stand von Medizin, Forschung, Sicherheit und Umwelteinflüssen. Deshalb hat eine solche Prognose wenig damit zu tun, wie alt Menschen wirklich werden. Außerdem ist die durchschnittliche Lebenserwartung eben auch nur ein Durchschnittswert. Liegt sie bei 90 Jahren, kann es trotzdem sein, dass niemand tatsächlich dieses Alter erreicht, sondern die Menschen entweder älter oder jünger sterben. Fest steht aber, dass die durchschnittliche Lebenserwartung insgesamt steigt. Dem Statistischen Bundesamt zufolge leben Menschen heute rund doppelt so lange wie noch vor 100 Jahren.

Altern - was ist das eigentlich? 

Wollen wir wirklich 117 werden, so wie im vergangenen November die Italienerin Verbania Emma Morano? Bild: picture-alliance/Ropi

Wie schnell wir altern, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Wissenschaftler gehen davon aus, dass vor allem eine bessere medizinische Versorgung, der steigende Zugang zu sauberem Wasser, eine bessere Ernährung und der Rückgang tödlicher Erkrankungen dabei eine größere Rolle spielen. Und wer von Kriegen, Naturkatastrophen, Hungernöten oder Seuchen verschont bleibt, für den sind unter anderem Faktoren wie Stress, Armut, ein gesunder Lebensstil und Bewegung entscheidend.

In einigen Ländern wird die Lebenserwartung sogar niedriger statt höher - etwa in Syrien, wo sie statistisch seit Ausbruch des Krieges um 20 Jahre gesunken ist. 

Die biologischen Gründe fürs Altern sind bisher nur unvollständig erforscht. Viele Möglichkeiten werden in der Forschung diskutiert. Die Gene entscheiden neben den äußeren Einflüssen mit darüber, ob ein Mensch alt wird oder nicht, genau wie der Alterungsprozess der Körperzellen, der bei Menschen unterschiedlich schnell abläuft. Die Zellalterung ist zugleich ein Ansatzpunkt für Forscher, die sich mit Unsterblichkeit befassen.

(mit dpa)

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