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Wird Rheuma durch Darmbakterien ausgelöst?

20. März 2024

Forschende glauben, die Ursache für Rheuma gefunden zu haben. Bakterien im Darm-Mikrobiom sollen eine wichtige Aminosäure in einen entzündlichen Stoff umwandeln. Die Erkenntnisse könnten bei der Therapie helfen.

Frau mit Rheuma massiert sich die Hände
Vor allem die Händen schmerzen und werden steif, aber der ganze Körper wird von der rheumatischen Entzündung befallen.Bild: Monique Wüstenhagen/dpa/picture alliance

Rheuma lässt die Finger und Zehen anschwellen. Die Gelenke schmerzen und werden steif. Alltägliche Aufgaben werden zur Herausforderung: das Essen mit Besteck, das Schließen von Knöpfen, die Körperpflege. Auch wenn sich die Symptome vor allem an den Händen zeigen, ist der ganze Körper von der rheumatischen Entzündung befallen.

Weltweit leidet laut deutscher Rheuma-Liga ungefähr ein Prozent der Menschen an Rheuma, in Europa sind etwa drei Millionen Personen betroffen. Und es trifft nicht nur alte Menschen - auch Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene können an Rheuma erkranken. Auffallend ist zudem, dass Frauen zwei- bis dreimal häufiger betroffen sind als Männer.

Vergebliche Suche nach der Ursache

Bislang ist die genaue Ursache für die rheumatoide Arthritis, wie Rheuma eigentlich heißt, unklar. Faktoren wie eine gewisse erbliche Veranlagung, Stress oder Wetterwechsel werden mit dieser Autoimmunkrankheit in Verbindung gebracht.

Nun glauben US-Forschende eine mögliche Ursache gefunden zu haben: Laut ihrer Studie soll das Darm-Mikrobiom die eigentlich hilfreiche Aminosäure Tryptophan in einen entzündlichen Stoff umwandeln, der Arthritis auslösen kann. Das Team um Kristine Kuhn, Leiterin der Abteilung für Rheumatologie an der University of Colorado, hat die Studie im Journal of Clinical Investigation veröffentlicht.

Lebenswichtige Aminosäure

Tryptophan ist im Körper unter anderem wichtig für die Produktion von Proteinen, Enzymen und Neurotransmittern - also den chemischen Botenstoffen des Nervensystems. Als Vorstufe des Botenstoffs Serotonin wirkt Tryptophan zum Beispiel wie ein natürliches Antidepressivum.

Rheuma trifft nicht nur alte Menschen, auch Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene können erkranken.Bild: picture alliance/dpa

Unser Körper kann Tryptophan nicht selber herstellen, wir müssen diese lebensnotwendige Aminosäure mit der Nahrung aufnehmen. Besonders große Mengen Tryptophan finden sich in Hartkäse, in Hühnerfleisch, in Cashew- und Erdnüssen, in Sojabohnen und dunkler Schokolade. 

Wenn Helfer zu Feinden werden

Allerdings kann Tryptophan auch Entzündungen im Körper auslösen, vor allem, wenn es auf Bakterien trifft. Wenn Rheuma-Erkrankte tryptophanhaltige Lebensmittel essen, wird die Aminosäure durch ihr Darm-Mikrobiom anders aufgespalten als bei gesunden Menschen. Trifft Tryptophan dann auf Bakterien, kommt es zu einer verstärkten Indolproduktion. Die chemische Verbindung Indol ist ebenfalls grundsätzlich sehr nützlich und hat entzündungs- und krebshemmende Eigenschaften.

Allerdings zeigte sich im Mäuseversuch, dass sich durch die verstärkte Indolproduktion autoreaktive, also gegen das körpereigene Gewebe gerichtete T-Zellen entwickeln können. Diese T-Zellen greifen gesunde Zellen an: Es kommt zu einer entzündlichen Autoimmunreaktion, die eine rheumatoide Arthritis auslösen kann.

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Sollte sich dieser Wirkmechanismus auch beim Menschen nachweisen lassen, ermöglicht dies neue Therapieansätze. Wenn es gelingt, die Indolbildung zu blockieren, könnte eine rheumatoide Arthritis bereits in einem sehr frühen Stadium behandelt werden. Lange bevor es zu den stark geschwollenen Gelenken und schmerzhaften Deformationen der Hände kommt.

Ernährung kann vor Rheuma schützen

Da möglicherweise das Darm-Mikrobiom eine so zentrale Rollen bei der Ausbildung von Rheuma spielt, kann zudem eine ausgewogene Ernährung vor rheumatoider Arthritis schützen.

Die Deutsche Rheuma-Liga gibt einige Tipps für die Ernährung bei Rheuma: Wenig "rotes" Fleisch (Schwein, Rind, Lamm) und nur eine Fleischmahlzeit pro Woche. Stattdessen Fisch und Meeresfrüchte, die das nötige Eiweiß liefern. Statt tierischen sollten lieber pflanzliche Fette und Öle mit hohem Linolsäureanteil verwendet werden: etwa Distelöl, Rapsöl, Maiskeimöl oder Weizenkeimöl.

Die Rheuma-Liga empfiehlt zudem reichlich Obst und Gemüse zu essen, die den Körper mit Nährstoffen, Ballaststoffen sowie sekundären Pflanzenstoffen versorgen. Außerdem Vollkornprodukte und Nüsse, Milchprodukte als Kalziumlieferant und wenig Eier. Dazu viel Wasser und ungesüßten Tee trinken. Für Rheumapatienten empfiehlt es sich besonders, möglichst frisch zu kochen und wenig Fertiggerichte zu essen. Diese enthalten oftmals viel Salz, gesättigte Fettsäuren, versteckten Zucker sowie Eier.

Die Rheumatologin Kuhn empfiehlt eine mediterranen Ernährungsweise: "Eine Ernährung, die reich an pflanzlichen Ballaststoffen und magerem Fleisch ist - diese ganze mediterrane Ernährung - scheint das Mikrobiom in einen gesünderen Zustand zu versetzen", erläutert Kuhn.

Eine solche mediterrane Ernährung erhalte die hilfreichen, entzündungshemmenden Eigenschaften von Tryptophan, wohingegen die typische westliche Ernährung Entzündungen eher begünstige, so die Rheumatologin.

 

Quellen:

Microbiota-dependent indole production stimulates the development of collagen-induced arthritis in mice, 2024, https://www.jci.org/articles/view/167671

Merkblatt der Deutschen Rheuma-Liga: Rheumatoide Arthritis (chronische Polyarthritis), 9. Auflage,  https://www.rheuma-liga.de/fileadmin/public/main_domain/Dokumente/Mediencenter/Publikationen/Merkblaetter/1.2_Rheumatoide_Arthritis.pdf

 

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