Wird Deutschland jetzt Batterieweltmeister?
27. November 2020In dieser Woche wurde bekannt, dass der chinesische Konzern SVolt im Saarland eine große Batteriefabrik bauen will. Fast gleichzeitig kündigte Tesla-Chef Elon Musk an, in Brandenburg nicht nur Autos bauen zu wollen. Er werde in Grünheide vor den Toren Berlins außerdem auch "die größte Batteriefabrik der Welt" errichten.
Auf dem Weg zu einer sauberen, "grünen" Verkehrswende in Deutschland hat der batterieelektrische Antrieb gerade die Nase vorn. Zwar wird auch auf anderen Gebieten geforscht, zum Beispiel bei der Brennstoffzelle oder bei synthetischen Energieträgern, doch scheinen die Würfel gefallen zu sein: "Die Lösung für den Pkw ist die Batterie", zitiert die Nachrichtenagentur dpa den Audi-Chef Markus Duesmannn.
Geld aus vielen Töpfen
Nicht nur die Aktivitäten großer Autohersteller weisen in diese Richtung, auch die Politik in Bund und Ländern folgt diesem Kurs. So will das Bundesforschungsministerium die Batterieentwicklung mit einer Förderung im dreistelligen Millionenbereich unterstützen. Ministerin Anja Karliczek im Juli dieses Jahres: "Deutschland und Europa müssen in der Batterietechnologie international in der Champions League spielen." Und Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier hatte assistiert: "Technologische Souveränität ist am Ende das Ziel unserer gemeinsamen Arbeit."
Das Forschungs- und das Wirtschaftsministerium hatten bereits 2019 entschieden, dass das Zentrum der deutschen Batterieforschung in Münster entstehen soll. Dort soll bis 2022 mit einem Aufwand von 500 Millionen Euro die erste deutsche Batterieforschungsfabrik gebaut werden.
Der Bund und das Land Brandenburg werden den Chemiekonzern BASF beim Bau seiner Fabrik für Batteriematerialien in der Lausitz mit rund 175 Millionen Euro unterstützen. Das Land Brandenburg allein fördert die Kathodenmaterial-Produktion für die Batterien von Elektrofahrzeugen mit 50 Millionen Euro. Im Südwesten Deutschlands unterstützt der Bund ein Batterieprojekt von Opel mit, so Altmaier, einem "beachtlichen dreistelligen Millionenbetrag". Der Autobauer will ab 2024 Batteriezellen in Kaiserslautern fertigen - und auch an andere Firmen verkaufen.
Willkommen in Deutschland
Warum ist gerade Deutschland als Standort für die Batterieprodduktion so interessant? Im Fall Tesla scheint die Antwort auf der Hand zu liegen: Der US-amerikanische E-Auto-Pionier will in Brandenburg Autos auch für den europäischen Markt produzieren, und zwar jährlich 500.000 Fahrzeuge des Model 3 und des Model Y. Da liegt es nahe, auch das Herz eines E-Autos, seine Batterie, an Ort und Stelle zu fertigen.
Die Unterstützung durch die öffentliche Hand hat Elon Musk diese Entscheidung sicher erleichtert. Denn Tesla, so ließ Minister Altmaier am Dienstag durchblicken, könne mit einer "beträchtlichen Förderung" des Staates rechnen.
Die Gründe für SVolt, im Saarland zu investieren sind ähnlich gelagert. Den chinesischen Batterieproduzenten gibt es seit 2016, er beschäftigt 1700 Mitarbeiter, die in sieben Forschungs- und Entwicklungszentren weltweit arbeiten. In einem Interview mit der chinesischen Wirtschaftsförderungsagentur in Deutschland (CIIPA) erklärte SVolt-Vorstandschef Yang Hongxin am Mittwoch (25.11.2020) die Gründe für das Investment im Saarland: "Unser erster Kunde ist in Frankreich. Das Saarland befindet sich im Herzen Europas und von hier aus kann man die Kernmärkte Deutschland und Frankreich sehr gut beliefern."
Generell sei Europa für einen chinesischen Konzern interessant, denn hier "gibt es keine Batteriehersteller. Es gibt ein Defizit an Erfahrungen und Lieferketten. Das bietet chinesischen Herstellern gute Chancen." Deshalb investiere sein Konzern "zwei Milliarden Euro in fünf Jahren, nicht alles mit Eigenkapital, sondern auch mit Fremdfinanzierung und Subvention".
Weitere Projekte gibt es in Erfurt (Thüringen), wo der chinesische CATL-Konzern ein neues Werk erreichtet und von dort unter anderen BMW beliefern will. Und auch Volkswagen hat sich für eine eigene Batteriezellenfertigung entschieden und sich dafür mit dem schwedischen Spezialisten Northvolt zusammengetan. Ab 2024 soll die in Salzgitter an den Start gehen.
Batterien ohne Kobalt?
Batterien als Energiespeicher für Autos sind nicht unumstritten. Zum einen wird bei ihrer Produktion sehr viel Energie verbraucht und zum anderen lassen sie sich nicht ohne großen Aufwand recyceln. Und vor allem braucht man für die Energiespeicher Rohstoffe, die es in Deutschland nicht gibt.
Vor allem Kobalt, das meist aus Afrika kommt, wird in großen Mengen gebraucht und hat einen sehr schlechten Ruf. Es wird unter Bedingungen abgebaut, die die Natur in Zentralafrika schwer schädigen. Vor allem aber sind die Arbeitsbedingungen in den Minen nach europäischen Standards absolut inakzeptabel - vor allem, weil es dabei zu organisierter Kinderarbeit kommt.
Wenigstens in dieser Hinsicht, so SVolt-Vorstandschef Yang Hiongxin, stehe sein Konzern vorbildlich da: "Wir sind in der Lage, kobaltfreie Batterien herzustellen und wir planen im Juni nächsten Jahres mit der Massenproduktion zu beginnen." 80 Prozent des weltweit produzierten Kobalts käme aus der Demokratischen Republik Kongo und sei "mit viel Kinderarbeit verbunden." Die beste Lösung sei der Verzicht auf Kobalt. "Wir sind das erste Unternehmen, das dies tatsächlich tun kann und haben ein Patent darauf, was für internationale Kunden sehr attraktiv ist."
Fragwürdige Energiebilanz
Sollte dies tatsächlich gelingen, bleibt aber noch ein weiterer Aspekt, der gegen die batterieelektrische Lösung beim Autoantrieb spricht: die Effizienz. Ein Auto, das seine Energie in Batterien mit sich herumfährt, ist viel schwerer als ein Auto mit Verbrennermotor und muss einen großen Teil seiner Energie für den Transport seines Energieträgers aufwenden.
Der Mobilitätsexperte Wolfgang Lohbeck freut sich daher nicht gerade, dass Tesla in Brandenburg eine Batteriefabrik errichtet. Für Lohbeck ist das eher eine "zwiespältige Angelegenheit". Denn für den Diplomingenieur, der in den 1980er-Jahre für Greenpeace gearbeitet hat und nun als Publizist tätig ist, steht Tesla für eine "falsche Richtung der Elektromobilität".
Die Amerikaner setzten nicht die richtigen Impulse, sagte Lohbeck dem Deutschlandfunk. Das Ziel einer ökologischen Verkehrswende müsse es sein, "leichte und effiziente Autos zu entwickeln". Tesla jedoch mache das genaue Gegenteil und baue Autos, "die drei Tonnen wiegen, die nahezu eine Tonne Batterie mit sich schleppen. Hier wird Elektromobilität in einer Weise pervertiert, die für die ganze Branche letztlich schädlich ist."
Der Mix macht es
Auch der Verein Deutscher Ingenieure (VDI) ist in Hinsicht auf die sich abzeichnende Dominanz batterieelektrischer Lösungen skeptisch. Besser sei es, wenn sich verschiedene Techniken ergänzen, das sei, so VDI-Präsident Volker Kefer, "unsere einzige Chance, die CO2-Ziele für 2030 zu erreichen". Er berief sich auf Ergebnisse einer VDI-Studie zur Ökobilanz von Pkw mit verschiedenen Antriebssystemen.
Batterie, Brennstoffzelle und Verbrennungsmotor hätten noch großes Potenzial, wesentlich zur Verringerung des Kohlendioxid-Ausstoßes beizutragen. Betrachte man die gesamte Wertschöpfungskette, so seien moderne Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren heute oft noch schadstoffärmer als Elektrofahrzeuge, heißt es in der Studie.
Die ganze Wertschöpfungskette in Europa
Nicht nur in Deutschland wird der batteriegestützten Elektromobilität aber derzeit der Vorrang gegeben. Auch auf europäischer Ebene haben die Batteriebauer derzeit gute Karten. So hat die EU-Kommission bereits ein erstes Batterie-Projekt mit 17 Unternehmen aus sieben EU-Ländern genehmigt. Das zweite Gemeinschaftsprojekt (IPCEI) umfasst rund 50 Firmen aus zwölf EU-Staaten.
"Wir wollen, dass in Europa eine geschlossene Wertschöpfungskette für Batteriezellen entsteht: von der Aufbereitung der Rohstoffe über die Batteriezellfertigung bis zum Recycling", sagte Wirtschaftsminister Peter Altmaier am Dienstag. "Mit knapp drei Milliarden Euro fördert das Bundeswirtschaftsministerium daher die deutschen Projekte innerhalb der beiden Batterie-IPCEIs." Mit Geldern aus anderen Töpfen sind es sogar insgesamt fünf Milliarden Euro.